Die Zukunft der Fotografie

Jürgen Pagel

Hat die Fotografie noch Zukunft?

Diese Frage mögen sich all diejenigen stellen wollen, die den Einstieg in die Berufswelt der Fotografen:innen suchen. Oder diejenigen, die als ambitionierte Hobbyfotografen unterwegs sind und gerne wissen wollen würden, wohin die Reise geht - im Angesicht von vielen Veränderungen auf der Welt einschließlich Corona.

Analyse

Betrachten wir die Ist-Situation. Laut Statista sind in Deutschland ca. 35.000 Fotografen unterwegs. Mit erfasst werden die Fotografen:innen selbst sowie sogenannte Fototechniker:innen. So darf die Zahl der ausschließlichen, hauptberuflich engagierten Fotografen:innen auf ca. 24.000 geschätzt werden (Berufsfotografen Verband). In die Statistik gehen allerdings nur diejenigen ein, die eine Gewerbeanmeldung eingetragen haben und gleichzeitig Pflichtmitglieder in den jeweiligen Industrie- und Handelskammern sind.


Die Zahl derer hat von 1999 (ca. 4.700) bis 2020 (ca. 35.000) stetig zugenommen. Wohingegen die Anzahl der Auszubildenden in den Pflegeberufen seit Jahren stagniert. Falsch wäre es deswegen anzunehmen, dass der Beruf des Fotografen deutlich attraktiver ist, als der einer Pflegefachkraft. Vielmehr scheint es so zu sein, dass die Arbeit von Fotografen abwechslungsreicher und technikorientierter zu sein scheint. Und deswegen deutlich mehr Interesse weckt, als die Pflege im Tag- und Nachtschichtbetrieb. Zumal es deutlicher einfacher ist, sich als Fotograf:in selbstständig zu machen, als sich als Pflegekraft in die Selbstständigkeit zu stürzen. Letzteres ist mit einem deutlich höheren Investor und mehr Risiko behaftet.


Das Interesse der Gesamtbevölkerung an der Fotografie scheint seit einigen Jahren ungebrochen hoch. Die Zahl der autodidaktisch ausgebildeten Fotografen ist mit 30% und steigender Tendenz relativ hoch - im Vergleich zu denen, die einen Gesellenbrief (ca. 30%) und denjenigen mit Meisterbrief (40%) haben. Wobei die Letzteren eher die älteren Jahrgänge (bis Jahrgang 1970) sein dürften (Quelle bpp). 79% der Befragten üben ihren Beruf als Hauptberuf aus und haben keinerlei andere Nebentätigkeiten. Legen wir nun die Zahl von 35.000 zu Grunde, so verzeichnen wir in Deutschland ca. 27.000 hauptberuflich tätige Fotografen, bei denen der durchschnittliche Gewinn 2016 ca. 35.000 Euro betrug. Jüngere Erhebungen gibt es nicht. Es kann also anhand der Tendenzen nur vermutet werden, dass die Gewinne 2020 eher gefallen, als gestiegen sind.

Das entspricht in etwa einem Bruttogehalt von 2.990 Euro bezogen auf eine 40-Stunden-Woche, von denen noch die Altersvorsorge und Sozialversicherungsbeiträge, Versicherungen (Haftpflicht, Kfz, Rechtsschutz) sowie Krankenversicherungsbeiträge und Steuern abgeführt werden müssen. Unter dem Strich bleiben dabei kaum mehr als 1.800 Netto übrig.

Reichtum nahezu ausgeschlossen

Wer als Fotograf:in reich werden will (zumindest monetär), sollte sich also entweder einen anderen Beruf suchen oder er muss sich spezialisieren.

Lt. bpp sind 44% der Fotografen:innen in den Bereichen Hochzeitsfotografie (17%), Werbe- und Businessfotografie (15%) und Familien- und Kinderfotografie (12%) aktiv, während sich immerhin ca. 30% nicht festlegen und vermutlich alles ein bisschen machen. Lediglich 2% sind der Akt- und Erotikfotografie zugetan - das wäre also noch eine Nische ;-).
So sind die Märkte der Hochzeitsfotografie sowie der Familien- und Kinderfotografie heiß umworben. Derzeit (v.a. mit Beginn der Corona-Pandemie im Jahre 2020 bis heute) also nicht bis kaum nutzbar.
Werbe- und Businessfotografie ist sehr speziell, bedarf einiges an Erfahrung und professionellem Equipment (v.a. werden hierbei hohe Anforderungen im Bereich der Lichtsetzung gestellt). Landschaftsfotografie spielt demnach in der gesamten professionellen Fotografie keine Rolle. Schön anzusehen aber nicht zu verkaufen.
Und dabei muss man als Fotograf:in eben genau wissen, was man will und vor allem was man will. Landschaftsfotografie ist sehr anspruchsvoll und macht zweifelsfrei eine Menge Spaß. Aber Geld ist damit nicht verdient. Erotikfotografie macht mindestens genauso viel Spaß, aber dazu braucht man auch die richtigen Modells.


Es will also wohl bedacht werden, ob man mit der Fotografie als solches sein Geld verdienen will oder sich noch ein zweites Standbein sucht, z.B. mit dem Verkauf von Zubehör für Fotografen:in - ein Trend, den man bei vielen  namhaften YouTubern unter den Fotografen:innen in den letzten Jahren zunehmend beobachten kann.

Fotografieren leicht gemacht

Das, was im ersten Moment simpel klingt, stellt jedoch für viele Fotografen:innen ein echtes Hindernis dar. Die integrierten Kameras der meisten sich derzeit auf dem Markt befindlichen Mobilfunkgeräte, sind von bestechender Qualität. Wenn auch die Tiefenschärfe und die Objektivauswahl immer noch zu wünschen lassen und man sich bisweilen fragen muss, ob es sich nun um eine Kamera mit Telefon oder ein Telefon mit Kamera handelt, ist die Bildqualität und die Schnelligkeit, mit der beeindruckende Bilder erzielt werden können, faszinierend. Und genau hier liegt das Problem.
In aller Regel werden solche Aufnahmen für den Auftritt in den sozialen Medien verwendet. Eine hohe Auflösung ist nicht erforderlich und beim schnellen "durchzappen" achtet auch kaum jemand auf Bildgestaltung, Schärfe, Regeln (die man natürlich gerne brechen darf - sofern man sie kennt). Vielmehr steht die schnelle Bildwirkung im Vordergrund. Erfahrungsgemäß ist das zum ausschließliche betrachten und konsumieren gut und vollkommen ausreichend. Es ist sogar vielmehr so, dass weniger perfekte Bilder mit den entsprechenden Stories im Hintergrund öfter angeschaut werden und mehr Aufmerksamkeit finden, als solche mit großer Perfektion ohne eine Bildgeschichte (wobei man trefflich darüber diskutieren kann und darf, ob ein Bild ohne Geschichte tatsächlich perfekt ist).

Und genau hier liegt die Chance für Fotografen:innen.

Chance

Das perfekte Bild, im Hinblick auf dessen Bedeutung, dessen Geschichte, dessen Hintergrund, dessen abschließende Bearbeitung bis zum Druck - das ist das, was Handy's nicht können und auch nicht können wollen. Der einmalige Bildlook, der sich beispielsweise mit Fujifilm erzielen lässt; das gezielte unter Beachtung der Belichtungsregeln dargestellte Produkt, welches Emotionen auslöst sowie der verdeckte Akt, der den Phantasien freien Lauf lässt - all das können nur erfahrene Fotografen:innen. Einmalige Ansichten von Straßenszenen und sportlichen Ereignissen, das Erfassen eines einzigartigen Moments sind Eigenschaften, über die Handy's nicht verfügen und für die die zwanzig Zentimeter hinter der Kamera der alles entscheidende Crestor sind. Das ist Fotografie, wie sie wirklich lebt. Warum nicht?


© Jürgen Pagel 2021 LICHTWERK.DESIGN

Neunzehn58

von Jürgen Pagel 06 Mai, 2024
Jeder Fotograf kennt Phasen, in denen man seine Kamera am liebsten in irgendeiner verstauben lassen möchte. Frust baut sich auf, die Motivation ist auf dem Tiefpunkt angelangt.
05 Mai, 2024
Warum ein Wasserzeichen bzw. eine Signatur? Grundsätzlich ist jede Fotografie urheberrechtlich geschützt. Daran ändert auch ein Verkauf des Bildes nichts. Das Urheberrecht verbleibt beim Eigentümer, dem Ersteller der Fotografie. Wird das Bild gegen den Willen (außerhalb eines Vertragswerkes) des Eigentümers verwendet, stellt dies einen Verstoß gegen das Urheberrecht dar. Der Rechteinhaber ist somit berechtigt, einen Schadensersatz geltend zu machen. Die Spanne liegt nach geltender Rechtsprechung zwischen 50-375 Euro pro Bild - je nachdem, ob das Bild gewerblich genutzt wurde oder lediglich der Urheber nicht genannt worden ist. Allerdings handelt es sich in der Rechtsprechung jeweils um Einzelfälle. Eine anwaltliche Beratung ist in jedem Fall vorzuziehen. Dabei spielt es keine Rolle, ob das Bild durch eine Signatur geschützt wurde oder nicht, denn dieser Umstand ändert nichts am Urheberrecht.
von Jürgen Pagel 29 Apr., 2024
Folgende beiden Aussagen finden sich im Netz und hört man in diversen Workshops immer wieder mit der sicherlich guten Absicht, einem Anfänger den Spaß an der Fotografie nicht zu vermiesen. Aber stimmt das wirklich oder ist nur die halbe Wahrheit. Wie so oft lautet die Antwort des vielzitierten Radio Eriwan*): „Im Prinzip ja. Aber es kommt darauf an …“. Auf was es ankommt und unter welchen Voraussetzungen diese „Weisheiten“ eine unbefriedigende Antwort darstellen, möchte ich dem nachfolgenden Beitrag erläutern.
von Jürgen Pagel 23 Apr., 2024
Die Darstellung des Hintergrundes wird maßgeblich durch die Brennweite beeinflusst. Bei gleicher Blende (hier f/2.8), die für Schärfentiefe verantwortlich ist, verändert sich die Bildwirkung bei verschiedenen Brennweiten maßgeblich.
von Jürgen Pagel 22 Apr., 2024
Ich bin mir bewusst, dass dies ein langer Text ist und viele das nicht gerne lesen. Aber keiner kann sagen „Das habe ich nicht gewusst“. Ich bin auch kein Freund von Aussagen wie „dieses Objektiv musst Du haben“ oder „das ist das Beste“ oder „kaufe diese Kamera oder keine“. Das ist alles sehr vielschichtiger, als es auf den ersten Blick den Anschein hat, und bedarf sorgfältiger Überlegungen, um nicht in die Kostenfalle zu tappen oder dem G.A.S. (Gear Acquisition Syndrome) zu verfallen.
von Jürgen Pagel 21 Apr., 2024
Food-Fotografie ist kein Hexenwerk. Jedem können großartige Food-Fotos gelingen. Statt mehrere Flat-Lays zu kaufen – diese sind im Verbund teuer (ca. 400 Euro für 5-8 Stück), reicht auch eine Tischlerplatte, die entsprechend lackiert werden kann. Anleitungen dazu finden sich im Internet. Abschatter und Reflektoren gehören zur Ausrüstung eines jeden Fotografen. Und wer sich an das Blitzen nicht herantraut, fotografiert mit Tageslicht. Der Einstieg ist einfach. Mit der nötigen Übung und immer besser werdenden Ergebnissen kommt die Professionalität.
von Jürgen Pagel 17 Apr., 2024
Im Prinzip gilt ein allgemeines Betretungsrecht der freien Landschaft. Doch das bedeutet nicht, man darf überall und jederzeit herumspazieren. So sind Naturschutzgebiete ebenso tabu wie dauerhaft genutzte Flächen, etwa Weinberge oder Obstkulturen. Das heißt, sie dürfen nur auf Wegen betreten werden. Felder, Wiesen und Weiden sind tabu, wenn sie in einer Nutzung sind. Das heißt, zwischen Aussaat und Ernte beziehungsweise bis zur Mahd hat außer dem Landwirt niemand etwas auf den Flächen zu suchen. Das gilt auch, wenn kein Zaun und kein Schild extra darauf hinweisen. Auch gilt – das ist in den Landesverordnungen geregelt – in der Brut- und Setzzeit eine Leinenpflicht für Hunde.
von Jürgen Pagel 11 Apr., 2024
Spontan ist prima. Spontan ist spannend. Aber selbst spontane Fotos bedürfen in der Kamera einer gewissen Grundeinstellung, damit es schnell geht, wenn es darauf ankommt.
von Jürgen Pagel 09 Apr., 2024
Aus "Lichtwerk.Design" wird Neunzehn58. Dieser ungewöhnliche Name hat mein Geburtsjahr als Hintergrund und findet im Internet in diesem Zusammenhang keine Verwendung - außer als Domain für den Relaunch. Das ist gut so. Nicht so gut waren häufige Verwechslungen mit dem Namen Lichtwerk.Design, den sich offensichtlich viele zu eigen gemacht haben. Meine Homepage ist (aus technischen Gründen) weiterhin auch unter https://lichtwerk.design erreichbar. Neunzehn58 wird auf diese Page weitergeleitet, so dass Sie mit beiden Webadressen zum gleichen Ziel kommen.
von Jürgen Pagel 09 Apr., 2024
… so ein paar Dinge, die müssen einfach raus. Ihr kennt das, oder? Was mir in der letzten Zeit in der Fotografieszene echt auf den Zeiger geht (inspiriert von Cliff Kapatais).
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