Schon wieder neue Kameras in 2023?

Jürgen Pagel

Schon wieder neue Kameras?

Das Jahr 2023 wird wohl in die Geschichte eingehen. Mindestens 20 neue Kameras werden im Laufe des Jahres das Licht der Welt erblicken, teils mit marginalen Optimierungen, mit „Verschlimmbesserungen“, mit neuen Autofokus-Systemen (die kaum jemand wirklich braucht), mit reduzierten Systemleistungen und es ist wohl nichts dabei, das mit einer Revolution der Kameratechnik gleichkommt.

Unvollständige Übersicht inklusive der einen oder anderen Spekulation (Quellen https://www.photografix-magazin.de/ und https://www.fotowissen.eu):

  • Sony ZV-E1
  • High-End-Kamera mit APS-C-Sensor und 26 Megapixeln (Präsentation wahrscheinlich vor dem Sommer)
  • Sony A9 III
  • Sony A7c II
  • Kamera im Bereich Cine/Video
  • Noch unbekannte E-Mount-Kamera
  • Nikon Zfc
  • Nikon Z8
  • Canon EOS R8
  • Canon R50
  • Panasonic Lumix DC-S5II
  • Panasonic Lumix DC-S5IIX
  • Fujifilm GFX 100 (s) II
  • Fujifilm GFX 50R II
  • Fujifilm X100VI
  • Fujifilm X-Pro 4
  • Fujifilm X-T5
  • Fujifilm X-T5s (26 Megapixel)
  • Fujifilm X-E5
  • Fujifilm X-T40

Das Ziel hinter dieser Marketingstrategie erschließt sich nicht jedem.
Statt den Markt zu lichten, wird er immer unüberschaubarer. Ob das geeignet ist, die Smartphone-Generation dazu zu bewegen, mehr mit „richtigen“ Kameras zu fotografieren, darf angesichts der Vielzahl an Modellen bezweifelt werden. Schließlich haben sowohl Ein- wie Umsteiger die Qual der Wahl.
Und selbst ein bereits bestehender Objektiv-„Fuhrpark“ ist keineswegs ein Garant dafür, sich auf eine Marke zu fokussieren, da technische Veränderungen wie ein neues Autofokus-System oder ein Mehr an Megapixeln in den meisten Fällen den Bestand an Objektiven an die Grenze des Machbaren führen. Objektive, welche für 24 Megapixeln gerechnet sind, funktionieren hinsichtlich ihrer Abbildungsleistung nicht automatisch auch bei 40 und mehr Megapixeln. Wer sich also für einen Wechsel innerhalb eines bestehenden Mount-Systems entscheidet, muss bisweilen für neue Objektive noch einmal tief in die Tasche greifen.

Ich kann und will nicht darüber philosophieren, warum Hersteller diesen Weg gehen. Erstens, weil ich es nicht weiß und zweitens, weil ich es auch nicht beeinflussen kann. Aber eines weiß ich genau (mit Blick auf die Spec's) - im seltensten Fall sind revolutionäre Neuentwicklungen dabei. Leider werden allzu oft Fertigkeiten und Fähigkeiten neuer Kameras bewusst zurückgehalten, um Raum für ein mögliches Nachfolgemodell zu lassen – auch eine der Strategien, bei denen man sich dezent veräppelt vorkommt. Das kennen wir zur Genüge aus der Automobilindustrie.

Letztendlich ist das alles wieder ein Beleg dafür, dass es lohnt, mit dem Neukauf zu warten, weil ziemlich sicher in einem halben Jahr das nächste (bessere) Modell auf den Markt kommt – für das gleiche oder wenig mehr Geld. Ob diese selbstauferlegte Kaufzurückhaltung auf Grund der Masse an Neuerscheinungen tatsächlich von den Herstellern gewollt ist? Wohl kaum.

Nun erwarten Sie an dieser Stelle wahrscheinlich einen Ratschlag. Ich bin keineswegs ein alter Fotofuchs. Da sind andere weit voraus. Aber ein paar Dinge habe ich zwischenzeitlich durch die intensive Auseinandersetzung mit der Materie gelernt.

1. Bevor Sie sich eine neue Kamera zulegen, kaufen Sie ein besseres Objektiv als das, was Sie gerade nutzen. Da ist noch viel Luft nach oben.

2. Bevor Sie sich eine neue Kamera zulegen, studieren Sie die Spezifikation und vergleichen Sie das Modell, das Sie gerade in Nutzung haben mit dem, welches Ihnen sozusagen ins Auge sticht. Meistens sind die Unterschiede sehr gering und der Neukauf lohnt nicht, weil Sie mit der neuen Kamera keine besseren Bilder machen werden.

3. Die Begeisterung für eine neue Kamera währt nur kurz. Nachdem die erste Euphorie abgeklungen ist, wird diese von der Ernüchterung abgelöst. Der Ernüchterung, dass die Bilder nicht wirklich besser werden, dass die Schärfe vorher schon super war und eine Vergrößerung auf 400% bei der Betrachtung der Bilder den Pixelpeepern vorbehalten bleiben sollte.

4. Wenn Sie als Amateur über ein ausreichend gefülltes Bankkonto verfügen, gönne ich Ihnen einen Neukauf von Herzen. Wenn Sie Profi sind, muss sich die Neuanschaffung in kürzester Zeit amortisieren. 

5. Sie können Ihr „altes“ Modell (das Sie sich erst vor einem Jahr gekauft haben) auf einer Auktion gut verkaufen? Prima. Dann fällt das Invest deutlich geringer aus und Sie können über eine Neuanschaffung nachdenken.

6. Bevor Sie von 26 Megapixel auf 40 Megapixeln und mehr aufsteigen, bedenken Sie bitte, dass Sie für schnelle Schreibgeschwindigkeiten entsprechende Speicherkarten benötigen und diese auch auf Grund der Datenmenge schneller voll sind. Viele Kameras erreichen die werksseitig propagierten Serienbildgeschwindigkeiten nur mit dem elektronischen Verschluss und mit Verwendung einer CF-Express-Card, die nochmals mit einigen hundert Euro ein Loch in Ihr Kontor reißt. Um Videos mit 8K zu verarbeiten, reicht ein Macbook Air mit einem Apple M1-Chip nicht mehr aus – zumindest dann nicht, wenn Sie auf eine flüssige Bildbearbeitung wert legen. Auch die SSD sollte mindestens 1 TB haben – sonst ist nach einem halben Jahr Ende. Bedenken Sie auch, dass Abonnements von Adobe einen limitierten Cloud-Dienst haben, der Ihnen nur den in Ihrem Abonnement zugesicherten Speicherplatz zur Verfügung stellt. Benötigen Sie deutlich mehr und das ist unumgänglich, wird es richtig teuer – wenn das überhaupt möglich ist. So wird ein vermeintliches Schnäppchen für eine Nikon Z8 schnell zum einem „Groschengrab“. Und vergessen Sie nicht, dass eine Kamera für 5.000 Euro und mehr gut versichert sein will.

Fazit
Hersteller sind, was die Versprechen von einem Mehr an Leistung und Praktikabilität anbelangt, selbstverständlich gewinnorientiert und verschweigen gerne Faktoren, die sich negativ auf eine Kaufentscheidung auswirken könnten. Sie verkaufen Ihre Kameras nicht, um Ihnen etwas Gutes zu tun und um einen erheblichen Beitrag zu Ihrem Wohlbefinden zu leisten, sondern weil sie damit (viel) Geld verdienen. Das ist vollkommen legitim.
Es liegt an Ihnen, ob Sie mit dem, was Sie bereits Ihr Eigen nennen, glücklich und zufrieden sind bzw. werden. Gewiss hat ein Neukauf Vor- du Nachteile. Diese abzuwägen und sich für das Ihren Bedürfnissen entsprechende zu entscheiden, bleibt Ihre eigene originäre Aufgabe.
Vergleichen Sie, schauen Sie sich in YouTube mehrere Reviews an und bilden Sie sich ein eigenes Urteil. Dabei wünsche ich Ihnen viel Erfolg.

Sollten Sie Fragen haben, dürfen Sie mich gerne kontaktieren.

©2023 Jürgen Pagel | Lichtwerk.Design

Neunzehn58

von Jürgen Pagel 06 Mai, 2024
Jeder Fotograf kennt Phasen, in denen man seine Kamera am liebsten in irgendeiner verstauben lassen möchte. Frust baut sich auf, die Motivation ist auf dem Tiefpunkt angelangt.
05 Mai, 2024
Warum ein Wasserzeichen bzw. eine Signatur? Grundsätzlich ist jede Fotografie urheberrechtlich geschützt. Daran ändert auch ein Verkauf des Bildes nichts. Das Urheberrecht verbleibt beim Eigentümer, dem Ersteller der Fotografie. Wird das Bild gegen den Willen (außerhalb eines Vertragswerkes) des Eigentümers verwendet, stellt dies einen Verstoß gegen das Urheberrecht dar. Der Rechteinhaber ist somit berechtigt, einen Schadensersatz geltend zu machen. Die Spanne liegt nach geltender Rechtsprechung zwischen 50-375 Euro pro Bild - je nachdem, ob das Bild gewerblich genutzt wurde oder lediglich der Urheber nicht genannt worden ist. Allerdings handelt es sich in der Rechtsprechung jeweils um Einzelfälle. Eine anwaltliche Beratung ist in jedem Fall vorzuziehen. Dabei spielt es keine Rolle, ob das Bild durch eine Signatur geschützt wurde oder nicht, denn dieser Umstand ändert nichts am Urheberrecht.
von Jürgen Pagel 29 Apr., 2024
Folgende beiden Aussagen finden sich im Netz und hört man in diversen Workshops immer wieder mit der sicherlich guten Absicht, einem Anfänger den Spaß an der Fotografie nicht zu vermiesen. Aber stimmt das wirklich oder ist nur die halbe Wahrheit. Wie so oft lautet die Antwort des vielzitierten Radio Eriwan*): „Im Prinzip ja. Aber es kommt darauf an …“. Auf was es ankommt und unter welchen Voraussetzungen diese „Weisheiten“ eine unbefriedigende Antwort darstellen, möchte ich dem nachfolgenden Beitrag erläutern.
von Jürgen Pagel 23 Apr., 2024
Die Darstellung des Hintergrundes wird maßgeblich durch die Brennweite beeinflusst. Bei gleicher Blende (hier f/2.8), die für Schärfentiefe verantwortlich ist, verändert sich die Bildwirkung bei verschiedenen Brennweiten maßgeblich.
von Jürgen Pagel 22 Apr., 2024
Ich bin mir bewusst, dass dies ein langer Text ist und viele das nicht gerne lesen. Aber keiner kann sagen „Das habe ich nicht gewusst“. Ich bin auch kein Freund von Aussagen wie „dieses Objektiv musst Du haben“ oder „das ist das Beste“ oder „kaufe diese Kamera oder keine“. Das ist alles sehr vielschichtiger, als es auf den ersten Blick den Anschein hat, und bedarf sorgfältiger Überlegungen, um nicht in die Kostenfalle zu tappen oder dem G.A.S. (Gear Acquisition Syndrome) zu verfallen.
von Jürgen Pagel 21 Apr., 2024
Food-Fotografie ist kein Hexenwerk. Jedem können großartige Food-Fotos gelingen. Statt mehrere Flat-Lays zu kaufen – diese sind im Verbund teuer (ca. 400 Euro für 5-8 Stück), reicht auch eine Tischlerplatte, die entsprechend lackiert werden kann. Anleitungen dazu finden sich im Internet. Abschatter und Reflektoren gehören zur Ausrüstung eines jeden Fotografen. Und wer sich an das Blitzen nicht herantraut, fotografiert mit Tageslicht. Der Einstieg ist einfach. Mit der nötigen Übung und immer besser werdenden Ergebnissen kommt die Professionalität.
von Jürgen Pagel 17 Apr., 2024
Im Prinzip gilt ein allgemeines Betretungsrecht der freien Landschaft. Doch das bedeutet nicht, man darf überall und jederzeit herumspazieren. So sind Naturschutzgebiete ebenso tabu wie dauerhaft genutzte Flächen, etwa Weinberge oder Obstkulturen. Das heißt, sie dürfen nur auf Wegen betreten werden. Felder, Wiesen und Weiden sind tabu, wenn sie in einer Nutzung sind. Das heißt, zwischen Aussaat und Ernte beziehungsweise bis zur Mahd hat außer dem Landwirt niemand etwas auf den Flächen zu suchen. Das gilt auch, wenn kein Zaun und kein Schild extra darauf hinweisen. Auch gilt – das ist in den Landesverordnungen geregelt – in der Brut- und Setzzeit eine Leinenpflicht für Hunde.
von Jürgen Pagel 11 Apr., 2024
Spontan ist prima. Spontan ist spannend. Aber selbst spontane Fotos bedürfen in der Kamera einer gewissen Grundeinstellung, damit es schnell geht, wenn es darauf ankommt.
von Jürgen Pagel 09 Apr., 2024
Aus "Lichtwerk.Design" wird Neunzehn58. Dieser ungewöhnliche Name hat mein Geburtsjahr als Hintergrund und findet im Internet in diesem Zusammenhang keine Verwendung - außer als Domain für den Relaunch. Das ist gut so. Nicht so gut waren häufige Verwechslungen mit dem Namen Lichtwerk.Design, den sich offensichtlich viele zu eigen gemacht haben. Meine Homepage ist (aus technischen Gründen) weiterhin auch unter https://lichtwerk.design erreichbar. Neunzehn58 wird auf diese Page weitergeleitet, so dass Sie mit beiden Webadressen zum gleichen Ziel kommen.
von Jürgen Pagel 09 Apr., 2024
… so ein paar Dinge, die müssen einfach raus. Ihr kennt das, oder? Was mir in der letzten Zeit in der Fotografieszene echt auf den Zeiger geht (inspiriert von Cliff Kapatais).
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