Wollt ihr uns verarschen?

Jürgen Pagel

Die Marketingtricks der Hersteller

Drei Dinge muss ich vorausschicken - der Ehrlichkeit wegen. Erstens. Ich habe echt nicht gewusst, welches Titelbild ich bei dem Titel verwenden soll. Sicherheitshalber habe ich ein Neutrales gewählt ;-). Zweitens. Die Idee für diesen Artikel kommt nicht von mir. Doch, irgendwie schon. Aber transpiriert, nein inspiriert wurde ich von Akigrafie Live durch dieses Video https://youtu.be/wHuJSTYgw5Q. Unbedingt anschauen! Drittens. Der Titel ist provokativ. Ich weiß.

Worum geht es?
Es geht zunächst einmal um Innovationen - oder auch nicht. Um Dinge, die die Welt braucht - oder auch nicht. Um Preise, die schon 2017 irre waren. Was ist noch einmal die Steigerung von Irre? Also von dem, was wir 2021 erlebt haben und erleben?
Es geht um neue Kameras, neue Objektive, neue Filter, Zubehör und was uns da sonst noch alles als Neu verkauft wird. Zu sogenannten Mondpreisen. Wobei das Verkaufen an sich gar nicht das Problem ist, sondern vielmehr die Suggestion, die damit verbunden scheint und uns etwas vorgaukelt, was gar nicht funktionieren kann. Meistens jedenfalls nicht. Und das Allerschlimmste ist, dass sich jede Menge YouTuber (sofern es diese "Berufsbezeichnung" überhaupt gibt) den hausgemachten Algorithmen von META (so der neue Name von Facebook, Instagram, WhatsApp und Co.) unterwerfen und Zeug's hochjubeln, mit dem 99,9% aller Fotografinnen und Fotografen nichts anzufangen wissen. Nein, ich schließe nicht von mir auf andere. Definitiv nicht!

Aki hat das trefflich formuliert. Im Februar 2017, als SONY sein neues FE 85mm f/1.4 G-Master für 2.000 Euro auf den Markt brachte. Das geht übrigens so weiter. 2021 - A7IV für ca. 2.800 Euro. A7SIII für ca. 4.200 Euro. Canon EOS R5 für 4.500 Euro. Leica M10 Monochrom (M.O.N.O.C.H.R.O.M. => zum Mitschreiben) für 8.200 Euro - einfach nur, um einige Beispiele zu nennen, wo die Reise hingeht. So etwas macht eigentlich - wenn überhaupt - nur Sinn, wenn jemand einen Geldscheißer hat und Fotografie ausschließlich ein Hobby ist und bleibt. Für den geneigten Berufsfotografen erscheint das vollkommen irre. 5.000 Euro Brutto. Für eine Kamera. Plus mindestens drei bis vier Objektive, deren Güte irgendwie zur Kamera passen sollte und deren Bajonette mit Neuerscheinung der Kamera selbst ebenso selbstverständlich gewechselt wurden, damit die "Alten" nicht mehr oder nur mit einem Adapter für mindestens 200 Euro passen. Im Bereich der Sport- und Tierfotografie noch einmal locker 3.000 Euro on Top. Also 8.000 Euro. Also 1,0 bis 1,5 facher Monatsumsatz - wenn's gut läuft. Monatsumsatz ohne Steuerabzug, ohne Miete, Wasser, Strom, Heizung und was man sonst noch so braucht. Da wundern mich dann Preise von 130 bis 150 Euro pro Stunde nicht mehr wirklich. Aber sind die Bilder dann  auch das Geld wert? Wird das auch bezahlt? Fragen, die schlussendlich der Kunde beantworten kann. Oder auch nicht. Oder nicht will.

Werden Bilder wirklich so viel besser?
Mit dieser Frage haben sich schon viele Kolleginnen und Kollegen befasst und einschlägig bekannte Fotografinnen und Fotografen beantworten sie meistens mit einem eindeutigen Nein. Nein, sie werden nicht um den Betrag der Preissteigerung besser. Ein Objektiv, das nicht scharf zeichnet, ist keine 10 Euro wert. Werbung mit einem Objektiv zu machen, das scharf zeichnet, ist Leute verarscht. Dagegen ein Objektiv, das ausgesprochen scharf sein soll, ist keine 600 Euro "wert". Weil "scharf sein" total selbstverständlich ist! Ein Objektiv mit einer Lichtstärke von f/0.95, dass man nicht bei f/0.95, sondern erst ab f/2.8 überhaupt benutzen kann, weil es vorher chromatische Abrationen zeigt und extrem vignetiert, mag für Leute, denen CA's nichts ausmachen und die sowieso alle Bilder mit Vignette versehen, vollkommen egal sein. Aber im Grunde ist ein solches Objektiv noch nicht einmal 200 Euro wert. Denn es steckt umso mehr Arbeit in der Postproduction darin, um die CA's zu entfernen, ohne die Farbe aus dem gesamten Bild zu nehmen.

Bilder werden besser
Bilder werden besser, weil der Fotograf im Laufe seines Fotografenlebens dazulernt. Bilder werden besser, weil der Fotograf gelernt hat, mit seiner grundständigen Ausrüstung schlafwandlerisch umzugehen. Weil er ein Auge für Licht und Situationen entwickelt hat. Weil er nur Sachen fotografiert, die ihm gefallen, an denen er Freude hat und die notwendige Leidenschaft entwickelt.
Selbstverständlich gibt es Ausnahmen. Wildlife lässt sich nur sehr bedingt mit einem 18-55mm Kitobjektiv erfassen. Portraits bei Available Light gelingen eher selten mit einem Zoom-Objektiv, dass bei 150mm Brennweite eine Blende von 5.6 aufzeigt. Das sind die Ausnahmen, mit denen man dann entweder viel Geld für ein Foto bekommt oder bei denen der Entstehungspreis vollkommen egal ist, weil man sich das Hobby eben gerne etwas kosten lässt.

Fazit
Alle anderen tun gut daran, nicht auf die Werbeversprechen der Industrie hereinzufallen. Richtig, wer billig kauft, kauft zweimal. Mindestens. Aber wer teuer kauft, erhält nicht automatisch einen realistischen Gegenwert. Bedenke: zunächst sind die 20 cm hinter der Kamera entscheidend. Erst in zweiter Linie das, was der Fotograf in der Hand hält.


©Jürgen Pagel 2021 LICHTWERK.DESIGN

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