Inflation

Jürgen Pagel

Inflation

Inflationär wird gerade wieder – wie immer beginnend im Herbst und endend im Frühjahr – ein wahres Feuerwerk an Kreativitätstipps gezündet (kleines Wortspiel zum bevorstehenden Silvester). Ich will nicht sagen, dass mich das nervt, weil ich schließlich wegdrücken könnte. Aber irgendwie bleibt man daran hängen, weil es einem – im Besonderen mir – gerade auch so geht, wie in diesen Tipps beschrieben. Wahrscheinlich sind sie genau deswegen so langweilig.

Mal andersherum, sozusagen das provokative Gegenteil
„Jede Idee zählt!
Auch wenn eine Idee heute vielleicht noch wie ein kleiner Funke aussieht, kann sie doch morgen schon ein Feuerwerk der Kreativität entzünden. Deshalb: Lass deiner Fantasie freien Lauf und probiere aus, ohne dir Gedanken über das Ergebnis zu machen.“

Quatsch. Sch…. auf die Funken. Was sind schon Funken? Wie lange soll man denn an so ein paar Funken herum machen. Ausprobieren ist ja schön und gut, aber wenn du auf dem langweiligen Land sitzt, ist einfach nix los in dieser Jahreszeit. Ich weiß nicht genau, wie viele Millionen Fotografen schon Blätter und vertrocknete Blüten fotografiert haben.

"Das richtige Werkzeug ist das, was Du gerade hast:
Es muss nicht die neueste Kamera, die teuerste Ausstattung oder das beste Material sein. Manchmal entstehen die schönsten Werke mit einfachen Mitteln – oder sogar ganz ohne. Das wird Dich stolz machen!"

Ach, komm. Ständig die gleiche Leier. Nicht die Kamera ist entscheidend, sondern die 10 cm dahinter. Unsinn. Natürlich macht eine technisch gute Ausrüstung vieles leichter. Ja und manchmal gibt es auch gute Bilder mit einer steinalten Kamera. Ich mag solche verallgemeinernden Aussagen gar nicht mehr. Das ist alles relativ.

„Fehler sind Freunde:
Sie sind der Schlüssel zu großer Kunst. Auch wenn es mal nicht so klappt, wie du es dir vorgestellt hast: Du kannst aus jedem kleinen Fehltritt lernen. Und oft führen sie zu den originellsten Ideen. Wusstest Du, dass J. K. Rowling unzählige Male von Verlagen abgelehnt wurde, bevor Harry Potter veröffentlicht wurde? Auch die Beatles bekamen von einer Plattenfirma zu hören, dass Gitarrenbands nicht mehr angesagt seien. Sie haben die Kraft in ihrem Schaffen gesehen – und nicht nur das: Sie haben auch erkannt, dass es nicht der Erfolg und die Anerkennung sind, die zählen.“

Ja, J.K. Rowling musste mit ihren Büchern auch nicht von Anbeginn an das große Geld verdienen. Und das mit den Beatles mag zu der damaligen Zeit so gewesen sein, funktioniert aber heute vollkommen anders. Und selbstverständlich zählen Erfolg und Anerkennung. In unserer heutigen Gesellschaft umso mehr. Ich bin dreimaliger deutscher Meister und Pokalsieger. Das hat in den späten Achtzigern keine S…. interessiert. Heute wäre das bares Geld wert – leider ist das schon zu lange her, um damit noch etwas verdienen zu können. Die Anerkennung von anderen ist doch – sind wir ehrlich – einer der häufigsten Gründe, warum wir etwas tun. 

„Kreativität macht glücklich! Das ist wissenschaftlich bewiesen. Studien zeigen, dass kreatives Tun Stress reduziert, unsere Stimmung hebt und uns sogar gesünder machen kann. Deshalb lautet mein Tipp: Schaffen Sie sich doch einfach ein bisschen Glück im Alltag!“

Das stimmt so nicht und ist eine falsche Interpretation eines Studienergebnisse. Die Forschung hat ergeben, dass Kreativität positiv mit Glück und Zufriedenheit korreliert. Das bedeutet zunächst nichts anderes, als dass Menschen, die glücklich und zufrieden sind, über ein hohes Maß an Kreativität verfügen. Auch Stress wird nicht durch kreatives Arbeiten oder Denken reduziert, sondern Menschen, die Kreativ sind, haben weniger Stress.
Deswegen schafft Kreativität weder Glück noch Zufriedenheit.

„Teile deine Ergebnisse doch einfach mit Freunden, Familie oder anderen kreativen Menschen in deinem Umfeld. Gemeinsam macht es doch viel mehr Spaß und es ist immer schön, sich mit anderen auszutauschen und voneinander zu lernen. Austausch und Feedback können unglaublich motivierend sein. Wer weiß, vielleicht inspirierst du ja sogar jemand anderen dazu, auch anzufangen!“

Besser nicht. Freunde und Familie sind die schlechtesten Ratgeber für das eigene Business. Sie sind dir wohlgesonnen, werden dir keine schlechte Kritik geben, weil sie es gut mit dir meinen und meistens keine Ahnung haben. Ist so.

Fazit
Finde Dich damit ab, dass es Phasen in deiner fotografischen Laufbahn geben wird, die keinen Spaß machen, die dich ausbremsen und frei sind von jedweder Kreativität. Sei versichert, dass diese Phasen vorübergehen, temporär sind und bessere Zeiten kommen werden. Früher oder später. Jeder krampfhafte Versuch, dem entgegenzutreten, wird mit noch weniger Kreativität bestraft werden. Alles hat seine Zeit. Auch die Fotografie. Und wenn du damit deinen Lebensunterhalt verdienen musst, investiere lieber die Zeit und Geld in ein wirksames Marketing, als jeden Tag irgendein Foto zu machen.

©Jürgen Pagel 2024



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