Fotografie für Anfänger - eine Beitragsserie Teil 6

Jürgen Pagel

Fotografie für Anfänger - Teil 6

Grundregeln

Belichtungsdreieck
Das Belichtungsdreieck ist wohl eine der wichtigsten Regeln zum Grundverständnis der Fotografie und zeigt die Zusammenhänge zwischen Blende, Belichtungszeit und ISO . Wird einer dieser drei Werte verändert, muss eine Anpassung über die verbleibenden zwei Werte erfolgen.

Belichtungsdreieck

Wird die Blende geöffnet, verringert sich die Schärfentiefe. Wird die Belichtungszeit verlängert, erhöht sich die Bewegungsunschärfe. Wird die ISO erhöht, erlaubt das eine größere Blendenzahl oder eine verringerte Belichtungszeit, erhöht aber auch das Rauschen.
je nachdem, welches Ergebnis erzielt werden soll, müssen die Parameter entsprechend angepasst werden.


Kompositionsregeln
Kompositions- oder Gestaltungsregeln haben zum Ziel, die Inhalte eines Bildes zu ordnen, in Bereiche einzuteilen und so das Bild für den Betrachter interessanter zu gestalten.
Die bekanntesten Regeln sind die Verwendung von Führungslinien, dem Bild Tiefe zu verleihen, den Blickwinkel zu variieren, die Drittelregel, dem Bild eine Balance in Form, Kontrast und Farbe zu verleihen sowie den Vorder-, den Mittel- und den Hintergrund auszuwählen.
Führungslinien sind Elemente, die das Auge der Betrachtenden auf einen bestimmten Fokuspunkt in einem Bild lenken. Das Format muss nicht immer streng linear sein, aber Bilder, die diesem Prinzip folgen, enthalten auf eine besondere Weise eine optische Führung, etwa durch eine Straße, ein Gebirge oder ausgestreckte Hände. Dabei wandert der Blick automatisch zum hellsten Punkt im Bild.


Fibonacci-Spirale

Tiefe wird dem Bild dadurch verliehen, in dem man durch die Wahl der Perspektive, der gezielten Gestaltung von Vorder-, Mittel- und Hintergrund, dem Bild eine dreidimensionale Ansicht verleiht.
Der Blickwinkel kann entscheidenden Einfluss auf ein Bild haben. Ein- und dasselbe Motiv aus unterschiedlichen Blickwinkeln aufgenommen, vermittelt dem Betrachter unterschiedliche Wahrnehmungen. Die meisten Bilder werden immer noch auf Augenhöhe aufgenommen. In der Streetphotography ist das die natürliche Sichtweise, mit der ein Fotograf seine Umgebung wahrnimmt. In der Foodphotography wählt man häufig die Vogelperspektive, um einen Überblick über die angerichteten Speisen und Getränke zu erhalten. Bei der Portraitfotografie verändert der Blickwinkel (etwas mehr von unten oder von oben) die Größenwahrnehmung erheblich. Von unten aufgenommen wirken Personen oder Gegenstände größer, von oben aufgenommen eher kleiner. Es ist ratsam, unterschiedliche Blickwinkel an einem Motiv auszuprobieren und sich im Nachhinein für die beste Bildwirkung zu entscheiden.
„Vordergrund macht Bild gesund“ ist eine der bekanntesten Regel, die aber den Mittel- und den Hintergrund weitestgehend unberücksichtigt lässt. Was nutzt ein verschwommener Vordergrund, wenn dahinter nichts interessantes mehr kommt? Deswegen ist bei der Komposition darauf zu achten, dass alle drei Bereiche vertreten sind und den Betrachter im Bild verweilen lassen. Liegt der Fokus beispielsweise auf dem Vordergrund, dürfen die anderen zwei Ebenen nicht vernachlässigt werden.
Für das Einhalten der Drittelregel wird das Bild in 9 gleichgroße Bereiche eingeteilt. Es hat sich für die optische Wahrnehmung etabliert, das Hauptmotiv in die Schnittpunkte der jeweils äußeren Drittellinien zu setzen. So können beispielsweise die zwei horizontalen Linien genutzt werden, um zwischen Vorder-, Mittel- und Hintergrund zu differenzieren.
Bei farbigen Bildern ist das Zusammenspiel der Farben von entscheidender Bedeutung.


Farbrad

Die primären Farben sind Rot, Gelb und Blau – auch als RGB bekannt. Alle anderen Farben sind zu den Hauptfarben RGB jeweils komplementär. Die Kombinationen von Gelb zu Violett, Blau zu Orange sowie Rot zu Grün werden als angenehm empfunden. In der Bildbearbeitung können hierbei spannende Akzente gesetzt werden und man spricht in diesem Fall von einer ausgeglichenen Farbbalance.
Bei monochromen oder schwarz/ weiß-Bildern dagegen spielt der Kontrast eine große Rolle (dazu später mehr im Kapitel Bildbearbeitung).


Verschlusszeiten
Wie bereits im Kapitel über das Belichtungsdreieck beschrieben, hat die Verschlusszeit maßgeblichen Einfluss über die Menge des Lichts, das auf den Sensor gelangt.
Kurze Verschlusszeiten „frieren“ Bewegungen ein, lange Verschlusszeiten „verwischen“ Bewegungen.
Kurze Verschlusszeiten reduzieren die Gefahr der Verwacklung, wobei lange Verschlusszeiten oftmals ein Stativ erfordern.
Je nach verwendeter Brennweite und ob das Objektiv oder/ und die Kamera stabilisiert sind, können die Verschlusszeiten länger oder kürzer sein. Bei stabilisierten Kamerabodys versprechen die Hersteller bis zu 5 Blendenstufen.
Dazu müssen wir uns kurz mit den „Blendenreihe“ befassen.
Diese entspricht den Bezeichnungen der Blende auf dem Objektiv:


Blendenreihe, ganze Blendenstufen

Die Blendenreihe ist so angelegt, dass die durch das Objektiv fallende Lichtmenge sich von Blendenstufe zu Blendenstufe halbiert, wenn die nächste Blendenstufe einen höheren Wert hat (beispielsweise 11 → 16) oder verdoppelt, wenn die nächste Blendenstufe einen kleineren Wert hat (beispielsweise 11 → 8).

Um die Blendenstufen zu berechnen, wird die Brennweite (f) durch den Durchmesser der Eintrittspupille (des Objektivs) dividiert, also dem Durchmesser der aktuellen Blendenöffnung. Beispiele: Brennweite 80 mm : Eintrittspupille 20 mm = 4 (Blende f/4) Brennweite 80 mm : Blende 4 = 20 (Durchmesser Eintrittspupille 20 mm).
Je kleiner die Blendenzahl, desto größer die Blendenöffnung. Vergrößert man die Blendenöffnung um eine ganze Blendenstufe (z.B. von f/2,8 auf f/2), verdoppelt sich die Menge an Licht, die durch die Blende eintritt und auf den Bildsensor trifft. Verkleinert man die Blendenöffnung um eine ganze Blendenstufe (z.B. von f/8 auf f/11), halbiert sich die Lichtmenge, die auf den Bildsensor trifft. Diese Regel gilt für alle ganzen Blendenstufen, egal ob Blende f/1,4 oder f/22.
Eine Verdoppelung der Lichtmenge zieht folglich eine Halbierung der Verschlusszeit nach sich. Eine Halbierung der Lichtmenge erfordert folglich eine Verdoppelung der Verschlusszeit nach sich.

Du siehst als, dass die Verschlusszeit maßgeblich von der Blendenöffnung abhängig ist. Da wir aber nicht immer einen der Werte verändern wollen (scharfe Darstellung bewegter Motive mit geschlossener Blende – beispielsweise f/8.0 um eine hohe Schärfentiefe zu erreichen), benötigen wir eine weitere Möglichkeit der Justierung und das ist die ISO. In dem Beispiel oben müssten wir folglich die ISO verdoppeln (ISO 800 auf ISO 1.600). Was in der Theorie kompliziert klingt, ist in der Praxis durch die ISO-Automatik recht einfach, denn dabei überlassen wir es der Kamera selbst, welche ISO für welche Verschlusszeit optimal ist.


Und spätestens an diesem Punkt wird klar, warum viele Profis mit Blendenpriorität (A-Modus) und ISO-Automatik arbeiten und nicht, wie vielfach behauptet im manuellen Modus (M-Modus) der Kamera. Denn in den meisten Fällen reicht die Zeit nicht, um alle Einstellungen fachgerecht vornehmen zu können. Bis das geschehen ist, hat das Motiv (außer bei der Landschaftsfotografie) bereits den Fokus verlassen.

 

ISO
Die ISO-Zahl ist neben der Verschlusszeit und der Blende eine der drei grundlegenden Belichtungseinstellungen beim Fotografieren. 

Die ISO-Einstellung kontrolliert die Lichtmenge, die in die Kamera eindringt, und hat großen Einfluss auf die Helligkeit oder Dunkelheit eines Fotos – Merkmale, die du aus technischen oder künstlerischen Gründen eventuell anpassen möchtest.

Der ISO-Wert ist neben der Verschlusszeit und der Blendenöffnung eine der drei Einstellungen des Belichtungsdreiecks, die du beim Fotografieren anpassen kannst. ISO kontrolliert die Lichtmenge, die deine Kamera einfallen lässt und hat fundamentale Auswirkungen auf die Ausleuchtung deiner Fotos – einer Größe, die du aus technischen oder künstlerischen Gründen eventuell anpassen möchtest.

 

Ursprünglich wurden die ISO-Werte von der International Organization for Standardization (daher der Name ISO) festgelegt, um die Lichtempfindlichkeit eines Films anzugeben. Die ISO-Standards bei der heutigen digitalen Fotografie nutzen immer noch dasselbe Nummerierungssystem, um die Lichtempfindlichkeit des Kamerasensors anzugeben.

Es ist empfehlenswert, die ISO auf Automatik zu stellen, zu fotografieren und dir später die Bilder mit den EXIF-Daten (das sind die Daten, die bei der Betrachtung des Bildes angezeigt werden und Informationen über die verwendete Blende, die Verschlusszeit und die ISO enthalten) anzuschauen. So verstehst du am besten, welche Einstellungen für dein Bild optimal waren und kannst eher nachvollziehen, wie sich die ISO im Verhältnis zur Verschlusszeit und zur Blende angepasst hat.


©2024 Jürgen Pagel

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