Habe keine Angst - trau Dich

Jürgen Pagel

6 Tips, die Du wissen solltest.

 Es gibt drei Arten von Fotografen (wie immer verzichte ich aus Gründen der besseren Lesbarkeit auf das Gendern).

1. Der Gelegenheitsfotograf ...
auch etwas abschätzig als "Knipser" bezeichnet. Er nutzt überwiegend das Handy, verzichtet in aller Regel auf teures Equipment, speichert seine Bilder in einer Foto-App oder der Cloud und zeigt gerne in einem Gespräch die Ergebnisse seiner "Jagd". Urlaubsbilder, Katzen- und Hundefotos, vorbeifahrende Autos - vornehmlich "Erlkönige", von denen es bei uns im Schwabenländle einige gibt und lustige Szenen, die zufällig entstehen und durchaus ihren besonderen Reiz haben.

2. Der Hobbyfotograf ...
Er kauft meist teure Kameras, scheut auch nicht vor einer 2.000 Euro-Investition zurück, denkt jedoch selten an die passenden guten Objektive. Er geht mit einem 400er Zoom auf die Pirsch, ärgert sich dann jedoch, weil das 23er definitiv die bessere Wahl gewesen wäre - zumindest an diesem einen Nachmittag. Die Fotos sind ansehnlich, ab und an entdeckt man kleinere Fehler in der Belichtung oder bei der Wahl der Freistellung, der Fokus sitzt nicht immer hundertprozentig, muss er aber auch nicht. Er schaut sich unzählige Videos an, lernt sehr viel daraus und verpasst - aus welchem Grund auch immer - den Absprung in die Profikarriere. Er fotografiert die Hochzeit eines Freundes oder einer Freundin genauso gut (oder schlecht), wie das Auto des Nachbarn oder den Hund einer Bekannten. Die Fotos können sich durchaus sehen lassen - egal ob Makro-, Mikro- oder Telezoom-Fotografie, aber die Menschen, die das anschauen, wissen den Wert der Arbeit in aller Regel nicht zu schätzen - was sehr schade ist.

3. Der Profi ...
Der hauptberufliche Fotograf unterscheidet sich im Wesentlichen vom mehr oder weniger erfahrenen Hobbyfotografen, dass er mit der Fotografie sein Geld verdient. Er arbeitet Auftragsbezogen, hat das fotografische Auge, ist kreativ unterwegs und hat zumeist eine seiner Kameras stets dabei. Er weiß auf Grund seiner Erfahrung, welches Objektiv am Besten für welches Motiv geeignet ist, verfügt aber durchaus über die Fähigkeit , sich vor Ort einfach auch mal anders zu unterscheiden. Der Ausschuss - viele glauben das nicht - ist bisweilen riesig. Von 400 Fotos sind gerade einmal 10 zu verwerten. Aber das macht nix, denn diese 10 sind absolut klasse und entsprechen der Zielsetzung und dem Auftrag.
Der Profi arbeitet an und mit Projekten, macht sich vorher Gedanken über das, was er fotografieren will und hat schon eine gewisse Vorstellung im Kopf, die es umzusetzen gilt. Dennoch kann er spontan sein und jede Gelegenheit nutzen, um ein wirklich gutes Foto zu "schießen". Einfach weil er es kann und er im Grunde auch nicht wirklich viel anderes macht. Manche Profifotografen haben "nebenbei" noch einen "Hauptjob", mit dem sie ihr Geld in den Zeiten verdienen, in denen es mit der Fotografie nicht so gut läuft. Reichtum ist nämlich nahezu ausgeschlossen. Nicht unmöglich, aber Seher, sehr schwierig und zumindest das Ergebnis vieler Jahre harter Arbeit. Auch wenn manche das auf Grund gegenteiliger Berichte nicht glauben wollen.


Selbstverständlich und das ist mir sehr wichtig, gibt es Untertypen. Selbstverständlich geht das noch weiter und nach oben ist immer Luft, aber ich würde mich vorrangig auf diese drei Qualitäten festlegen wollen, weil diese den größten Teil (mehr als 75%) abdecken.


Und von den Guten unter denen, kommen letztendlich solche Tips.


HALTE DEINE KAMERA STETS BEREIT.

Sei auf der Hut - spannende, lustige, bedeutende Momente kommen schneller, als Du denkst. Wenn Du jetzt erst Deine Kamera aus den Tiefen Deines Rucksacks herauskramen musst, ist der Moment vorbei. In der Landschafts- oder Porträtfotografie ist das alles noch relativ entspannt, da Dein Motiv in aller Regel nicht wegläuft. Beim Wildlife schaut das schon anders aus und auf der Straße geht es so zackig zu, dass jede Sekunde "kriegsentscheidend" sein kann. Trage also Deine Kamera mit einer Handschlaufe am Handgelenk und so am Besten vor der Brust.


VERLASSE DAS CHAOS.
In der Stadt herrscht Chaos. Das kann gewollt sein und auch dort entstehen spannende Fotografien, aber die Anzahl der Motive wird Dich erschlagen und das Ergebnis ist zumeist ein Produkt des Zufalls. Nicht, dass das grundsätzlich schlecht wäre. Aber wirklich planbar, strukturiert läuft das selten ab. Stelle Dich etwas in's Abseits, geh' an den Rand und schaue Dir das Geschehen mit etwas größerem Abstand an. Wenn Du dann etwas entdeckst, was es wert ist, fotografiert zu werden, dann gehe näher ran oder mache das Bild mit größerem Abstand. Ein Crop geht immer - auch mit einer 24MP-Kamera.


MINIMIERE ABLENKUNGEN UND FOTOGRAFIERE ALLEIN.

Wenn Du alleine unterwegs bist, kannst Du Dich voll und ganz auf DEINE Fotografie konzentrieren. Gespräche oder die Motive des Anderen lenken ab. Deine Ideen müssen nicht den Ideen des Anderen entsprechen. Konflikte sind vorprogrammiert - außer, Ihr kennt Euch gut und lange.


HABE STETS DEIN PORTFOLIO ZUR HAND.

Gerade in der Straßenfotografie dringst Du bisweilen in die Privatsphäre anderer Menschen ein. Wenn das geschieht und es wird sich kaum vermeiden lassen, dann gehe damit sehr respektvoll um. Es kann immer wieder passieren, dass jemand sehr misstrauisch ist und Angst hat, dass er/ sie im Moment des Fotos nicht gut aussieht oder er/ sie einfach nicht möchte, dass sein Konterfei am nächsten Tag bei Meta auftaucht. Es ist ausgesprochen hilfreich - im Falle von Kritik oder einer Nachfrage, was Du da eigentlich machst, Dein Portfolio, also Deine Homepage oder Beispielfotos auf Deinem Handy können solche brenzligen Situationen meist schnell in Interesse umwandeln. Eine Visitenkarte ist auch kein Fehler.


SCHÄME DICH NICHT, DIE AUTOMATISCHEN EINSTELLUNGEN UND DAMIT DIE INTELLIGENZ DEINER KAMERA ZU NUTZEN.

Ja, ich weiß. Wir lesen an jeder Straßenecke, dass nur der Fotograf, der die manuellen Einstellungen nutzt, ein guter Fotograf ist. Das ist absoluter Unsinn. Neben dem vollautomatischen Modus, von dem ich in der Tat abrate, gibt es die Blendenautomatik (die Kamera sucht sich passend zu den voreingestellten Lichtverhältnissen und Deiner vorgegebenen Belichtungszeit die mögliche Blende) und die Zeitautomatik (die Kamera wählt die Belichtungszeit, während Du die Blende und die ISO vorgibst). Du glaubst gar nicht, wieviele Profi-Fotografen damit arbeiten. Stell Dir vor, Du siehst eine tolle Szene in der Stadt und nun beginnst Du, die Blende, die Belichtungszeit und den ISO an die Gegebenheit anzupassen. Puh. Das wird echt schwierig. Bis Du alles eingestellt hast, ist die Szene lange nicht mehr so, wie sie ein spannendes Bild ergeben hätte. Also nutze die intelligenten Einstellungen Deiner Kamera. Bei den Fujifilm-Kameras kannst Du beispielsweise drei ISO-Vorauswahlen treffen, bei denen sich die minimalste Belichtungszeit und eine ISO Deines Vertrauens programmieren lässt. Das ist in vielen Situation ausgesprochen hilfreich. Lieber ein dezent verrauschtes Bild, als gar keines.Wie bereits erwähnt, in der Landschaftsfotografie hast Du alle Zeit der Welt, ein Stativ wenn erforderlich, Deine Kamera zu positionieren und das Belichtungsdreieck zu beachten. Bis hin zu der Verwendung von entsprechenden Filtern für die Langzeitbelichtung. Der Berg oder der Baum sind in 10 Minuten auch noch da. Lerne zu unterscheiden, wann Dir der manuelle Modus gegenüber einem Automatikmodus einen eindeutigen Vorteil verschafft. Ansonsten nutze den Moment.


AKZEPTIERE FEHLER UND ZWEIFEL.

Es wird immer wieder Phasen geben, in denen Du an Dir selbst und Deinen Fähigkeiten zweifelst. Du wirst viele Fehler machen und daraus lernen. Das gehört zur Fotografie dazu, wie der Wein zu einem guten Essen. Fehler und Zweifel sind Zutaten, die aus einem gewöhnlichem Gericht etwas Besonderes machen. Akzeptiere sie und verzweifle nicht daran. Am Ende wird alles gut und wenn es noch nicht gut ist, dann ist es auch nicht das Ende.



© Jürgen Pagel LICHTWERK.DESIGN

Neunzehn58

von Jürgen Pagel 06 Mai, 2024
Jeder Fotograf kennt Phasen, in denen man seine Kamera am liebsten in irgendeiner verstauben lassen möchte. Frust baut sich auf, die Motivation ist auf dem Tiefpunkt angelangt.
05 Mai, 2024
Warum ein Wasserzeichen bzw. eine Signatur? Grundsätzlich ist jede Fotografie urheberrechtlich geschützt. Daran ändert auch ein Verkauf des Bildes nichts. Das Urheberrecht verbleibt beim Eigentümer, dem Ersteller der Fotografie. Wird das Bild gegen den Willen (außerhalb eines Vertragswerkes) des Eigentümers verwendet, stellt dies einen Verstoß gegen das Urheberrecht dar. Der Rechteinhaber ist somit berechtigt, einen Schadensersatz geltend zu machen. Die Spanne liegt nach geltender Rechtsprechung zwischen 50-375 Euro pro Bild - je nachdem, ob das Bild gewerblich genutzt wurde oder lediglich der Urheber nicht genannt worden ist. Allerdings handelt es sich in der Rechtsprechung jeweils um Einzelfälle. Eine anwaltliche Beratung ist in jedem Fall vorzuziehen. Dabei spielt es keine Rolle, ob das Bild durch eine Signatur geschützt wurde oder nicht, denn dieser Umstand ändert nichts am Urheberrecht.
von Jürgen Pagel 29 Apr., 2024
Folgende beiden Aussagen finden sich im Netz und hört man in diversen Workshops immer wieder mit der sicherlich guten Absicht, einem Anfänger den Spaß an der Fotografie nicht zu vermiesen. Aber stimmt das wirklich oder ist nur die halbe Wahrheit. Wie so oft lautet die Antwort des vielzitierten Radio Eriwan*): „Im Prinzip ja. Aber es kommt darauf an …“. Auf was es ankommt und unter welchen Voraussetzungen diese „Weisheiten“ eine unbefriedigende Antwort darstellen, möchte ich dem nachfolgenden Beitrag erläutern.
von Jürgen Pagel 23 Apr., 2024
Die Darstellung des Hintergrundes wird maßgeblich durch die Brennweite beeinflusst. Bei gleicher Blende (hier f/2.8), die für Schärfentiefe verantwortlich ist, verändert sich die Bildwirkung bei verschiedenen Brennweiten maßgeblich.
von Jürgen Pagel 22 Apr., 2024
Ich bin mir bewusst, dass dies ein langer Text ist und viele das nicht gerne lesen. Aber keiner kann sagen „Das habe ich nicht gewusst“. Ich bin auch kein Freund von Aussagen wie „dieses Objektiv musst Du haben“ oder „das ist das Beste“ oder „kaufe diese Kamera oder keine“. Das ist alles sehr vielschichtiger, als es auf den ersten Blick den Anschein hat, und bedarf sorgfältiger Überlegungen, um nicht in die Kostenfalle zu tappen oder dem G.A.S. (Gear Acquisition Syndrome) zu verfallen.
von Jürgen Pagel 21 Apr., 2024
Food-Fotografie ist kein Hexenwerk. Jedem können großartige Food-Fotos gelingen. Statt mehrere Flat-Lays zu kaufen – diese sind im Verbund teuer (ca. 400 Euro für 5-8 Stück), reicht auch eine Tischlerplatte, die entsprechend lackiert werden kann. Anleitungen dazu finden sich im Internet. Abschatter und Reflektoren gehören zur Ausrüstung eines jeden Fotografen. Und wer sich an das Blitzen nicht herantraut, fotografiert mit Tageslicht. Der Einstieg ist einfach. Mit der nötigen Übung und immer besser werdenden Ergebnissen kommt die Professionalität.
von Jürgen Pagel 17 Apr., 2024
Im Prinzip gilt ein allgemeines Betretungsrecht der freien Landschaft. Doch das bedeutet nicht, man darf überall und jederzeit herumspazieren. So sind Naturschutzgebiete ebenso tabu wie dauerhaft genutzte Flächen, etwa Weinberge oder Obstkulturen. Das heißt, sie dürfen nur auf Wegen betreten werden. Felder, Wiesen und Weiden sind tabu, wenn sie in einer Nutzung sind. Das heißt, zwischen Aussaat und Ernte beziehungsweise bis zur Mahd hat außer dem Landwirt niemand etwas auf den Flächen zu suchen. Das gilt auch, wenn kein Zaun und kein Schild extra darauf hinweisen. Auch gilt – das ist in den Landesverordnungen geregelt – in der Brut- und Setzzeit eine Leinenpflicht für Hunde.
von Jürgen Pagel 11 Apr., 2024
Spontan ist prima. Spontan ist spannend. Aber selbst spontane Fotos bedürfen in der Kamera einer gewissen Grundeinstellung, damit es schnell geht, wenn es darauf ankommt.
von Jürgen Pagel 09 Apr., 2024
Aus "Lichtwerk.Design" wird Neunzehn58. Dieser ungewöhnliche Name hat mein Geburtsjahr als Hintergrund und findet im Internet in diesem Zusammenhang keine Verwendung - außer als Domain für den Relaunch. Das ist gut so. Nicht so gut waren häufige Verwechslungen mit dem Namen Lichtwerk.Design, den sich offensichtlich viele zu eigen gemacht haben. Meine Homepage ist (aus technischen Gründen) weiterhin auch unter https://lichtwerk.design erreichbar. Neunzehn58 wird auf diese Page weitergeleitet, so dass Sie mit beiden Webadressen zum gleichen Ziel kommen.
von Jürgen Pagel 09 Apr., 2024
… so ein paar Dinge, die müssen einfach raus. Ihr kennt das, oder? Was mir in der letzten Zeit in der Fotografieszene echt auf den Zeiger geht (inspiriert von Cliff Kapatais).
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