Scharfe Fotos

Jürgen Pagel

"Schärfe" ist kein Geheimnis - weder bei der Messerherstellung, noch beim Fotografieren.

Einleitung
Schärfe und Fokus tragen maßgeblich zur Bildwirkung bei. Entscheidend ist vor allem, ob der Fokus da sitzt, wo er sitzen soll und ob Du ihn dort auch haben willst. Nichts sollte dabei dem Zufall überlassen bleiben. Es kann auf Dauer nicht wirklich befriedigend sein, ab und zu ein scharfes Bild zu "schießen", dessen Entstehung sich jedoch nicht reproduzieren lässt.

Der Bildbearbeitung sind genau an dieser Stelle erhebliche Grenzen gesetzt. Zu dunkel? Kein Problem. Zu hell, überbelichtet? Geht manchmal auch noch zu korrigieren, wird aber schon schwieriger. Falscher Weißabgleich? Im RAW-Format fotografiert, gar kein Ding. Aber unscharf, falscher Fokus? Das kannst Du im besten Fall als Kunst durchgehen lassen, korrigieren lässt sich das nicht mehr.
Wenn es also etwas gibt, dass 100%ig sitzen muss, dann ist es der Fokus.


Und noch ein Problem kann sich auftun: auf dem Monitor zu Hause bei mehrfacher Vergrößerung zeigen sich Unschärfen viel eher, als auf dem kleiner LCD-Screen der Kamera.

Was tun?

(1) Suche Kontraste im Motiv. Am einfachsten ist es tatsächlich, wenn Du Dir kontrastreiche Stellen in Deinem Motiv suchst. Der Autofokus ist sozusagen auf Kontraste geeicht und wird bei kontrastreichen Stellen sehr viel schneller und exakter reagieren. Tut sich der Autofokus schwer, einen Kontrast zu entdecken, merkst Du das am "Pumpen" des Fokusmotors. Achte dabei auf die Schärfeebene. Durchaus hilfreich kann auch das manuelle Fokussieren sein.


(2) Beachte unbedingt die Freihandgrenze und die dazu passende Verschlusszeit. Verwendet wird beispielsweise der Kehrwert aus Brennweite und Verschlusszeit. Verwendest Du eine Brennweite von 50mm, stellst Du die Verschlusszeit auf längstens 1/50. OIS oder IBIS erlauben Dir allerdings den Bruch dieser Regel. 2-4 Stops längere Belichtungszeit, kleinere Blende oder geringere ISO sind damit ohne Weiteres möglich.


(3) Stehe stabil. Der stabile Stand wird häufig unterschätzt. Stehst Du breitbeinig, garantiert Dir das zwar Stabilität in seitlicher Richtung, aber nur wenige Millimeter nach vorne oder hinten lassen das Bild im Fokuspunkt unscharf werden. Deswegen stehe sowohl in Schrittstellung wie auch breitbeinig. Je größer die Unterstützungsfläche (der Umfang um Deine beiden Füße herum), umso stabiler und verwackelungssicherer stehst Du. Ist das a) nicht möglich oder müssen b) die Verschlusszeiten länger sein, dann verwende ein Stativ bzw. suche Dir eine Stütze für die Ellenbogen bzw. lege Dich auf den Bauch.

(4) Verwende den manuellen Fokus. Hast Du ein sehr kontrastreiches Motiv, kann es passieren, dass der Autofokus nicht genau sitzt. Vor allem sich bewegende Gräser oder Bäume können zu einem Problem werden. Verwende in solche Fällen den manuellen Fokus. Er erlaubt Dir sehr genau, eine Schärfeebene festzulegen, wobei es innerhalb dieser Ebene keine Rolle mehr spielt, ob sich etwas im Wind wiegt oder nicht.


(5) Gehe vorsichtig mit dem Auslöseknopf um. Allzu festes Drücken kann zu einem "Verziehen" der Kamera führen. Ich habe auf allen meinen Kameras konkave Auslöseknöpfe aufgeschraubt, die im Zubehörhandel erhältlich sind JJC Auslöseknopf. Ich finde, damit lassen sich die Auslöseknöpfe zumindest an meinen Fujifilm noch feinfühliger bedienen.


(6) Beachte die Naheinstellgrenze Deines Objektives. Jedes Objektiv hat eine definierte Naheinstellgrenze. Die kann je nach Objektivtyp zwischen 5 cm und 100 cm und mehr liegen. In der Objektivbeschreibung findest Du in aller Regel einen Hinweis dazu - ansonsten probiere es einfach aus. Gewesen wir immer von der Sensorebene aus (das ist dieser kleine Kreis mit dem Strich mittendurch, den Du bei den meisten Kameras auf der Oberseite findest).
Unterhalb dieser Naheinstellgrenze funktioniert Dein Autofokus nicht! Angezeigt wird Dir das durch ein rotes Feld mit einem Ausrufezeichen hinter AF. Solange das Feld nicht grün wird, ist Dein AF nicht in Funktion. Im Eifer des Gefechts kann es schon mal passieren, dass man das übersieht und sich hinterher wundert, wieso alle Bilder unscharf sind.


(7) Je nach Blende werden manche Objektive unscharf. Zum Rand hin fällt die Schärfe bei Offenbarende und maximal geschlossener Blende gerne etwas ab. Das ist meist unproblematisch - v.a. dann, wenn Du in der Bildbearbeitung sowieso eine leichte Vignette verwendest. Manche Objektive büßen allerdings in diesen Blendenstufen auch an Gesamtschärfe ein. Mache eine Blendenreihe mit einer Testkarte und Du siehst sehr schnell, in welchen Blendenstufen Dein Objektiv Schwächen hat. Beachte jedoch, dass sich bei geschlossener Blende ein anderes Phänomen zeigt, die sogenannte Beugungsunschärfe. Die lässt sich zwar in Lightroom meist recht gut korrigieren, aber bei 200 Bildern bedeutet das einen erheblichen Mehraufwand.

(8) Befestige Dein Motiv. Gerade dann, wenn Du nah ran gehst und beispielsweise Pflanzen fotografierst, ist eine kleine Klemme durchaus hilfreich. Damit kannst Du Dein Motiv "beruhigen", ohne es zu beschädigen.


(9) Es gibt Situationen, die sind sehr schwer zu fokussieren. Gegenlicht und Wind sind kaum beherrschbar. Wenn Du Schwierigkeiten hast, in diesen Situationen eine befriedigende Scharfstellung zu erzielen, dann stelle auf den manuellen Fokus um. Den perfekten Schärfepunkt erreichst Du dann unter anderem damit, dass Du Deine Körperposition ganz leicht veränderst, um den optimalen Schärfepunkt zu finden.


Ich hoffe, diese Tipps konnten Dir helfen, künftig noch schärfere Bilder zu machen.


© Jürgen Pagel LICHTWERK.DESIGN

Neunzehn58

von Jürgen Pagel 06 Mai, 2024
Jeder Fotograf kennt Phasen, in denen man seine Kamera am liebsten in irgendeiner verstauben lassen möchte. Frust baut sich auf, die Motivation ist auf dem Tiefpunkt angelangt.
05 Mai, 2024
Warum ein Wasserzeichen bzw. eine Signatur? Grundsätzlich ist jede Fotografie urheberrechtlich geschützt. Daran ändert auch ein Verkauf des Bildes nichts. Das Urheberrecht verbleibt beim Eigentümer, dem Ersteller der Fotografie. Wird das Bild gegen den Willen (außerhalb eines Vertragswerkes) des Eigentümers verwendet, stellt dies einen Verstoß gegen das Urheberrecht dar. Der Rechteinhaber ist somit berechtigt, einen Schadensersatz geltend zu machen. Die Spanne liegt nach geltender Rechtsprechung zwischen 50-375 Euro pro Bild - je nachdem, ob das Bild gewerblich genutzt wurde oder lediglich der Urheber nicht genannt worden ist. Allerdings handelt es sich in der Rechtsprechung jeweils um Einzelfälle. Eine anwaltliche Beratung ist in jedem Fall vorzuziehen. Dabei spielt es keine Rolle, ob das Bild durch eine Signatur geschützt wurde oder nicht, denn dieser Umstand ändert nichts am Urheberrecht.
von Jürgen Pagel 29 Apr., 2024
Folgende beiden Aussagen finden sich im Netz und hört man in diversen Workshops immer wieder mit der sicherlich guten Absicht, einem Anfänger den Spaß an der Fotografie nicht zu vermiesen. Aber stimmt das wirklich oder ist nur die halbe Wahrheit. Wie so oft lautet die Antwort des vielzitierten Radio Eriwan*): „Im Prinzip ja. Aber es kommt darauf an …“. Auf was es ankommt und unter welchen Voraussetzungen diese „Weisheiten“ eine unbefriedigende Antwort darstellen, möchte ich dem nachfolgenden Beitrag erläutern.
von Jürgen Pagel 23 Apr., 2024
Die Darstellung des Hintergrundes wird maßgeblich durch die Brennweite beeinflusst. Bei gleicher Blende (hier f/2.8), die für Schärfentiefe verantwortlich ist, verändert sich die Bildwirkung bei verschiedenen Brennweiten maßgeblich.
von Jürgen Pagel 22 Apr., 2024
Ich bin mir bewusst, dass dies ein langer Text ist und viele das nicht gerne lesen. Aber keiner kann sagen „Das habe ich nicht gewusst“. Ich bin auch kein Freund von Aussagen wie „dieses Objektiv musst Du haben“ oder „das ist das Beste“ oder „kaufe diese Kamera oder keine“. Das ist alles sehr vielschichtiger, als es auf den ersten Blick den Anschein hat, und bedarf sorgfältiger Überlegungen, um nicht in die Kostenfalle zu tappen oder dem G.A.S. (Gear Acquisition Syndrome) zu verfallen.
von Jürgen Pagel 21 Apr., 2024
Food-Fotografie ist kein Hexenwerk. Jedem können großartige Food-Fotos gelingen. Statt mehrere Flat-Lays zu kaufen – diese sind im Verbund teuer (ca. 400 Euro für 5-8 Stück), reicht auch eine Tischlerplatte, die entsprechend lackiert werden kann. Anleitungen dazu finden sich im Internet. Abschatter und Reflektoren gehören zur Ausrüstung eines jeden Fotografen. Und wer sich an das Blitzen nicht herantraut, fotografiert mit Tageslicht. Der Einstieg ist einfach. Mit der nötigen Übung und immer besser werdenden Ergebnissen kommt die Professionalität.
von Jürgen Pagel 17 Apr., 2024
Im Prinzip gilt ein allgemeines Betretungsrecht der freien Landschaft. Doch das bedeutet nicht, man darf überall und jederzeit herumspazieren. So sind Naturschutzgebiete ebenso tabu wie dauerhaft genutzte Flächen, etwa Weinberge oder Obstkulturen. Das heißt, sie dürfen nur auf Wegen betreten werden. Felder, Wiesen und Weiden sind tabu, wenn sie in einer Nutzung sind. Das heißt, zwischen Aussaat und Ernte beziehungsweise bis zur Mahd hat außer dem Landwirt niemand etwas auf den Flächen zu suchen. Das gilt auch, wenn kein Zaun und kein Schild extra darauf hinweisen. Auch gilt – das ist in den Landesverordnungen geregelt – in der Brut- und Setzzeit eine Leinenpflicht für Hunde.
von Jürgen Pagel 11 Apr., 2024
Spontan ist prima. Spontan ist spannend. Aber selbst spontane Fotos bedürfen in der Kamera einer gewissen Grundeinstellung, damit es schnell geht, wenn es darauf ankommt.
von Jürgen Pagel 09 Apr., 2024
Aus "Lichtwerk.Design" wird Neunzehn58. Dieser ungewöhnliche Name hat mein Geburtsjahr als Hintergrund und findet im Internet in diesem Zusammenhang keine Verwendung - außer als Domain für den Relaunch. Das ist gut so. Nicht so gut waren häufige Verwechslungen mit dem Namen Lichtwerk.Design, den sich offensichtlich viele zu eigen gemacht haben. Meine Homepage ist (aus technischen Gründen) weiterhin auch unter https://lichtwerk.design erreichbar. Neunzehn58 wird auf diese Page weitergeleitet, so dass Sie mit beiden Webadressen zum gleichen Ziel kommen.
von Jürgen Pagel 09 Apr., 2024
… so ein paar Dinge, die müssen einfach raus. Ihr kennt das, oder? Was mir in der letzten Zeit in der Fotografieszene echt auf den Zeiger geht (inspiriert von Cliff Kapatais).
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