Faktoren der Bildgestaltung

Jürgen Pagel

Die vier wichtigsten Faktoren der Bildgestaltung

Wie bereits in einem der vorhergehenden Beiträge zu lesen war, gibt es zwar Regeln in der Fotografie, die zu beherrschen durchaus Sinn ergeben, willst Du den Betrachter in "Deinen Bann" ziehen. Das ändert jedoch nichts daran, dass Dein Endergebnis immer noch im Auge des Betrachters selbst ein "das gefällt mir" oder ein "das gefällt mir nicht" erzeugt.
Dabei sind blickführende Linien, das Verhältnis Vorher- zu Hintergrund, Muster und Wiederholungen, ein Rahmen und andere mehr Grundregeln, die wesentlich zum Aufbau eines Bildes beitragen, alleine noch kein Garant für Aufmerksamkeit. Und des sind derer so viele, dass der Fotografie-Einsteiger damit nahezu überfordert ist - zu viele Dinge, auf die man achten sollte und die umzusetzen im Moment der Aufnahme schwieriger ist, als es auf den ersten Blick den Anschein hat.

Deswegen solltest Du vier Faktoren in Betracht ziehen, die sich zu merken deutlich einfacher ist, als 15 oder gar 20 Regeln, die zwar alle richtig sind, jedoch gerade zu Beginn einer Hobbyistenkarriere schnell zur Überforderung führen und leider allzuoft enttäuschende Ergebnisse hinterlassen.

Diese lauten:
  • Gestalt(ung)
  • Information
  • Emotion
  • Perspektive
Nehmen wir als Beispiel einen Apfel.

Das vorstehende Bild vermittelt einen ersten Eindruck eines oder mehrere Äpfel. So sieht ein Apfel aus (interessant besonders für Kinder, die noch nie einen Apfel gesehen haben ;-) ). Der Fokus auf den vorderen Apfel, die anderen beiden verschwinden in der Unschärfe, was dem Bild Tiefe verleiht und den Blick nahezu automatisch auf den Apfel im Vordergrund zieht.
Dieses Bild vermittelt die Gestalt eines Apfels.

Im nächsten Bild verbindest Du die Gestalt des Apfels mit einer Information. In diesem Beispiel fällt einem vielleicht das Sprichwort ein: Every Day a Apple, keep the Doctor away.  Der Informationsgehalt besteht darin, das ein Apfel gesund ist und regelmäßiger Verzehr Medikamente ersetzen bzw. deren Einnahme reduzieren kann. Oder das trotz einer Erkrankung der Verzehr von frischem Obst, zur Genesung beiträgt. Oder das man trotz der Einnahme von Medikamenten nicht auf frisches Obst verzichten sollte. Was auch immer. Entscheidend wird letztendlich der Kontext, in dem dieses Bild steht.

Emotion, pure Emotion. Du verbindest die Gestalt des Apfels, dessen Informationsinhalt mit einer Emotion. Was gibt es Emotionaleres, als ein strahlendes Kind, welches sich einen frischen Apfel aussuchen darf und eine ebenso strahlende, glückliche Mutter.
Mit anderen Worten: Du hast die Gestalt (das ist ein Apfel) und die Information (der Apfel ist gesund) mit der Emotion (Kinder mögen Äpfel) miteinander verknüpft.

Nun kannst Du noch mit der Perspektive spielen. Von oben - aus der Sicht der Mutter - "mein Kind bekommt einen frischen Apfel an dem Marktstand". Von unten oder auf Augenhöhe des Kindes - "ich (das Kind) darf mir einen frischen Apfel nehmen". So kann die gewählte Perspektive dem Bild noch einmal mehr "geistige" Tiefe verleihen.
Zusätzliche Aspekte sind die Wahl des Bildausschnitts, die Tiefenschärfe, die Belichtung und anderes mehr. Das geht so weit, das der Betrachter nach einem Preisschild sucht, Lust auf einen Apfel bekommt oder im Falle von Zitronen (statt Äpfeln) spontan das Wasser im Mund zusammenläuft.

Das - genau das - ist Fotografie. Sie löst Emotionen aus und geht über das "finde ich schön" hinaus. Und genau das ist der Grund, warum beispielsweise auf Instagram die durchschnittliche Betrachtungsdauer nur bei 0,52 Sekunden liegt. Es ist ein Bild - nicht mehr. Das ist schön oder auch nicht. Auf Grund des vorgegeben Formats bleibt wenig bis gar kein Spielraum für Perspektive. Emotionen kommen zu kurz, weil der "Raum" für eine ausgiebige Betrachtung zu gering ist und bei dem Rees mit 10 Sekunden zu kurz und eine Minute zu lang ist. Man wird zum "Durchscrollen" animiert - einzig mit dem Hintergrund, bezahlte Werbung geschickt und wiederholt platzieren zu können. Übrigens das Geschäftsmodell von Instagram und Co.

Wenn Du also das nächste Mal zum Fotografieren hinaus gehst oder nach Motiven in Deiner Umgebung suchst, dann beachte die
Gestalt, die Information, die Emotion und die Perspektive - nicht mehr, aber auch nicht weniger!


©2022 Jürgen Pagel

Neunzehn58

von Jürgen Pagel 06 Mai, 2024
Jeder Fotograf kennt Phasen, in denen man seine Kamera am liebsten in irgendeiner verstauben lassen möchte. Frust baut sich auf, die Motivation ist auf dem Tiefpunkt angelangt.
05 Mai, 2024
Warum ein Wasserzeichen bzw. eine Signatur? Grundsätzlich ist jede Fotografie urheberrechtlich geschützt. Daran ändert auch ein Verkauf des Bildes nichts. Das Urheberrecht verbleibt beim Eigentümer, dem Ersteller der Fotografie. Wird das Bild gegen den Willen (außerhalb eines Vertragswerkes) des Eigentümers verwendet, stellt dies einen Verstoß gegen das Urheberrecht dar. Der Rechteinhaber ist somit berechtigt, einen Schadensersatz geltend zu machen. Die Spanne liegt nach geltender Rechtsprechung zwischen 50-375 Euro pro Bild - je nachdem, ob das Bild gewerblich genutzt wurde oder lediglich der Urheber nicht genannt worden ist. Allerdings handelt es sich in der Rechtsprechung jeweils um Einzelfälle. Eine anwaltliche Beratung ist in jedem Fall vorzuziehen. Dabei spielt es keine Rolle, ob das Bild durch eine Signatur geschützt wurde oder nicht, denn dieser Umstand ändert nichts am Urheberrecht.
von Jürgen Pagel 29 Apr., 2024
Folgende beiden Aussagen finden sich im Netz und hört man in diversen Workshops immer wieder mit der sicherlich guten Absicht, einem Anfänger den Spaß an der Fotografie nicht zu vermiesen. Aber stimmt das wirklich oder ist nur die halbe Wahrheit. Wie so oft lautet die Antwort des vielzitierten Radio Eriwan*): „Im Prinzip ja. Aber es kommt darauf an …“. Auf was es ankommt und unter welchen Voraussetzungen diese „Weisheiten“ eine unbefriedigende Antwort darstellen, möchte ich dem nachfolgenden Beitrag erläutern.
von Jürgen Pagel 23 Apr., 2024
Die Darstellung des Hintergrundes wird maßgeblich durch die Brennweite beeinflusst. Bei gleicher Blende (hier f/2.8), die für Schärfentiefe verantwortlich ist, verändert sich die Bildwirkung bei verschiedenen Brennweiten maßgeblich.
von Jürgen Pagel 22 Apr., 2024
Ich bin mir bewusst, dass dies ein langer Text ist und viele das nicht gerne lesen. Aber keiner kann sagen „Das habe ich nicht gewusst“. Ich bin auch kein Freund von Aussagen wie „dieses Objektiv musst Du haben“ oder „das ist das Beste“ oder „kaufe diese Kamera oder keine“. Das ist alles sehr vielschichtiger, als es auf den ersten Blick den Anschein hat, und bedarf sorgfältiger Überlegungen, um nicht in die Kostenfalle zu tappen oder dem G.A.S. (Gear Acquisition Syndrome) zu verfallen.
von Jürgen Pagel 21 Apr., 2024
Food-Fotografie ist kein Hexenwerk. Jedem können großartige Food-Fotos gelingen. Statt mehrere Flat-Lays zu kaufen – diese sind im Verbund teuer (ca. 400 Euro für 5-8 Stück), reicht auch eine Tischlerplatte, die entsprechend lackiert werden kann. Anleitungen dazu finden sich im Internet. Abschatter und Reflektoren gehören zur Ausrüstung eines jeden Fotografen. Und wer sich an das Blitzen nicht herantraut, fotografiert mit Tageslicht. Der Einstieg ist einfach. Mit der nötigen Übung und immer besser werdenden Ergebnissen kommt die Professionalität.
von Jürgen Pagel 17 Apr., 2024
Im Prinzip gilt ein allgemeines Betretungsrecht der freien Landschaft. Doch das bedeutet nicht, man darf überall und jederzeit herumspazieren. So sind Naturschutzgebiete ebenso tabu wie dauerhaft genutzte Flächen, etwa Weinberge oder Obstkulturen. Das heißt, sie dürfen nur auf Wegen betreten werden. Felder, Wiesen und Weiden sind tabu, wenn sie in einer Nutzung sind. Das heißt, zwischen Aussaat und Ernte beziehungsweise bis zur Mahd hat außer dem Landwirt niemand etwas auf den Flächen zu suchen. Das gilt auch, wenn kein Zaun und kein Schild extra darauf hinweisen. Auch gilt – das ist in den Landesverordnungen geregelt – in der Brut- und Setzzeit eine Leinenpflicht für Hunde.
von Jürgen Pagel 11 Apr., 2024
Spontan ist prima. Spontan ist spannend. Aber selbst spontane Fotos bedürfen in der Kamera einer gewissen Grundeinstellung, damit es schnell geht, wenn es darauf ankommt.
von Jürgen Pagel 09 Apr., 2024
Aus "Lichtwerk.Design" wird Neunzehn58. Dieser ungewöhnliche Name hat mein Geburtsjahr als Hintergrund und findet im Internet in diesem Zusammenhang keine Verwendung - außer als Domain für den Relaunch. Das ist gut so. Nicht so gut waren häufige Verwechslungen mit dem Namen Lichtwerk.Design, den sich offensichtlich viele zu eigen gemacht haben. Meine Homepage ist (aus technischen Gründen) weiterhin auch unter https://lichtwerk.design erreichbar. Neunzehn58 wird auf diese Page weitergeleitet, so dass Sie mit beiden Webadressen zum gleichen Ziel kommen.
von Jürgen Pagel 09 Apr., 2024
… so ein paar Dinge, die müssen einfach raus. Ihr kennt das, oder? Was mir in der letzten Zeit in der Fotografieszene echt auf den Zeiger geht (inspiriert von Cliff Kapatais).
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