Denkfehler in der Fotografie - Folge 2

Jürgen Pagel

Denkfehler in der Fotografie - Folge 2 "Der Mythos vom manuellen Modus"

Bild aus der Fujifilm Instax Mini Evo im Automatikmodus ;-).

"Ein richtiger Fotograf (natürlich sind hierbei auch die Fotografinnen gemeint) verwendet ausschließlich den manuellen Modus".
"Wenn du den manuellen Modus verwendest, bist du in der Fotografie angekommen".
"Nur der manuelle Modus gibt dir alle Freiheiten und die Beherrschung deiner Kamera".

So oder ähnlich lauten die Glaubenssätze und obwohl man meinen sollte, dass sich das im Zeitalter der Handyfotografie relativiert haben sollte, liest man es bei Artikel der Neuzeit in Communitys und Fachzeitschriften immer wieder.

Die Aussagen an sich sind so falsch nicht. Allerdings wird dabei - wie so oft - alles über einen Kamm geschoren und wer mich und meine Postings kennt weiß, dass ich das so nicht stehen lassen kann.

Was ist eigentlich der manuelle Modus und was bedeutet er für den Fotografen?
 Google meint dazu: "Im M-Modus (manuelle Belichtung) kann der Fotograf Blende, Verschlusszeit und Empfindlichkeit anpassen. In den Modi P, A und S bestimmt die Kamera die optimale Belichtung (Bildhelligkeit), im M-Modus wird sie jedoch durch die Benutzereinstellungen bestimmt."
Hier liest man nun schon den ersten Fehler. Der manuelle Modus bestimmt nicht die Belichtung - auch, aber nicht alleine.

Im M-Modus können neben der Brennweite und der Blende auch die Verschlusszeit, die Belichtungskorrektur und die ISO fei gewählt werden. Wobei bei einer Vielzahl der Kameras sich die ISO nach wie vor auch in den Automatikmodus justieren lässt. Die Entscheidung, welche Blende bei welcher Verschlusszeit und damit einhergehend bei welcher Lichtempfindlichkeit (ISO) das Bild beeinflussen soll, bleibt einzig und allein dem Fotografen überlassen.
Damit der Fotograf am Ende auch brauchbare Ergebnisse abliefert, ist die Kenntnis des Belichtungsdreiecks zwingend Voraussetzung. Ohne diese Kenntnis werden die Bilder unter- oder (schlimmer) überreichtet. unscharf mit verschwommenem Hauptmotiv oder wie auch immer "verunstaltet". Alles kann natürlich auch Absicht eine. Aber auch diese Absicht funktioniert nur, wenn die Kenntnisse vorhanden sind.

Gerne wird behauptet, dass man sich als Anfänger so schnell wie möglich dem manuellen Modus nähern muss. Ich halte das für falsch, sind doch die besten Ergebnisse für den Anfänger in den Automatik-Modi P, A und S zu erzielen. Und was gibt mehr Motivation als ein gelungenes Bild? Denn Automatik-Modi machen ein Bild per se nicht schlechter. Im Gegenteil. Bisweilen wäre es ganz gut, hätte sich der Fotograf lieber auf die Fähigkeiten seiner Kamera verlassen, statt auf seine eigenen.

In der Landschaftsfotografie ergibt der M-Modus total Sinn. Manuell fokussieren, manuelles Wählen der Belichtungszeit bis hin zur Langzeitbelichtung, um beispielsweise vorbeiziehende Wolken geschmeidiger erscheinen zu lassen, sind echte Highlights. Ein Bild auf diese Art zu entwickeln macht Spaß - weil die Zeit dafür vorhanden ist. Die Kamera steht auf einem Stativ, ein Motiv kann geduldig in Szene zu gesetzt werden.

Dagegen lebt die Streetfotografie von dem Moment. Und der dauert bisweilen nur ein bis zwei Sekunden. Selbstverständlich kann man alle Einstellungen an der Kamera vornehmen und passt dann nur noch den richtigen Moment ab. Man kann aber auch in den A-Modus wechseln, die Blende einstellen, die entscheidend für den Bildlook ist und dann den Auslöser betätigen, wenn es soweit ist. 
Das Ergebnis wird keineswegs schlechter sein. Und das ist der entscheidende Punkt. Dem fertigen Bild sieht man es nicht an, ob es im A-, S- oder M-Modus aufgenommen wurde (noch nicht einmal in den Excif-Daten). Dem Betrachter ist das vollkommen wurscht. Der muss das Bild länger als zwei Sekunden anschauen wollen und es toll finden. In einer Zeit, in der sich Fotografen noch nicht einmal ihre Bilder als Composings kennzeichnen (wofür ich übrigens wäre - nicht weil die schlechter sind, sondern weil es eine andere Kunstform ist), spielt die Wahl des Modus keine große Rolle mehr.
Ich persönlich verwende sehr häufig den A-Modus. Weil schnell gehen muss, weil ich ständig den Abstand verändere, weil manuelles Fokussieren und ständiges Anpassen der Belichtungszeit und der ISO einfach nerven.

Fazit
Ob du im manuellen Modus oder in welchem auch immer fotografierst, spielt für das Endergebnis eher eine untergeordnete Rolle. Erfüllt es dich mit Stolz, manuell belichtet zu haben, dann tu es. Ist es dir egal, weil für dich und deine Kunden nur das Endergebnis zählt, dann lass' es. Alles kann, nichts muss.

Neunzehn58 Photographie

Kamera von Fujifilm
von Jürgen Pagel 12. Juni 2025
Ich bin immer wieder überrascht (nein, nicht wirklich), wie YouTuber und damit wirklich fast alle YouTuber gemeint, die sich mit Kameras und Fotografie beschäftigen, sich mit Meldungen über ein neues Kameramodell geradezu überschlagen. Kaum ist es veröffentlicht, findet man in den kommenden 14 Tagen keinen Kanal, in dem nicht genau über diese Kamera, auf die angeblich alle gewartet haben, gesprochen wird. Diesmal ist es die Nachfolgerin der Fujifilm X-E4, die Fujifilm X-E5. Die X-E4 war kein Flop, sondern eher ein Liebhaberstück mit kleiner, aber treuer Fangemeinde. Sie verkaufte sich solide, aber nicht in dem Maße, dass Fujifilm sie weitergeführt hätte. Daher kann man sagen: kein „Verkaufsschlager“ im Mainstream, aber ein Achtungserfolg unter Kennern. Nun ist der Vorhang für das Nachfolgemodell gefallen.
Frau auf E-Scooter
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Ski fahrende Kinder
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von Jürgen Pagel 2. Juni 2025
Ein kurzes Resümee nach hundert Kilometern. Ich habe mir den E-Scooter von Segway nicht gekauft, um umweltschonend unterwegs zu sein. Denn der muss mit Strom geladen werden, der zwar aus meiner Öko-Steckdose kommt, aber ich habe weder eine Solaranlage auf dem Dach, noch erzeuge ich den Strom dafür durch Treten auf dem Fahrrad-Hometrainer. Und hergestellt werden musste er ja auch - mit Aluminium, seltenen Erden und anderem mehr.
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Diesmal geht es um die Aussagen, die häufig als Lösung für das „richtige“ Fotografieren oder für Krisensituationen verkauft werden. Eine kritische Betrachtung tut Not und jeder, der sich in einer fotografischen Krise befindet, sollte sich bewusst sein, dass Phrasen schnell gedroschen sind und meist dazu dienen, schnelle, universelle und dennoch selten funktionierende Lösungen zu verkaufen. Deswegen beachtet bitte, dass ich keine Tipps geben möchte, was richtig oder falsch ist. Es ist stets eine individuelle Betrachtung erforderlich, um Ratschläge zu geben und die eigenen Erfahrungen müssen nicht zu dem passen, was Du im Besonderen erwartest.
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Als Fotograf mobil unterwegs: Warum ein E-Scooter wie der Segway Max G3 D ein echter Vorteil im Fotoalltag ist. Flexibler arbeiten, neue Locations erreichen und Gelenke schonen – erfahre, wie moderne Mobilität die Fotografie verändert.
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Mythen sind traditionelle Erzählungen, die sich Menschen seit Jahrhunderten erzählen, um die Welt, das Leben oder bestimmte Phänomene zu erklären. Sie stammen oft aus frühen Kulturen und Religionen und haben meist einen symbolischen, belehrenden oder erklärenden Charakter. In der Fotografie halten sich viele Mythen hartnäckig. Sie stammen überwiegend aus einer Zeit, in der die Kamera- und die Technik des Fotografierens in den Kinderschuhen steckte, wie beispielsweise „Wenn die Sonne lacht, nimm‘ Blende 8“.
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Eine der meines Erachtens besten Neuerscheinungen im Jahr 2025 ist die Fujifilm GFX100RF, eine kompakte Mittelformatkamera mit einem festverbauten Objektiv.
Sony Vollformatkamera
von Jürgen Pagel 30. April 2025
Die kurze Antwort: Nicht immer. Ob ein Vollformatsensor tatsächlich einem APS-C-Sensor überlegen ist, hängt stark vom Anwendungsfall ab. Es gibt objektive Unterschiede zwischen den Sensorformaten, aber „besser“ ist nicht automatisch gleich „Vollformat“.
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