Kunst - oder wie viel ist Dein Bild wert

Jürgen Pagel

Die teuersten Fotografien der Welt

Durch Zufall stieß ich auf eine Website, in der zu Höchstpreisen versteigerte Fotografien abgebildet waren. Einmal mehr zeigt sich dabei, dass Kunst durchaus im Auge des Betrachters liegt und einzig die Bereitschaft des Ersteigernden, für eine Fotografie mehrere Millionen US-Dollar zu bezahlen, ein Bild wertvoll macht.

Um hier jedweder möglichen Urheberrechtsverletzung aus dem Weg zu gehen, würde ich Sie bitten, passend zu meinen Anmerkungen die Originalseite aufzurufen und sich die Bilder dort anzuschauen. Beispielhaft greife ich einige Bilder heraus und versehe sie mit meinen Bemerkungen zu gestalterischen Elementen der Fotografie. 
Ziel ist es nicht, diese Bilder schlecht darzustellen, sondern sie „nüchtern“ unter Regeln der Fotografie zu analysieren und Ihnen aufzuzeigen, dass jeder Fotografieren kann und es einzig und allein dem Zufall überlassen bleibt, mit welchem Wert Ihr persönliches „Kunstwerk“ gemessen werden wird.

Hier geht es zur Website:

Tobolsker Kreml (2009)
• Fotograf: Dmitri Medwedew
• Verkaufspreis: 1.750.000 $
• Datum des Verkaufs: Januar 2010
Der Name dürfte Ihnen als ehemaliger Präsident Russlands bekannt sein. Und sehr wahrscheinlich ist es nur der Name, der den Wert der Fotografie in die Höhe getrieben hat, denn diese Luftaufnahme ist wahrlich kein fotografisches Meisterwerk. Einzig allein die Tatsache, dass das Geld wohltätigen Zwecken zugeführt wurde, rechtfertigt diesen Preis.

Roter Morgen (Hass) 1977
• Photograph: Gilbert & George
• Verkaufspreis: 1.805.000 $
• Datum des Verkaufs: November 12, 2013
Als Reaktion auf die sozialistische Bewegung in Großbritannien in den Jahren 1976 und 1977 entstand dieses Bild. Eine Collage in Rot gehalten – mit einer Story dahinter – zeigt nicht mehr und nicht weniger zwei Personen im Profil mit nicht näher zu definierenden Gebäudeteilen. Das Bild hätte überall auf der Welt entstehen können und man muss schon tief in der sozialistischen Geschichte Großbritanniens verhaftet sein, um einen Zusammenhang herstellen zu können.

Ohne Titel #96 (1981)
• Fotografin: Cindy Sherman
• Verkaufspreis: 3.890.500 $
• Datum des Verkaufs: Mai 2011
Dieses Selbstprotrait von Sherman ist immerhin das zwölftteuerste jemals verkaufte Bild. Sowohl der Beschnitt wie auch die Anordnung der Motivelemente ginge in einer Fotografenschule niemals durch. Auch 1981 nicht.

An Ihre Majestät (1973)
• Fotograf: Gilbert & George
• Preis: 3.765.276 $
• Datum des Verkaufs: 30. Juni 2008
Es mag den Zeichen der damaligen Zeit geschuldet sein, sich betrinkend in 37 Einzelbildern (kaum erkennbar) selbst darzustellen. Dafür sind rd. 3.7 Millionen US-Dollar eine echte Hausnummer.

Ohne Titel (Cowboy) (2000)
• Fotograf: Richard Prince
• Verkaufspreis: 3.077.000 $
• Datum des Verkaufs: Mai 14, 2014
Dieses Foto ist überhaupt der Hammer. Ein aus dem Bild reitender Cowboy in einer umwerfend schlechten Qualität und dermaßen verrauscht (das wäre auch 2000 sicher besser gegangen), dass man schon fast „Augenkrebs“ davon bekommen könnte, diente es als Vorlage für die Malboro-Werbung (hier allerdings ohne Malboro).

Unbetiteltes Filmstill #48 (1979)
• Fotografin: Cindy Sherman
• Verkaufspreis: $2.965.000
• Datum des Verkaufs: Mai 13, 2015
Und wieder Cindy Sherman. Und wieder ein Selbstportrait. Die Geschichte hinter dem Bild ist durchaus spannend. Nur das Bild betrachtend jedoch, hätte man Sherman fotografische Fähigkeiten abgesprochen. Immerhin war es das teuerste Bild aus einer Serie.

Rhein II (1999)
• Photograph: Andreas Gursky
• Verkaufspreis: 4.338.500 $ (Verkauf bestätigt)
• Datum des Verkaufs: November 8, 2011
Einzig die Tatsache, dass dieses Bild Gebäude digital entfernt wurden – für die Zeit um 2000 eine coole Leistung und heute würde über so etwas jeder Hobbyfotograf schmunzeln, macht das Bild zu etwas Besonderem. Dennoch zeigt es nichts. Gar nichts. Man wird niemals beim Besuch des Rheins ein vergleichbares Nichts finden. Für ein Nichts sind 4.3 Mio. US-Dollar eine schöne Stange Geld. Keine einzige der gültigen Regeln wurde eingehalten. Machen Sie heute mal so ein Bild. Sie würden zerrissen werden – in der Luft bei lebendigem Leib.

Lassen Sie mich mit einem Bild der Börse iin Chicago enden – glauben Sie mir, es wird nicht besser. Gerne dürfen Sie sich selbst überzeugen, indem Sie sich die anderen Bilder auch noch anschauen.

Chicago Board of Trade (1997)
• Fotograf: Andreas Gursky
• Verkaufspreis: 2.507.755 $
• Datum des Verkaufs: Juni 23, 2013
Wie heißt es so schön: Entferne alles Überflüssige aus Deinem Bild. Dann ist es gut. Hmmm, schwierig. Es geht um die Börse, um den hektischen Umtrieb. Keine Geschichte hinter dem Bild. Einfach nur die Börse. Mir hat kürzlich jemand gesagt, ich solle nicht jeden Sch…. Fotografieren.
Doch, mache ich auch weiterhin – wer weiß, für wie viel Geld einmal meine Bilder versteigert werden?!

Fazit
Verstehen Sie mich bitte nicht falsch. Ich habe vor jedem dieser Künstler großen Respekt. Es bestätigt mich in meiner bisherigen Vermutung, dass Kunst im Auge des Betrachters liegt und das es im Grunde vollkommen egal ist, was, wen und wie Sie fotografieren. Hauptsache, Sie haben Spaß dabei. Weder die Qualität, nicht die unschlagbare Schärfe und schon mal gar nicht die Story hinter dem Bild bestimmen ansatzweise den Wert. Wenn das für Sie wichtig ist, dann beachten Sie die Kriterien, die uns die Hersteller von Kameras und Objektiven vermitteln (wollen). Den Wert eines Bildes bestimmen diese Faktoren jedoch keineswegs. Der ist nur in den Augen der Betrachter und derjenigen zu suchen, die bereit sind, Millionen US-Dollar zu bezahlen. Ein Bild ausschließlich daran zu bemessen, scheint mir allerdings auch der falsche Ansatz zu sein. 

©2024 Jürgen Pagel | Lichtwerk.Design

Neunzehn58

von Jürgen Pagel 06 Mai, 2024
Jeder Fotograf kennt Phasen, in denen man seine Kamera am liebsten in irgendeiner verstauben lassen möchte. Frust baut sich auf, die Motivation ist auf dem Tiefpunkt angelangt.
05 Mai, 2024
Warum ein Wasserzeichen bzw. eine Signatur? Grundsätzlich ist jede Fotografie urheberrechtlich geschützt. Daran ändert auch ein Verkauf des Bildes nichts. Das Urheberrecht verbleibt beim Eigentümer, dem Ersteller der Fotografie. Wird das Bild gegen den Willen (außerhalb eines Vertragswerkes) des Eigentümers verwendet, stellt dies einen Verstoß gegen das Urheberrecht dar. Der Rechteinhaber ist somit berechtigt, einen Schadensersatz geltend zu machen. Die Spanne liegt nach geltender Rechtsprechung zwischen 50-375 Euro pro Bild - je nachdem, ob das Bild gewerblich genutzt wurde oder lediglich der Urheber nicht genannt worden ist. Allerdings handelt es sich in der Rechtsprechung jeweils um Einzelfälle. Eine anwaltliche Beratung ist in jedem Fall vorzuziehen. Dabei spielt es keine Rolle, ob das Bild durch eine Signatur geschützt wurde oder nicht, denn dieser Umstand ändert nichts am Urheberrecht.
von Jürgen Pagel 29 Apr., 2024
Folgende beiden Aussagen finden sich im Netz und hört man in diversen Workshops immer wieder mit der sicherlich guten Absicht, einem Anfänger den Spaß an der Fotografie nicht zu vermiesen. Aber stimmt das wirklich oder ist nur die halbe Wahrheit. Wie so oft lautet die Antwort des vielzitierten Radio Eriwan*): „Im Prinzip ja. Aber es kommt darauf an …“. Auf was es ankommt und unter welchen Voraussetzungen diese „Weisheiten“ eine unbefriedigende Antwort darstellen, möchte ich dem nachfolgenden Beitrag erläutern.
von Jürgen Pagel 23 Apr., 2024
Die Darstellung des Hintergrundes wird maßgeblich durch die Brennweite beeinflusst. Bei gleicher Blende (hier f/2.8), die für Schärfentiefe verantwortlich ist, verändert sich die Bildwirkung bei verschiedenen Brennweiten maßgeblich.
von Jürgen Pagel 22 Apr., 2024
Ich bin mir bewusst, dass dies ein langer Text ist und viele das nicht gerne lesen. Aber keiner kann sagen „Das habe ich nicht gewusst“. Ich bin auch kein Freund von Aussagen wie „dieses Objektiv musst Du haben“ oder „das ist das Beste“ oder „kaufe diese Kamera oder keine“. Das ist alles sehr vielschichtiger, als es auf den ersten Blick den Anschein hat, und bedarf sorgfältiger Überlegungen, um nicht in die Kostenfalle zu tappen oder dem G.A.S. (Gear Acquisition Syndrome) zu verfallen.
von Jürgen Pagel 21 Apr., 2024
Food-Fotografie ist kein Hexenwerk. Jedem können großartige Food-Fotos gelingen. Statt mehrere Flat-Lays zu kaufen – diese sind im Verbund teuer (ca. 400 Euro für 5-8 Stück), reicht auch eine Tischlerplatte, die entsprechend lackiert werden kann. Anleitungen dazu finden sich im Internet. Abschatter und Reflektoren gehören zur Ausrüstung eines jeden Fotografen. Und wer sich an das Blitzen nicht herantraut, fotografiert mit Tageslicht. Der Einstieg ist einfach. Mit der nötigen Übung und immer besser werdenden Ergebnissen kommt die Professionalität.
von Jürgen Pagel 17 Apr., 2024
Im Prinzip gilt ein allgemeines Betretungsrecht der freien Landschaft. Doch das bedeutet nicht, man darf überall und jederzeit herumspazieren. So sind Naturschutzgebiete ebenso tabu wie dauerhaft genutzte Flächen, etwa Weinberge oder Obstkulturen. Das heißt, sie dürfen nur auf Wegen betreten werden. Felder, Wiesen und Weiden sind tabu, wenn sie in einer Nutzung sind. Das heißt, zwischen Aussaat und Ernte beziehungsweise bis zur Mahd hat außer dem Landwirt niemand etwas auf den Flächen zu suchen. Das gilt auch, wenn kein Zaun und kein Schild extra darauf hinweisen. Auch gilt – das ist in den Landesverordnungen geregelt – in der Brut- und Setzzeit eine Leinenpflicht für Hunde.
von Jürgen Pagel 11 Apr., 2024
Spontan ist prima. Spontan ist spannend. Aber selbst spontane Fotos bedürfen in der Kamera einer gewissen Grundeinstellung, damit es schnell geht, wenn es darauf ankommt.
von Jürgen Pagel 09 Apr., 2024
Aus "Lichtwerk.Design" wird Neunzehn58. Dieser ungewöhnliche Name hat mein Geburtsjahr als Hintergrund und findet im Internet in diesem Zusammenhang keine Verwendung - außer als Domain für den Relaunch. Das ist gut so. Nicht so gut waren häufige Verwechslungen mit dem Namen Lichtwerk.Design, den sich offensichtlich viele zu eigen gemacht haben. Meine Homepage ist (aus technischen Gründen) weiterhin auch unter https://lichtwerk.design erreichbar. Neunzehn58 wird auf diese Page weitergeleitet, so dass Sie mit beiden Webadressen zum gleichen Ziel kommen.
von Jürgen Pagel 09 Apr., 2024
… so ein paar Dinge, die müssen einfach raus. Ihr kennt das, oder? Was mir in der letzten Zeit in der Fotografieszene echt auf den Zeiger geht (inspiriert von Cliff Kapatais).
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