10 Fotografie-Mythen – und was wirklich dahintersteckt

Jürgen Pagel

10 Fotografie-Mythen – und was wirklich dahintersteckt

Mythen sind traditionelle Erzählungen, die sich Menschen seit Jahrhunderten erzählen, um die Welt, das Leben oder bestimmte Phänomene zu erklären. Sie stammen oft aus frühen Kulturen und Religionen und haben meist einen symbolischen, belehrenden oder erklärenden Charakter.
In der Fotografie halten sich viele Mythen hartnäckig. Sie stammen überwiegend aus einer Zeit, in der die Kamera- und die Technik des Fotografierens in den Kinderschuhen steckte, wie beispielsweise „Wenn die Sonne lacht, nimm‘ Blende 8“.
 
📸 10 Fotografie-Mythen – und was wirklich dahintersteckt
In der Welt der Fotografie kursieren unzählige Ratschläge, Regeln – und leider auch viele Mythen. Manche davon halten sich hartnäckig, obwohl sie längst überholt oder schlichtweg falsch sind. Zeit für einen ehrlichen Blick hinter die Kulissen.
Hier sind 10 der bekanntesten Fotografie-Mythen – enttarnt und erklärt:
 
1. „Teure Kameras machen automatisch bessere Bilder“
Falsch. Eine hochwertige Kamera kann technische Vorteile bieten – aber das beste Equipment nützt nichts ohne ein gutes Auge. Komposition, Lichtführung, Timing und kreatives Gespür sind entscheidend. Viele preisgekrönte Bilder wurden mit günstigen Kameras aufgenommen. Erst kürzlich hat Michael Leidel vom YouTube-Kanal Amazing Alpha Nature ein Video mit Aufnahmen aus Namibia veröffentlicht, dessen Bilder mit einer Lumix G70 „geschossen“ wurden – eine Kamera aus 2015, deren Produktion 2022 eingestellt wurde und auf dem Gebrauchtmarkt bereits für 200-300 Euro zu erhalten ist.
Wahr ist: Du machst das Bild, nicht die Kamera – ok, auch so ein Spruch, aber grundsätzlich richtig und wahr. Mit anderen Worten: Ein guter Fotograf macht auch mit günstigem und einfachem Equipment gute Bilder, während eine teure und technisch ausgereifte Kamera einem Anfänger mehr Probleme bereitet als sie ihm nutzt.
 
2. „Mehr Megapixel bedeuten bessere Qualität“
Nicht unbedingt. Megapixel geben nur an, wie groß du ein Bild drucken kannst, ohne dass es pixelig wird. Die Bildqualität hängt viel stärker vom Sensor, dem Objektiv, der Belichtung und der Nachbearbeitung ab.
Wahr ist: 20–30 Megapixel reichen für 99 % aller Anwendungen völlig aus. Dennoch kann es von Vorteil sein, über einen Sensor mit mehr Megapixeln (z.B. 40 MP) zu verfügen, denn Letzterer erlaubt einen etwas großzügigeren Beschnitt des fertigen Bildes als dies ein kleinerer Sensor – ohne qualitative Verluste in Kauf nehmen zu müssen – vermag.
 
3. „Nur im manuellen Modus fotografiert man professionell“
Unsinn. Viele Profis nutzen bewusst Zeit- oder Blendenvorwahl, um schnell und flexibel zu arbeiten. Der manuelle Modus ist ein Werkzeug – nicht ein Qualitätsmerkmal.
Wahr ist: Der beste Modus ist der, mit dem du dein Motiv im Griff hast. Und wenn das der P-Modus ist, dann ist das so. Im Endergebnis zählt nur das Bild selbst. Wenn das den Betrachter abholt, dann ist alles gut und niemand fragt danach, mit welchen Einstellungen das fotografiert wurde. Die unterschiedlichen Modi erlauben es jedoch, gestalterische Elemente zu nutzen und einzusetzen. Bevor Du Dich für Deinen Lieblingsmodus entscheidest, solltest Du die anderen ausprobiert und verstanden haben.
 
4. „RAW ist immer besser als JPEG“
Teilweise richtig. RAW-Dateien bieten mehr Spielraum bei der Nachbearbeitung, besonders bei Belichtung und Weißabgleich. Aber sie benötigen mehr Speicherplatz und Zeit. JPEGs sind dagegen sofort verwendbar und in vielen Situationen absolut ausreichend.
Wahr ist: Es kommt auf den Zweck an – nicht auf das Dateiformat.
 
5. „Festbrennweiten sind immer schärfer als Zoomobjektive“
Nicht mehr zeitgemäß. Früher war das oft der Fall. Heute liefern hochwertige Zooms eine nahezu gleichwertige Bildqualität. Und sie bieten mehr Flexibilität, vor allem bei Events oder Reportagen. Ich fotografiere beispielsweise meine Reportagen von Events und Konzerten nahezu ausschließlich mit einem Zoom-Objektiv. Das ist auch gar nicht anders möglich, weil die Standortwahl – also näher ran oder weiter weg – nicht frei verfügbar ist. 
Wahr ist: Qualität hängt vom Objektivtyp und -modell ab – nicht pauschal von „Zoom oder Festbrennweite“.
 
6. „Gutes Licht gibt’s nur bei Sonnenschein“
Ein Klassiker – und falsch. Harte Mittagssonne kann sogar zu schwierigen Kontrasten führen. Diffuses Licht an bewölkten Tagen oder kontrolliertes Kunstlicht ist oft viel angenehmer. Jedes Licht hat seine eigene Wirkung – man muss nur lernen, es zu nutzen.
Und doch bleibt einem Fotografen selten die freie Wahl. Manche Aufträge müssen Outdoor nun mal bei Sonnenschein um die Mittagszeit erledigt werden. Folglich gilt es, mit allen Lichtsituationen klarzukommen. Das gelingt nur mit Übung und entsprechendem Training.
Wahr ist: Licht ist nicht gut oder schlecht – nur unterschiedlich.
 
7. „Je niedriger die ISO, desto besser das Bild“
Nicht immer. Moderne Sensoren liefern auch bei ISO 6400 oder mehr noch saubere Ergebnisse. Manchmal ist es wichtiger, überhaupt ein scharfes Bild zu bekommen, als sich vor vermeintlichem Rauschen zu fürchten. Und mittlerweile gibt es auf dem Markt hervorragende Software wie Topaz AI, die Bilder „entrauscht“, ohne dass die Bildqualität leidet.
Wahr ist: Besser ein leicht verrauschtes, aber scharfes Bild – als ein verwackeltes in ISO 100.
 
8. „Unbearbeitete Fotos sind authentischer“
Trugschluss. Jedes digitale Foto ist bearbeitet – entweder automatisch von der Kamera (bei JPEG) oder von dir (bei RAW). Bildbearbeitung ist Teil der kreativen Kontrolle und kein „Schummeln“.
Wahr ist: Bearbeitung macht ein Bild nicht unehrlich – sondern oft erst ausdrucksstark.
 
9. „Nur zur Goldenen Stunde entstehen schöne Bilder“
Wieder falsch. Die Goldene Stunde (kurz nach Sonnenaufgang oder vor Sonnenuntergang) ist großartig – aber kein Muss. Auch bei Regen, Nebel, Nachtlicht oder sogar bei hartem Mittagslicht entstehen großartige Bilder, wenn du das Licht bewusst einsetzt.
Wahr ist: Jede Tageszeit bietet ihren eigenen fotografischen Reiz.
 
10. „Ein gutes Foto erklärt sich selbst“
Nicht immer. Manche Bilder sprechen für sich – andere gewinnen enorm durch einen Titel, eine Bildunterschrift oder die Geschichte dahinter. Kontext kann ein Bild aufwerten und vertiefen.
Wahr ist: Ein starker Kontext macht starke Bilder noch stärker, er ist aber keineswegs Pflicht. Nicht jedes Bild MUSS eine Geschichte erzählen.
 
Fazit
Die Fotografie lebt von Kreativität, nicht von Dogmen. Wer sich von Mythen lösen kann, gewinnt mehr Freiheit, mehr Ausdruck und letztlich mehr Freude am Fotografieren.
Wenn du dir unsicher bist, ob eine „Regel“ wirklich sinnvoll ist – probiere das Gegenteil aus. Oft liegt die Magie genau dort, wo du sie nicht erwartet hast.

©2025 Jürgen Pagel

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