Meine Meinung zu "Out-of-Cam"

Jürgen Pagel

Sollen, müssen, dürfen Bilder nachbearbeitet werden? Was ist Nachbearbeitung? Ist OUT-OF-CAM besser oder schlechter? Wo liegt der Unterschied?

Fragen, die immer wieder rauf und runter, hin und her diskutiert werden. Zu recht oder zu unrecht, erfahrt ihr hier. Bitte beachtet, das ist meine persönliche Meinung.
Und wie bei jedem anderen Thema kann und darf man unterschiedlicher Meinung sein. Letztendlich findet alles seine Grenze im Anwendungszweck. Aber dazu später mehr.

Im Grunde geht es darum - JPEG oder RAW?
JPEG ist die gebräuchliche Bezeichnung für die 1992 vorgestellte Norm ISO/IEC 10918-1 bzw. CCITT Recommendation T. 81, die verschiedene Methoden der Bildkompression beschreibt. Die Bezeichnung „JPEG“ geht auf das Gremium Joint Photographic Experts Group zurück, das die JPEG-Norm entwickelt hat. Im Grunde ging es beim JPEG also ausschließlich darum, möglichst verlustarm Bilder zu komprimieren. Dies war in den 90er und sicher auch noch in den frühen 2000er Jahren notwendig, da Speicherplatz im Vergleich zu heute extrem teuer war. Dieser Prozess ist heute in modernen DSLR oder DSLM mittels der in der Kamera enthaltenen Prozessoren problemlos möglich. Das heißt, eine Kamera "spuckt" eine komprimierte Bilddatei, die nach den Vorgaben der Fotografen bereits bearbeitet wurde, auf der Speicherkarte aus.
Bilder, die im RAW-Modus fotografiert wurden, sind in Wirklichkeit auch keine Rohdaten - nichts verlässt den Prozessor der Kamera, ohne in irgendeiner Form bearbeitet worden zu sein, aber sie enthalten deutlich mehr Informationen, als in einer JPEG-Datei und lassen sich somit in vielfältiger Weise entwickeln.

Und genau das ist der Punkt. 
JPEG's lassen sich nur noch in engem Rahmen nachbearbeiten. Jede Nachbearbeitung hinterlässt sozusagen Spuren in Form von Datenverlust. Jedes erneute nachbearbeiten einer JPEG-Datei und anschließende Speichern, lässt die Bildinformationen weiter schrumpfen. Das ist halt so. Denn der ursprüngliche Gedanke der JPEG war ja nicht, eine vernünftige Bearbeitungsgrundlage zu schaffen, sondern Bilder möglichst verlustarm zu komprimieren, zu versenden oder Speicherplatz zu sparen. Nichts anderes.
RAW-Dateien dagegen wollen entwickelt werden - vergleichbar mit einem Kleinbildfilm, der erst verschiedene Entwicklungsschritte durchlaufen muss, bevor ein für den Betrachter fertiges Bild herauskommt.
Niemand kommt auf die Idee (oder sollte zumindest nicht auf die Idee kommen), in RAW zu fotografieren und das einem Betrachter als fertiges Bild zu verkaufen. Der Vorteil von RAW liegt auf der Hand. Man verfügt eine riesige Datenmenge, über unzählige Bildinformationen, die sich beliebig variieren und verändern lassen. Bis hin zur vollkommenen Entfremdung ist alles möglich. Ob das dann gut oder schlecht ist, ist ein ganz anderes Thema (und genau darum geht es ja hier).

Wenn man also die Frage stellt, JPEG oder RAW, ist die Frage an sich schon falsch gestellt. Die Frage muss vielmehr sein, für welchen Zweck benötigst du die Bilder und wie ist der Weg dorthin.

Jeder dieser beiden Wege hinterlässt seine Spuren, alles hat seinen Look.
Bin ich Sportfotograf und redaktionell tätig, bleibt einfach keine Zeit, jedes einzelne Bild aufwendig nachzubearbeiten. Die Bilder müssen "out of cam" so schnell als möglich in der Redaktion landen und das möglichst nicht in Form einiger Gigabyte großer Dateien, deren Übertragung entsprechend lange dauert. Vielmehr ist hier ein möglichst verlustfreies Kompressionsverfahren geeignet, mit dem das fertige Bild blitzschnell in einer Redaktion landet, um 5 Minuten nach dem Shoot schon im Internet inklusive des dazugehörigen Artikels lesbar zu sein.
RAW dagegen braucht einfach Zeit. Bild anschauen, evtl. Belichtung korrigieren, Bildausschnitt wählen, Weißabgleich regeln, Farben korrigieren oder Effekte einarbeiten sowie Details hervorheben.
Nur, weil ich alles irgendwie regeln kann (auch dem sind natürlich Grenzen gesetzt, in total ausgebrannten oder abgesoffenen Bereichen sind schlicht keine Bildinformationen mehr enthalten), soll das keine Aufforderung sein, schlampig zu fotografieren. Keineswegs. Je sorgfältiger die Motivwahl, je sorgfältiger und besser die Einstellungen, umso weniger Arbeit ist es in der Postproduction, sein Bild zu entwickeln.

Sorgfältig fotografieren muss ich sowohl bei JPEG wie auch im RAW-Modus.

Warum also überhaupt JPEG?
Für mich war der Grund ein relativ einfacher und er hing mit einem Systemwechsel zusammen. Ich fotografiere übrigens mit SONY und CANON ausschließlich im RAW- und mit FUJIFILM ausschließlich im RAW- UND im JPEG-Modus (auch der Speicherplatz auf den Karten ist heutzutage überschaubar günstig). Die sogenannten Kreativprogramme von CANON und SONY im Besonderen sind nun wirklich kein Hit. Sehr begrenzt in der Anwendung und ebenso begrenzt in Bezug auf das Ergebnis, stellen sie keinen wirklichen Gewinn dar.

Durch den Wechsel zu FUJIFIM (X-T30, X-E4 sowie eine Ur-X100) jedoch hat sich das geändert. Kein anderer Hersteller hat es verstanden, die Looks alter Filme auf die Speicherkarte zu bannen, wie Fujifilm. Die Filmsimulationen sind wirklich legendär. Und da macht dann das JPEG-Fotografieren plötzlich richtigen Sinn.
Du wählst je nach Zielsetzung eine entsprechende Filmsimulation, dein Motiv, deinen Bildausschnitt, die Belichtung, die Schärfe und anderes mehr - eben genauso sorgfältig, wie in jedem anderen Modus auch - und dann drückst du ab. Das Ergebnis ist ein Bild mit einem ganz eigenen Look - fertig. Und nun hast du die Wahl. Entweder out of cam oder die gleichzeitig vorliegende RAW-Datei doch noch einmal entwickeln.

Mit anderen Worten (Achtung Praxisbezug): ich bin bei einem Kunden und habe einen klar definierten Auftrag. Ich entscheide mich beispielsweise für die SONY A7III (Vollformat) im RAW-Modus, um alle Möglichkeiten der Welt zu haben, die Bilder so zu entwickeln, wie ich und der Kunde es wollen. Nebenbei läuft sozusagen die X-T30 mit einer zur Situation passenden Filmsimulation mit und erlaubt mir nun, zusätzlich erstklassige JPEG's zur Verfügung zu haben, die mir alle künstlerische und professionelle Freiheit geben, die ich und vor allem der Kunde brauchen.
Du fotografierst auf der Straße, erfasst Momente und Augenblicke - dann erscheint mir das JPEG-Format genau richtig. Passende Filmsimulation ausgewählt und los geht das Shooting. Zu Hause angekommen noch einmal kurz durchschauen und ab in's Netz.

Beides hat seine Berechtigung. Beides macht eine Menge Spaß und ich für meinen Anteil würde mich nicht auf das eine oder andere begrenzen lassen wollen. Ich hätte bitte gerne beides. Nutzen dem Zweck entsprechend. Und es gibt sogar Phasen, da sind die Minolta XD-7 oder die X500 die bessere Wahl - oldschool, so richtig mit Negativentwicklung und so.

Bist Du andere Meinung? Dann schreibe gerne einen Kommentar!

Neunzehn58

von Jürgen Pagel 06 Mai, 2024
Jeder Fotograf kennt Phasen, in denen man seine Kamera am liebsten in irgendeiner verstauben lassen möchte. Frust baut sich auf, die Motivation ist auf dem Tiefpunkt angelangt.
05 Mai, 2024
Warum ein Wasserzeichen bzw. eine Signatur? Grundsätzlich ist jede Fotografie urheberrechtlich geschützt. Daran ändert auch ein Verkauf des Bildes nichts. Das Urheberrecht verbleibt beim Eigentümer, dem Ersteller der Fotografie. Wird das Bild gegen den Willen (außerhalb eines Vertragswerkes) des Eigentümers verwendet, stellt dies einen Verstoß gegen das Urheberrecht dar. Der Rechteinhaber ist somit berechtigt, einen Schadensersatz geltend zu machen. Die Spanne liegt nach geltender Rechtsprechung zwischen 50-375 Euro pro Bild - je nachdem, ob das Bild gewerblich genutzt wurde oder lediglich der Urheber nicht genannt worden ist. Allerdings handelt es sich in der Rechtsprechung jeweils um Einzelfälle. Eine anwaltliche Beratung ist in jedem Fall vorzuziehen. Dabei spielt es keine Rolle, ob das Bild durch eine Signatur geschützt wurde oder nicht, denn dieser Umstand ändert nichts am Urheberrecht.
von Jürgen Pagel 29 Apr., 2024
Folgende beiden Aussagen finden sich im Netz und hört man in diversen Workshops immer wieder mit der sicherlich guten Absicht, einem Anfänger den Spaß an der Fotografie nicht zu vermiesen. Aber stimmt das wirklich oder ist nur die halbe Wahrheit. Wie so oft lautet die Antwort des vielzitierten Radio Eriwan*): „Im Prinzip ja. Aber es kommt darauf an …“. Auf was es ankommt und unter welchen Voraussetzungen diese „Weisheiten“ eine unbefriedigende Antwort darstellen, möchte ich dem nachfolgenden Beitrag erläutern.
von Jürgen Pagel 23 Apr., 2024
Die Darstellung des Hintergrundes wird maßgeblich durch die Brennweite beeinflusst. Bei gleicher Blende (hier f/2.8), die für Schärfentiefe verantwortlich ist, verändert sich die Bildwirkung bei verschiedenen Brennweiten maßgeblich.
von Jürgen Pagel 22 Apr., 2024
Ich bin mir bewusst, dass dies ein langer Text ist und viele das nicht gerne lesen. Aber keiner kann sagen „Das habe ich nicht gewusst“. Ich bin auch kein Freund von Aussagen wie „dieses Objektiv musst Du haben“ oder „das ist das Beste“ oder „kaufe diese Kamera oder keine“. Das ist alles sehr vielschichtiger, als es auf den ersten Blick den Anschein hat, und bedarf sorgfältiger Überlegungen, um nicht in die Kostenfalle zu tappen oder dem G.A.S. (Gear Acquisition Syndrome) zu verfallen.
von Jürgen Pagel 21 Apr., 2024
Food-Fotografie ist kein Hexenwerk. Jedem können großartige Food-Fotos gelingen. Statt mehrere Flat-Lays zu kaufen – diese sind im Verbund teuer (ca. 400 Euro für 5-8 Stück), reicht auch eine Tischlerplatte, die entsprechend lackiert werden kann. Anleitungen dazu finden sich im Internet. Abschatter und Reflektoren gehören zur Ausrüstung eines jeden Fotografen. Und wer sich an das Blitzen nicht herantraut, fotografiert mit Tageslicht. Der Einstieg ist einfach. Mit der nötigen Übung und immer besser werdenden Ergebnissen kommt die Professionalität.
von Jürgen Pagel 17 Apr., 2024
Im Prinzip gilt ein allgemeines Betretungsrecht der freien Landschaft. Doch das bedeutet nicht, man darf überall und jederzeit herumspazieren. So sind Naturschutzgebiete ebenso tabu wie dauerhaft genutzte Flächen, etwa Weinberge oder Obstkulturen. Das heißt, sie dürfen nur auf Wegen betreten werden. Felder, Wiesen und Weiden sind tabu, wenn sie in einer Nutzung sind. Das heißt, zwischen Aussaat und Ernte beziehungsweise bis zur Mahd hat außer dem Landwirt niemand etwas auf den Flächen zu suchen. Das gilt auch, wenn kein Zaun und kein Schild extra darauf hinweisen. Auch gilt – das ist in den Landesverordnungen geregelt – in der Brut- und Setzzeit eine Leinenpflicht für Hunde.
von Jürgen Pagel 11 Apr., 2024
Spontan ist prima. Spontan ist spannend. Aber selbst spontane Fotos bedürfen in der Kamera einer gewissen Grundeinstellung, damit es schnell geht, wenn es darauf ankommt.
von Jürgen Pagel 09 Apr., 2024
Aus "Lichtwerk.Design" wird Neunzehn58. Dieser ungewöhnliche Name hat mein Geburtsjahr als Hintergrund und findet im Internet in diesem Zusammenhang keine Verwendung - außer als Domain für den Relaunch. Das ist gut so. Nicht so gut waren häufige Verwechslungen mit dem Namen Lichtwerk.Design, den sich offensichtlich viele zu eigen gemacht haben. Meine Homepage ist (aus technischen Gründen) weiterhin auch unter https://lichtwerk.design erreichbar. Neunzehn58 wird auf diese Page weitergeleitet, so dass Sie mit beiden Webadressen zum gleichen Ziel kommen.
von Jürgen Pagel 09 Apr., 2024
… so ein paar Dinge, die müssen einfach raus. Ihr kennt das, oder? Was mir in der letzten Zeit in der Fotografieszene echt auf den Zeiger geht (inspiriert von Cliff Kapatais).
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