Dein fotografischer Bildausschnitt

Jürgen Pagel

Dein fotografischer Bildausschnitt

Ich könnte jetzt einfach ein DIN A4-Blatt bemaßen, Dir zum Ausschneiden zur Verfügung stellen und Dir das als Deinen fotografischen Bildausschnitt „verkaufen“.
Tatsächlich geht das ähnlich (siehe Download am Ende des Artikels) und sicher hast Du im Film oder auf Fotografieren schon einmal einen Fotografen gesehen, der seine Finger zu einem Rechteck formt und sich dieses vor sein Auge hält.
Ganz so einfach ist es jedoch nicht und bevor Du Dir die Finger zu einem Rechteck verbiegst, solltest Du Dir – den Bildausschnitt betreffend – über ein paar Dinge im Klaren sein.

Bildbearbeitung
Häufig erfolgt das Festlegen des Bildausschnitts in der Nachbearbeitung. Bilder zuzuschneiden und einen passenden Bildausschnitt zu finden, ist neben Licht, Form, Farbe und Kontrast einer der wichtigsten Bestandteile in der Fotografie. Die Notwendigkeit, ein Bild beschneiden zu müssen, hat überhaupt nichts mit Deiner Fähigkeit als Fotograf zu tun, sondern ist manchmal einfach eine Notwendigkeit, um dem Bild den nötigen Ausdruck zu verleihen. 
Manche Fotos haben möglicherweise störende Elemente im Hintergrund oder vielleicht entspricht Deine Bildkomposition bei erneuter Betrachtung nicht Deinen Vorstellungen. Besonders beim Fotografieren von Porträts kann schon das kleinste Detail die Aufmerksamkeit des Betrachters auf etwas Anderes lenken.

Drucken

Willst du das beschnittene Bild drucken lassen, sollte das Seitenverhältnis Deines Zuschnitts den üblichen Druckgrößen entsprechen, damit nicht in der Druckerei noch einmal ein Korrekturschnitt erfolgen muss. Das spart Zeit und Geld.


Die Auflösung reduziert sich

Vermeide es, Fotos auf kleine Bildbereiche zuzuschneiden. Die Auflösung Deines Bildes wird dadurch erheblich verringert. Originale Auflösungen von 40 Megapixeln und mehr, vertragen durchaus einen kräftigen Beschnitt. Die üblichen 24-26 MP jedoch nicht. Am Ende bleiben u.U. nur noch 10 MP und weniger übrig, die zwar für einen Druck auf DIN A4 vollkommen ausreichend sind, jedoch bei näherer Betrachtung bereits pixelig wirken. 


Fehler werden vergrößert

Das nächste Problem ist, dass ein Vergrößern eines Bildausschnitts auch dessen Fehler vergrößert. Du musst also in der Nachbearbeitung sehr viel genauer hinschauen und kleine Flecken oder einen Grashalm, der normalerweise gar nicht aufgefallen wäre, entfernen. Nicht das es dazu keine Lösung gäbe, aber es kostet Zeit.
Ist Dein Bild beispielsweise ein wenig unscharf, wird natürlich auch die Unschärfe verstärkt. Das, was bei einem großen Bildausschnitt niemandem auffällt, wird nach dem Beschnitt ein Problem. Gleiches gilt auch für das Luminanz- bzw. das Farbrauschen.


Möglichkeiten des Beschnitts

 

  1. Die einfachste Möglichkeit, den Bildausschnitt nachträglich neu zu definieren, ist es, die Ausrichtung zu ändern – von Vertikal zu Horizontal oder umgekehrt.
  2. Des Weiteren kannst Du einen anderen Bildausschnitt festlegen. Vielleicht hast Du im Vordergrund etwas, auf das Du verzichten kannst. Dann „schneide“ den Vordergrund weg und Du erhältst einen anderen Ausschnitt Deines Ursprungsbildes.
  3. Das Komponieren eines Bildes muss erlernt werden und setzt Erfahrung voraus. Manchmal ist es besser, das Motiv zentral zu setzen oder gem. der Drittelregel (die Du nicht immer einhalten musst) zu positionieren.
  4. Oft enthalten Fotos störende Elemente. Entweder hast Du das beim Fotografieren und der Vorauswahl Deines Bildausschnitts einfach nicht gesehen oder Du konntest den Bildausschnitt auf Grund der vorherrschenden Situation nicht anders setzen. Dann kannst Du das in der Bildbearbeitung korrigieren.
  5. Ein wesentlicher Bestandteil der Bildeinteilung sind der negative und der positive Raum. Gelegentlich passiert es jedoch, dass der negative Raum deutlich zu groß geraten ist. Diesen kannst Du dann in der Bearbeitung reduzieren, ohne das Hauptmotiv dabei zu beeinflussen.
  6. Standard und für die meisten Anwendungen geeignet ist das 3:2-Format. Es gibt jedoch Motive oder Situationen, in denen ist die Verwendung eines anderen Formats angezeigt – z.B. in den sozialen Medien (besonders Instagram). Wenn der Raum im Bild es hergibt, kannst Du das Format im Nachhinein verändern und anpassen.


Fazit
Am besten ist es ohne Zweifel, den Bildausschnitt im Vorfeld festzulegen. Das erspart Dir Zeit bei der Nachbearbeitung und führt zwangsläufig dazu, dass Du Dir mehr Gedanken über Deine Art der Fotografie machen musst. Nicht immer aber hast Du dazu die nötige Zeit. Sich bewegende Motive, Festivitäten, Menschen auf der Straße u.a. leben von dem Augenblick, von der gerade vorherrschenden Situation. Um in der Bildbearbeitung noch ausreichend Möglichkeiten für einen Beschnitt zu haben, solltest Du in diesen Situationen den Bildausschnitt lieber etwas größer wählen, um noch Raum für einen Beschnitt zu haben.





©2023 Jürgen Pagel | Lichtwerk.Design


Download des Artikels und Deines Bildausschnitts

Neunzehn58

von Jürgen Pagel 06 Mai, 2024
Jeder Fotograf kennt Phasen, in denen man seine Kamera am liebsten in irgendeiner verstauben lassen möchte. Frust baut sich auf, die Motivation ist auf dem Tiefpunkt angelangt.
05 Mai, 2024
Warum ein Wasserzeichen bzw. eine Signatur? Grundsätzlich ist jede Fotografie urheberrechtlich geschützt. Daran ändert auch ein Verkauf des Bildes nichts. Das Urheberrecht verbleibt beim Eigentümer, dem Ersteller der Fotografie. Wird das Bild gegen den Willen (außerhalb eines Vertragswerkes) des Eigentümers verwendet, stellt dies einen Verstoß gegen das Urheberrecht dar. Der Rechteinhaber ist somit berechtigt, einen Schadensersatz geltend zu machen. Die Spanne liegt nach geltender Rechtsprechung zwischen 50-375 Euro pro Bild - je nachdem, ob das Bild gewerblich genutzt wurde oder lediglich der Urheber nicht genannt worden ist. Allerdings handelt es sich in der Rechtsprechung jeweils um Einzelfälle. Eine anwaltliche Beratung ist in jedem Fall vorzuziehen. Dabei spielt es keine Rolle, ob das Bild durch eine Signatur geschützt wurde oder nicht, denn dieser Umstand ändert nichts am Urheberrecht.
von Jürgen Pagel 29 Apr., 2024
Folgende beiden Aussagen finden sich im Netz und hört man in diversen Workshops immer wieder mit der sicherlich guten Absicht, einem Anfänger den Spaß an der Fotografie nicht zu vermiesen. Aber stimmt das wirklich oder ist nur die halbe Wahrheit. Wie so oft lautet die Antwort des vielzitierten Radio Eriwan*): „Im Prinzip ja. Aber es kommt darauf an …“. Auf was es ankommt und unter welchen Voraussetzungen diese „Weisheiten“ eine unbefriedigende Antwort darstellen, möchte ich dem nachfolgenden Beitrag erläutern.
von Jürgen Pagel 23 Apr., 2024
Die Darstellung des Hintergrundes wird maßgeblich durch die Brennweite beeinflusst. Bei gleicher Blende (hier f/2.8), die für Schärfentiefe verantwortlich ist, verändert sich die Bildwirkung bei verschiedenen Brennweiten maßgeblich.
von Jürgen Pagel 22 Apr., 2024
Ich bin mir bewusst, dass dies ein langer Text ist und viele das nicht gerne lesen. Aber keiner kann sagen „Das habe ich nicht gewusst“. Ich bin auch kein Freund von Aussagen wie „dieses Objektiv musst Du haben“ oder „das ist das Beste“ oder „kaufe diese Kamera oder keine“. Das ist alles sehr vielschichtiger, als es auf den ersten Blick den Anschein hat, und bedarf sorgfältiger Überlegungen, um nicht in die Kostenfalle zu tappen oder dem G.A.S. (Gear Acquisition Syndrome) zu verfallen.
von Jürgen Pagel 21 Apr., 2024
Food-Fotografie ist kein Hexenwerk. Jedem können großartige Food-Fotos gelingen. Statt mehrere Flat-Lays zu kaufen – diese sind im Verbund teuer (ca. 400 Euro für 5-8 Stück), reicht auch eine Tischlerplatte, die entsprechend lackiert werden kann. Anleitungen dazu finden sich im Internet. Abschatter und Reflektoren gehören zur Ausrüstung eines jeden Fotografen. Und wer sich an das Blitzen nicht herantraut, fotografiert mit Tageslicht. Der Einstieg ist einfach. Mit der nötigen Übung und immer besser werdenden Ergebnissen kommt die Professionalität.
von Jürgen Pagel 17 Apr., 2024
Im Prinzip gilt ein allgemeines Betretungsrecht der freien Landschaft. Doch das bedeutet nicht, man darf überall und jederzeit herumspazieren. So sind Naturschutzgebiete ebenso tabu wie dauerhaft genutzte Flächen, etwa Weinberge oder Obstkulturen. Das heißt, sie dürfen nur auf Wegen betreten werden. Felder, Wiesen und Weiden sind tabu, wenn sie in einer Nutzung sind. Das heißt, zwischen Aussaat und Ernte beziehungsweise bis zur Mahd hat außer dem Landwirt niemand etwas auf den Flächen zu suchen. Das gilt auch, wenn kein Zaun und kein Schild extra darauf hinweisen. Auch gilt – das ist in den Landesverordnungen geregelt – in der Brut- und Setzzeit eine Leinenpflicht für Hunde.
von Jürgen Pagel 11 Apr., 2024
Spontan ist prima. Spontan ist spannend. Aber selbst spontane Fotos bedürfen in der Kamera einer gewissen Grundeinstellung, damit es schnell geht, wenn es darauf ankommt.
von Jürgen Pagel 09 Apr., 2024
Aus "Lichtwerk.Design" wird Neunzehn58. Dieser ungewöhnliche Name hat mein Geburtsjahr als Hintergrund und findet im Internet in diesem Zusammenhang keine Verwendung - außer als Domain für den Relaunch. Das ist gut so. Nicht so gut waren häufige Verwechslungen mit dem Namen Lichtwerk.Design, den sich offensichtlich viele zu eigen gemacht haben. Meine Homepage ist (aus technischen Gründen) weiterhin auch unter https://lichtwerk.design erreichbar. Neunzehn58 wird auf diese Page weitergeleitet, so dass Sie mit beiden Webadressen zum gleichen Ziel kommen.
von Jürgen Pagel 09 Apr., 2024
… so ein paar Dinge, die müssen einfach raus. Ihr kennt das, oder? Was mir in der letzten Zeit in der Fotografieszene echt auf den Zeiger geht (inspiriert von Cliff Kapatais).
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