Bildsprache

Jürgen Pagel

Bildsprache - Ausdruck und Wirklichkeit

Immer wieder liest man, das Fotografie „Out“ ist, das Handybilder reichen und das Videos eine wesentlich größere Bedeutung haben. Ist das wirklich so? Ist da nicht der Wunschtraum größer als die Realität? Was sagt die Wissenschaft dazu?

Eines ist unbestritten - Bilder erregen Aufmerksamkeit und vermitteln ein Thema schnell. Deshalb können sie Emotionen auslösen, Bedürfnisse wecken oder Assoziationen hervorrufen. Texte haben andere Stärken. Sie unterstützen und ergänzen die emotionale Wirkung der Bildmotive.

 

Unser Gehirn verarbeitet das Foto eines Fahrradsattels 60.000 Mal schneller als das geschriebene Wort. Wir behalten 80% von dem, was wir als Bild sehen. Content wird so mühelos und schnell verständlich. Storytelling funktioniert so großartig, weil dabei Kopfkino erzeugt wird und genau das ist der Schlüssel ins Gehirn Ihrer Zielgruppe. Metaphern lassen Bilder in unseren Köpfen abspielen und genau diese Bilder können wir selbst lenken, indem wir Darstellungen vorgeben und den Inhalt anschaulich machen.

 

MERKE: Die Aussage wird durch das Bild getroffen, nicht durch den Text! Der Text ergänzt das Bild und nicht umgekehrt.

Warum ist eine einzigartige Bildsprache wichtig für eine erfolgreiche Kommunikation?

Visuelle Elemente erhalten schnell Aufmerksamkeit und bleiben uns in Erinnerung. Deshalb lohnt es sich, eine eigene Bildsprache zu entwickeln. Denn authentische und individuelle Bilder transportieren unsere Unternehmenswerte und tragen so zu einer erfolgreichen Unternehmenskommunikation bei. Und zur den Kommunikationsabsichten gehören zweifelsohne auch die Bedürfnisse, Produkte sowie Dienstleistungen erfolgreich zu verkaufen.

 

Bilder helfen in unterschiedlichen Phasen

Das Bilder besonders beachtet werden, hat mehrere Gründe. Dazu gehört zum Beispiel, dass uns visuelle Elemente als Erstes auffallen und wir diese einfacher verarbeiten können als Texte. Deshalb bieten sich visuelle Elemente als Einstieg in ein Thema an. Sie unterstützen den Nutzer bei mehreren Schritten auf dem Weg zur Kaufentscheidung.


Phase Was geschieht
(A)ttention Aufmerksamkeit erregen, überraschen, Interesse wecken
(I)nterest Informationen geben, Wünsche wecken, Nutzen zeigen
(D)esire Was passiert in unserem Leben, wenn wir das Produkt kaufen oder die Dienstleistung nutzen?
(A)ction Handlungsaufforderung (Kauf es! Nutze es! Mache!)

Bild und Text – die Unterschiede

Bild und Text lösen somit unterschiedliche Aufgaben und haben verschiedene Stärken. Bilder erregen Aufmerksamkeit und vermitteln ein Thema schnell. Sie können Emotionen auslösen, Bedürfnisse wecken oder Assoziationen hervorrufen.
Sie schauen sich ein Bild von einem Essen an und denken „hmmm, lecker“ oder „das wird mir nicht schmecken“. Das heißt, Sie treffen bereits - bevor Sie das Essen überhaupt in Natura gesehen, geschweige denn probiert haben - eine Vorentscheidung, die ausschließlich auf der Wahrnehmung Ihres Visus beruht, ohne die Speisekarte gelesen zu haben.


Texte­­ haben andere Stärken. Sie unterstützen und ergänzen die emotionale Wirkung der Bildmotive. Zudem geben sie uns die Möglichkeit, Informationen und Argumente zu liefern. Das Bild eines Hemdes  hat alleine noch keine Aussagekraft. Erst die ergänzende Textinformation komplettiert das Bild und vermittelt den Ort sowie die Art und Weise, wie man beispielsweise etwas kaufen kann. Als Konsequenz des Beispiel von oben bedeutet das: Sie nehmen zuerst das Bild war und entscheiden dann, ob es für Sie interessant ist, den Text zu lesen – also den Preis des Essens wahrzunehmen. Wobei Sie bei einem lecker aussehendes Essen viel eher bereit sein werden, mehr Geld auszugeben, als wenn Sie nur einen Text zu lesen bekommen hätten.



Das Zusammenspiel macht es aus
Wenn Bild und Text also gut zusammenspielen, verstärkt sich die Aussage.


Sind Texte dann überhaupt nötig?

Im Idealfall unterstützen und transportieren Bilder den dazu gehörigen Text. Stellen Sie sich vor, Sie blättern in einer Broschüre, die nur aus Bildern besteht. Sie werden ständig nach Text suchen und mehr Infos zu den Abbildungen vermissen.

Mit bewusst gewählten Bildern können Sie gezielt die Interpretation des Betrachters steuern. Durch die Farbgebung, Perspektive und das gewählte Motiv – ob sachlich, nüchtern oder emotional. Möchten Sie originell, witzig, rational, informativ oder empathisch auftreten? Ein Bild voller Leben kann Unternehmen helfen, die eher sachlich und ernst wahrgenommen werden, aber humorvoll und sympathisch gesehen werden möchten. Das Firmenimage wird enorm von den gewählten Abbildungen bestimmt und begeistert Kunden. Die vielen Bedeutungen des englischen Begriffs „Image“ machen das noch mal bewusster: Image = Bild, Vorstellung, Darstellung, Ansicht, Profil, Erscheinungsbild.

Ein gutes, großes Foto hat mehr Ausdruckskraft als viele kleine. Bilder stehen Textinhalten unterstützend zur Seite und lockern gleichzeitig auf. Ausufernde Beschreibungen werden visuell sofort verstanden. Sie begeistern die angepeilte Zielgruppe und lösen Emotionen aus. Dargestellte Menschen bzw. Lebewesen haben die stärkste emotionale Wirkung auf den Betrachter. Stellen Sie sich einmal zwei Bilder im Vergleich vor: ein Wurf tapsiger Welpen und ein Bild mit einem Suppentopf. Welches davon gewinnt schneller Ihre Aufmerksamkeit UND hält diese länger?!



Hier einige Tipps:


  • Spannung zwischen Bild und Text
    Der Text ergänzt das Bild und wiederholt nicht, was schon gezeigt wird. Zeigen Sie also keine Person mit weissen Zähnen und schreiben dazu «Für strahlend weisse Zähne.»
  • Keine Widersprüche
    Stellen Sie sicher, dass sich Bild und Text ergänzen.
  • Emotionale Themen benötigen Bilder
    Hilfswerke haben dies gut erkannt und nutzen die Kraft der Bilder.
  • Zusätzlicher Anreiz durch aktuellen Bezug
    Dafür können Sie einen saisonalen Bezug herstellen oder auch aktuelle Vorkommnisse aufnehmen. Mit einer witzigen Idee gewinnen Sie zusätzliche Sympathien.
  • Ungewöhnliche Bilder schaffen
    Starke Bildideen machen es einfach, einen passenden Text zu finden. Zeigen Sie also ungewöhnliche Bilder oder setzen Sie diese in einen ungewohnten Kontext.

Es gibt noch mehr Gründe, etwas Zeit in die sorgfältige Auswahl von Bildern und ihrem Einsatz zu investieren.
Unternehmenswerte zeigen, dass sich Bilder besonders gut dafür eignen. Zudem prägen sich die Unternehmenswerte so bei den Zielgruppen ein. Entwerfen Sie eine eigene Bildwelt und zeigen Sie damit Ihre Individualität. Achten Sie dabei auf eine zielgruppengerechte Bildsprache, die zu Ihrem Corporate Design passt, und wenden Sie diese konsitstent über alle Kanäle hinweg an.

Suchmaschinenoptimierung: Viele Nutzer kommen heute über Suchmaschinen wie Google auf eine Website. Immer wichtiger wird dabei auch die Bildsuche. Mit einer guten Bildbeschriftung stellen Sie sicher, dass Google die Bilder erfasst und gut platziert.

Weniger Absprünge: Ein viel diskutiertes Thema von heute ist die Reizüberflutung. Als Folge davon scannen wir Inhalte nur noch, statt sie wirklich zu lesen. Auch hier helfen Bilder, da sie einen gewissen Unterhaltungswert bieten und dadurch weniger vom Kontaktabbruch betroffen sind. Zudem vermitteln Bilder Informationen viel schneller als Texte.

Bilder können informieren, schockieren, rühren, erschrecken, beruhigen. Bilder können Geschichten erzählen, nahezu immer wecken sie bestimmte Gefühle. Welche das sind, hängt vom bereits Gesehenen und von persönlichen Erfahrungen ab. 



Ein Pressebild hat Kim Phúc weltberühmt gemacht. Bei einem Napalm-Angriff im Vietnamkrieg wurde das Mädchen schwer verbrannt. Das Foto – aufgenommen vor 50 Jahren – wurde zum Symbol für Leid und ließ in den USA die Stimmung gegen den Krieg kippen.


Kim Phúc beschreibt in einem Interview mit der New York Times im Juni 2000 ihre Gefühle: "Das Foto bringt den Moment von damals immer wieder zurück: Ich sah das Flugzeug. Ich sah das Feuer. Ich hatte solche Angst. Ich weinte und rannte und versuchte dem Feuer zu entkommen."

Anfangs waren Kims Leiden so groß, dass sie beim Waschen und Versorgen ihrer Wunden vor Schmerzen ohnmächtig wurde. Amerikanische Ärzte in Vietnam versuchten ihr mit Hauttransplantationen zu helfen. In den kommenden Jahren und Jahrzehnten muss sie 17 Operationen durchmachen. Darunter auch zwei OPs im August 1984 im Schwerbrandverletztenzentrum der BG Klinik in Ludwigshafen.



[Auszug Nürnberger Nachrichten vom 08.06.2022 Autor Stephan M. Müller]


MERKE: An Bilder erinnert sich der Mensch leichter als an Texte.

 

Dass wir uns an diese Bilder erinnern beweist: Bildsprache ist ein starkes Werkzeug, um etwas in Erinnerung zu behalten. Sie kann berühren, beeindrucken und uns in eine bestimmte Stimmung zu versetzen. Bilder funktionieren unabhängig von der eigentlichen Werbebotschaft, denn sie vermitteln meist eine persönliche Note, eine persönliche Botschaft. Das funktioniert in jede Richtung. Egal, ob ein wichtiger Moment gezeigt, ein Produkt präsentiert oder jemand vorgestellt wird. Ein gutes Bild schafft es immer, die gewünschte Einstellung zu wecken. Besonders gut funktionieren Gesichter oder Tiere. Aber auch Momente, wie Bilder eines frisch gemähten Rasens, vom Sommerregen oder einer Schreinerei wecken Sinneseindrücke. Im Content Marketing ist das Ziel natürlich eine positive und vertrauenerweckende Stimmung zu erreichen. Bilder schaffen dies unmittelbar, während wir einen Text erst lesen müssen, bevor wir ihm gegenüber eine bestimmte Haltung einnehmen können. Überzeugt uns das Bild, lesen wir auch die Botschaften und beschäftigen uns mit dem eigentlichen Produkt.


Fazit
Bilder müssen irgendwie entstehen. Ob mit dem Handy, einer professionellen Action-Cam, einer Marken-Kamera, ob mit einem APS-C-Sensor oder einem Vollformat-Sensor spielt dabei nur eine untergeordnete Rolle, die letztendlich nur das qualitative Endergebnis beeinflusst – in Abhängigkeit des Verwendungszwecks und stets unter Berücksichtung des- bzw. derjenigen, die oder der sich hinter der Kamera befindet.

Bilder haben enorme Fähigkeiten, die wir nicht unterschätzen sollten und die uns tagtäglich beeinflussen – ob wir das wollen oder nicht.
Deswegen wird es immer einen Markt für Bilder geben. Die Fotografie und die Videografie haben sich in den vergangenen 10 bis 15 Jahren massiv verändert. Wer auf dieser Welle oben auf „schwimmt“, tut gut daran, weiter ein wachsames Auge auf den Markt zu haben. Es zeigen sich nämlich schon wieder neue Trends ab. So ist der Trend analog zu fotografieren ungebrochen. Wer nicht selbst entwickelt, nimmt sogar den Weg und die Mehrkosten zur Bearbeitung der Bilder in einem Drogeriemarkt auf sich. Nicht wenige holen wieder ihre „alte“ Spiegelreflexkamera heraus. Der Markt ist also riesig und trotz der einen oder anderen Kostenexplosion findet sich für jeden eine Nische. Und das ist gut so.
Seien Sie also unbesorgt. Ihre Bilder werden weiterhin benötigt. Vielleicht entstehen Bilder in 10 Jahren per Spracheingabe. Nichts de
sto Trotz wird es den klassischen Fotografiemarkt meiner Meinung aber noch lange geben.


© Jürgen Pagel 2022

Neunzehn58

von Jürgen Pagel 06 Mai, 2024
Jeder Fotograf kennt Phasen, in denen man seine Kamera am liebsten in irgendeiner verstauben lassen möchte. Frust baut sich auf, die Motivation ist auf dem Tiefpunkt angelangt.
05 Mai, 2024
Warum ein Wasserzeichen bzw. eine Signatur? Grundsätzlich ist jede Fotografie urheberrechtlich geschützt. Daran ändert auch ein Verkauf des Bildes nichts. Das Urheberrecht verbleibt beim Eigentümer, dem Ersteller der Fotografie. Wird das Bild gegen den Willen (außerhalb eines Vertragswerkes) des Eigentümers verwendet, stellt dies einen Verstoß gegen das Urheberrecht dar. Der Rechteinhaber ist somit berechtigt, einen Schadensersatz geltend zu machen. Die Spanne liegt nach geltender Rechtsprechung zwischen 50-375 Euro pro Bild - je nachdem, ob das Bild gewerblich genutzt wurde oder lediglich der Urheber nicht genannt worden ist. Allerdings handelt es sich in der Rechtsprechung jeweils um Einzelfälle. Eine anwaltliche Beratung ist in jedem Fall vorzuziehen. Dabei spielt es keine Rolle, ob das Bild durch eine Signatur geschützt wurde oder nicht, denn dieser Umstand ändert nichts am Urheberrecht.
von Jürgen Pagel 29 Apr., 2024
Folgende beiden Aussagen finden sich im Netz und hört man in diversen Workshops immer wieder mit der sicherlich guten Absicht, einem Anfänger den Spaß an der Fotografie nicht zu vermiesen. Aber stimmt das wirklich oder ist nur die halbe Wahrheit. Wie so oft lautet die Antwort des vielzitierten Radio Eriwan*): „Im Prinzip ja. Aber es kommt darauf an …“. Auf was es ankommt und unter welchen Voraussetzungen diese „Weisheiten“ eine unbefriedigende Antwort darstellen, möchte ich dem nachfolgenden Beitrag erläutern.
von Jürgen Pagel 23 Apr., 2024
Die Darstellung des Hintergrundes wird maßgeblich durch die Brennweite beeinflusst. Bei gleicher Blende (hier f/2.8), die für Schärfentiefe verantwortlich ist, verändert sich die Bildwirkung bei verschiedenen Brennweiten maßgeblich.
von Jürgen Pagel 22 Apr., 2024
Ich bin mir bewusst, dass dies ein langer Text ist und viele das nicht gerne lesen. Aber keiner kann sagen „Das habe ich nicht gewusst“. Ich bin auch kein Freund von Aussagen wie „dieses Objektiv musst Du haben“ oder „das ist das Beste“ oder „kaufe diese Kamera oder keine“. Das ist alles sehr vielschichtiger, als es auf den ersten Blick den Anschein hat, und bedarf sorgfältiger Überlegungen, um nicht in die Kostenfalle zu tappen oder dem G.A.S. (Gear Acquisition Syndrome) zu verfallen.
von Jürgen Pagel 21 Apr., 2024
Food-Fotografie ist kein Hexenwerk. Jedem können großartige Food-Fotos gelingen. Statt mehrere Flat-Lays zu kaufen – diese sind im Verbund teuer (ca. 400 Euro für 5-8 Stück), reicht auch eine Tischlerplatte, die entsprechend lackiert werden kann. Anleitungen dazu finden sich im Internet. Abschatter und Reflektoren gehören zur Ausrüstung eines jeden Fotografen. Und wer sich an das Blitzen nicht herantraut, fotografiert mit Tageslicht. Der Einstieg ist einfach. Mit der nötigen Übung und immer besser werdenden Ergebnissen kommt die Professionalität.
von Jürgen Pagel 17 Apr., 2024
Im Prinzip gilt ein allgemeines Betretungsrecht der freien Landschaft. Doch das bedeutet nicht, man darf überall und jederzeit herumspazieren. So sind Naturschutzgebiete ebenso tabu wie dauerhaft genutzte Flächen, etwa Weinberge oder Obstkulturen. Das heißt, sie dürfen nur auf Wegen betreten werden. Felder, Wiesen und Weiden sind tabu, wenn sie in einer Nutzung sind. Das heißt, zwischen Aussaat und Ernte beziehungsweise bis zur Mahd hat außer dem Landwirt niemand etwas auf den Flächen zu suchen. Das gilt auch, wenn kein Zaun und kein Schild extra darauf hinweisen. Auch gilt – das ist in den Landesverordnungen geregelt – in der Brut- und Setzzeit eine Leinenpflicht für Hunde.
von Jürgen Pagel 11 Apr., 2024
Spontan ist prima. Spontan ist spannend. Aber selbst spontane Fotos bedürfen in der Kamera einer gewissen Grundeinstellung, damit es schnell geht, wenn es darauf ankommt.
von Jürgen Pagel 09 Apr., 2024
Aus "Lichtwerk.Design" wird Neunzehn58. Dieser ungewöhnliche Name hat mein Geburtsjahr als Hintergrund und findet im Internet in diesem Zusammenhang keine Verwendung - außer als Domain für den Relaunch. Das ist gut so. Nicht so gut waren häufige Verwechslungen mit dem Namen Lichtwerk.Design, den sich offensichtlich viele zu eigen gemacht haben. Meine Homepage ist (aus technischen Gründen) weiterhin auch unter https://lichtwerk.design erreichbar. Neunzehn58 wird auf diese Page weitergeleitet, so dass Sie mit beiden Webadressen zum gleichen Ziel kommen.
von Jürgen Pagel 09 Apr., 2024
… so ein paar Dinge, die müssen einfach raus. Ihr kennt das, oder? Was mir in der letzten Zeit in der Fotografieszene echt auf den Zeiger geht (inspiriert von Cliff Kapatais).
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