Wir werden getrieben

Jürgen Pagel

Wir werden getrieben ...

Brauchst Du als Fotograf stets die neueste Kamera? Nein.
Brauchst Du das nächste Stativ, verbunden mit der Hoffnung, dass Du nun endlich das passende gefunden hast? Nein.
Brauchst Du das dritte 27mm-Objektiv, diesmal aber mit f/1.2 statt f/1.8? Nein.
Brauchst Du das x-te Schnellspann-System für Deine Kamerabefestigung, obwohl Dein bisher genutztes einwandfrei seinen Dienst verrichtet? Nein.
Und wie schaut’s aus mit einem neuen Kameragurt? Brauchst Du auch nicht.

Vom Unterschied zwischen brauchen und wollen.
Der Unterschied zwischen "brauchen" und "wollen" ist erheblich. Wenn man etwas braucht, bedeutet das oftmals eine gewohnheitsmäßige Abhängigkeit, die in vermeintlichen Mangelzeiten besonders spürbar wird. Man verliert die Unabhängigkeit. Im Gegensatz dazu will man etwas haben, weil damit oder deswegen die Zeit schneller vergeht oder es einen glücklich macht, ohne dass man davon abhängig ist.

Anmerkung: Ich würde sogar die These aufstellen wollen, dass „brauchen“ in die Kategorie der Berufsfotografen und „wollen“ in die Kategorie der Freizeit- und Hobbyfotografen einzuordnen wäre. Auch wenn das dem einen oder anderen zu pragmatisch erscheinen mag.

Kamerahersteller tun das, was die Aktionäre von ihnen erwarten: Marketing betreiben, neue Kameras erfinden und bauen (lassen), um diese dann schließlich an den Mann bzw. die Frau zu bringen. Das gelingt mehr oder weniger gut. Auffallend ist, dass kurz nach dem Release einer neuen Kamera oder eines neuen Objektivs bereits erste Meldungen über Lieferengpässe auftreten. Wehe dem, der Böses dabei denkt.

Sind neue Kameras und Objektive besser?
Oftmals nicht wirklich. Die Fotografie muss grundsätzlich nicht neu erfunden werden und am Belichtungsdreieck kommt niemand – auch kein noch so renommierter Hersteller – vorbei. Von Mark I zu Mark II sind die Unterschiede marginal. Leicht verbesserter Autofokus, bessere Bluetooth-Leistung. Das war’s. Von Model X zu Model Y werden die Unterschiede größer: Tieraugen-Autofokus, Eisenbahn- und Autoerkennung u.a.m., noch kürzere Belichtungszeiten und so weiter. Aber wozu das alles? Ich frage mich tatsächlich, wie ein Mensch überhaupt in der Lage war und welche besonderen, nahezu übermenschliche Fähigkeiten er besessen haben muss, vor 10 oder 15 Jahren Fotografien anzufertigen – von den Größen der Zunft vor 40 und mehr Jahren ganz zu schweigen. Klar sind die Bilder heute technisch besser. Dafür hat man 1958, 1994 und selbst Anfang der 2000er wenigstens nicht jeden Sch….. fotografiert.

Aber bei allen technischen Neuerungen – den einen oder anderen Rückschritt muss man mittlerweile hinsichtlich der Ergonomie verkraften – stellt sich dennoch regelmäßig die Frage, wer eine Fahrzeugerkennung oder einen Vogelaugen-AF braucht. Diese sind erst seit fünf oder sechs Jahren verfügbar. Und vorher? Konnte man da kein Wildlife fotografieren? Keine vorbeifahrenden Autos? Doch. Der Ausschuss war höher, aber das spielt in der Digitalfotografie im Grunde keine Rolle (einer der Gründe, warum die Digitalfotografie mit der Möglichkeit, Bilddateien auf kleinen Karten zu speichern, derart positiv beworben wurde) mehr. Und qualitativ: Kein Unterschied, wenn der Autofokus sitzt. Und ja, es funktioniert auch mit manuellen Objektiven ohne automatischer Fokusfunktion.

Über die Unterschiede zwischen Vollformat, APS-C und MFT habe ich mich ja bereits ausgelassen. Das muss an dieser Stelle nicht wiederholt werden. Alles hat seine Vor- und Nachteile – tatsächlich sind die Unterschiede für den Laien nicht erkennbar.

Für wen fotografierst Du?
Eine entscheidende Frage muss sich jeder Fotograf stellen (lassen): Für wen fotografierst Du? Als professioneller Fotograf für einen Kunden oder hobbymäßig für Dich selbst und evtl. für die Familie?
Wenn Du Profi bist, „brauchst“ Du ordentliches Handwerkszeug. Aber es gibt auch 2025 immer noch jede Menge Profis, die mit einer Nikon D850 großartige Bilder machen – vom Portrait bis zur Sportfotografie.
Wenn Du Hobbyfotograf bist, geht es um Nichts. Du kannst dreißig Bilder von dem gleichen Vogel machen. Eines wird dabei sein, wo der AF passt. Und wenn nicht, geht weder die Welt unter noch verlierst Du eine Menge Geld. 
Ich kann diesen Hype um neue Kameras durchaus nachvollziehen, aber letztendlich befeuert das nur das G.A.S. und davon leben die Hersteller und die Fotofachgeschäfte.

Fazit
Neues kaufen, wenn man es braucht – das gilt für Kameras wie für Objektive gleichermaßen. Es steht ein Auftrag mit der Anforderung einer maximal möglichen Auflösung jenseits der 50 MP und einer Bezahlung im fünfstelligen Bereich an? Dann lohnt sich der Kauf einer Fujifilm GFX100 II für 8.000 Euro zzgl. des Objektivparks oder wenn es nur einmalig ist, das Ausleihen des entsprechenden Equipments. Alles andere gehört in die Rubrik „wollen“.
Letztendlich bleibt es selbstverständlich jedem selbst überlassen, wofür er sein Geld ausgibt. Aber wer eine Ausrüstung für 20.000 Euro zu Hause oder im Studio liegen und keine oder wenig Aufträge hat, sollte, statt darüber zu jammern, einen Großteil verkaufen und sich auf das Wesentliche der Fotografie besinnen: Motivwahl, Bildgestaltung, Sinnhaftigkeit der Fotografie und die Bedeutung der Bildbearbeitung.
Mit anderen Worten: Das Gänseblümchen am Wegesrand geht auch mit kleinem Besteck.

©2025 Jürgen Pagel

Neunzehn58 Photographie

Jubelndes Publikum im gleißenden Scheinwerferlicht
von Jürgen Pagel 5. Mai 2025
Eine Sigma BF ist kein Gamechanger. Wenn ein Hersteller die Einstellungsmöglichkeiten seiner Kamera deutlich reduziert und dieses als wichtige Essenz der Fotografie verkauft, wird das angesichts des Preises von 2.400 Euro zum Marketing-Gag. Die Specs sind bescheiden und jede Einsteigerkamera für unter 1.500 Euro verfügt über die Leistung, die eine Sigma BF erbringt. Das diese aus einem Aluminiumblock gearbeitet, gefräst und geschliffen wurde, mag beeindruckend sein, aber einen Nutzen hat davon kein Fotograf. Eine Fujifilm GFX100RF begeistert mich tatsächlich auf Grund der Bildqualität und über 5.000 Euro sind für eine Mittelformat-Kamera schon fast ein Schnäppchen. Dennoch ist sie kein Gamechanger, weil sie die Motivsuche, die Bildkomposition und das Können des Fotografen zwar im positiven Sinn unterstützt, aber eben nicht ersetzen kann. Man muss sehr gut fotografieren können, um mit einer Kamera aus dieser Klasse (ohne IBIS), großartige Bilder zu erzeugen.
Fujifilm GFX100RF
von Jürgen Pagel 3. Mai 2025
Eine der meines Erachtens besten Neuerscheinungen im Jahr 2025 ist die Fujifilm GFX100RF, eine kompakte Mittelformatkamera mit einem festverbauten Objektiv.
Sony Vollformatkamera
von Jürgen Pagel 30. April 2025
Die kurze Antwort: Nicht immer. Ob ein Vollformatsensor tatsächlich einem APS-C-Sensor überlegen ist, hängt stark vom Anwendungsfall ab. Es gibt objektive Unterschiede zwischen den Sensorformaten, aber „besser“ ist nicht automatisch gleich „Vollformat“.
Computer mit Schreibkraft
von Jürgen Pagel 29. April 2025
Der Erfahrungsschatz langjähriger Fotografen gehört zu den kostbarsten und wichtigsten Ressourcen. Es muss also jedem, der an der Fotografie wirklich interessiert ist, sein eigenes Business betreibt oder betreiben möchte, in den Anfängen steht oder nach Jahren der Selbstständigkeit in alten Mustern festgefahren ist, Erfahrung und Kenntnisse von Experten möglichst ohne Umwege anzunehmen. Mithilfe von Mentoring sollen Ihre eigenen, wertvolle Erfahrungen bewahrt und erweitert werden.
Nest mit Eiern
von Jürgen Pagel 28. April 2025
Denn bei mir bekommst du keine Dumpingpreise, sondern eine wertvolle Arbeit, die dich und dein Business voranbringt. Denn bei mir erhältst du Qualität, Sorgfalt und erstklassige Arbeit, die ihr Geld WERT ist.
Apokalyptische Szene
von Jürgen Pagel 24. April 2025
Wenn Fotograf:innen extrem niedrige Preise verlangen (oft weit unter dem marktüblichen Niveau), kann das tatsächlich dazu führen, dass Kund:innen ein verzerrtes Bild vom Wert professioneller Fotografie bekommen. Das Resultat: Der Preis wird als wichtigstes Kriterium wahrgenommen – nicht die Qualität, die Erfahrung oder der Service. Das ist gefährlich für alle, die nachhaltig und professionell arbeiten möchten.
Sammlung alter Kameras und Objektive
von Jürgen Pagel 23. April 2025
Viele schwören darauf, manche lehnen sie kompromisslos ab. Sehr wahrscheinlich haben beide Gruppen unrecht. Nur weil das Objektiv alt ist, ist es nicht zwangsläufig gut. Wenn eines seinen eigenen Charakter an einer Fujifilm X-T5 entwickelt, muss das an einer Nikon Z8 nicht unbedingt auch funktionieren. Richtig ist, dass sich am technischen Vorgang der Fotografie wenig geändert hat. Richtig ist aber auch, dass die Objektive aus den 50er bis in die frühen 90er Jahre in erster Linie für analogen Film entwickelt und gefertigt wurden. Und oftmals sind sie als Massenprodukt millionenfach hergestellt worden, ohne dass man Wert auf eine herausragende Qualität gelegt hat, denn auch nach 1950 saß das Geld nicht locker und wer sich schon für ein paar hundert Mark eine Kamera leisten konnte, dem kam die Industrie mit einigermaßen günstigen Objektiven entgegen.
Blitzlicht alt
von Jürgen Pagel 21. April 2025
Einer meiner großen Vorbilder in Sachen Blitzlichtfotografie ist - wie ich schon in einem anderen Blogbeitrag erwähnte - Aki Moosmann. Am 21.04.2025 erschien ein neues Video auf seinem YouTube-Channel, dass sich wieder einmal mehr mit dem Einsatz eines Blitzes bei Outdoor-Shootings und in einer U-Bahnhaltestelle beschäftigt. gerne teile ich dieses Video mit Euch!
Portfolio Personal Branding Mann im speziellen Licht
von Jürgen Pagel 20. April 2025
Erfahre, wie Personal Branding Fotografie deine Marke stärkt. Tipps, Bildideen & Strategien für authentische Businessportraits, die wirklich wirken.
Gemüse mit Preisbeschriftung auf einem Markt
von Jürgen Pagel 20. April 2025
Lerne, wie du als Fotograf realistische und faire Preise kalkulierst. Inklusive Beispielrechnungen, Tipps zur Preisgestaltung & Stundensatz-Berechnung.
Weitere Beiträge