Woran Du erkennst, dass Du in der Fotografie besser geworden bist

Jürgen Pagel

Woran Du erkennst, dass Du in der Fotografie besser geworden bist

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Jeder Fotograf kennt Phasen, in denen man seine Kamera am liebsten in irgendeiner Ecke verstauben lassen möchte. Frust baut sich auf, die Motivation ist auf dem Tiefpunkt angelangt.

Die Ursachen können unterschiedlicher nicht sein. Da ist zum einen ein Kreativloch. Es fällt Dir einfach nichts mehr ein, was Du noch fotografieren solltest, kannst oder möchtest. Dir sind die Ideen ausgegangen. Lösungen gibt es viele. Das Internet ist volldavon. Jeder hat so seine Ideen und Vorschläge, wie man aus so einem Kreativloch wieder herauskommt. Sind wir ehrlich: die meisten Tipps kannst Du in die Tonne stecken. Auch ich kenne solche Phasen. Da ich weiß, dass es sie gibt, akzeptiere ich sie. Sie tun nämlich nicht weh und kosten im schlimmsten Fall Geld. Geld, das man ausgibt, um sich eine neue Kamera oder ein neues Objektiv zu kaufen, weil man annimmt, dass dann die Lust auf das Fotografieren wieder wie von selbst kommt. Diese Annahme ist falsch. Definitiv. Manchmal kostet es auch Geld im Sinne eines Umsatzverlustes, weil in so einer Phase blöderweise auch die Aufträge ausbleiben. Daraus entsteht eine Abwärtsspirale, die das Problem und es ist ein Problem, nicht besser macht.
Mir hilft dann lesen. So richtiges Lesen mit einem Buch. Kreative Ideen, Techniksachen, neues ausprobieren und so weiter. Nach ein paar Tagen, längstens nach zwei Wochen ist die Phase genauso wieder vorbei, wie sie gekommen ist.

Dann gibt es die Phase der Sättigung. Du hast fotografiert und fotografiert, abertausende Bilder gemacht und irgendwann ist dann auch mal gut. Du beginnst Dein Tun und Handeln zu hinterfragen und entdeckst, dass es neben der Fotografie auch noch andere großartige Dinge gibt, für die es sich lohnt, Zeit zu investieren. Eine Lösung kann hierbei eine aktive Pause sein. Vier Wochen Pause von der Fotografie. Vier Wochen mal etwas anderes machen.

Und dann gibt es eine Phase, um die es hier vorrangig gehen soll, in der Du merkst, dass Du ein besserer Fotograf geworden bist.

  • Du hast ein Verlangen nach (noch) besseren Bildern. Du fotografierst längst nicht mehr alles, weil Du erkannt hast, dass Du Deine 400 Bilder von Deinem letzten Stadtausflug mit Deiner Frau und den Kindern alle sichten und sortieren musst – was enorm viel Zeit in Anspruch nimmt. Dafür, dass am Ende 2 oder 3 Bilder übrigbleiben. Die sind dann richtig gut und Du redest Dir ein, dass diese drei Bilder es wert waren. Dem ist jedoch nicht so. Ein Trugschluss, der durch unser Selbstbelohnungssystem forciert wird. Nein, Du willst wirklich bessere Bilder und nicht mehr jeden Scheiß fotografieren.
  • Du bist unzufrieden mit Deinen alten Bildern. Am liebsten würdest Du die alle noch einmal bearbeiten. Dabei sind sie Zeugen Deiner Entwicklung. Du suchst gezielter nach Motiven, Du achtest mehr auf die Komposition, die Belichtung und die Verschlusszeiten und versuchst das Bild bereits in der Entstehung zu beeinflussen. Du überlässt wenig dem Zufall und hast bereits in dem Moment, wo Du das Motiv siehst, eine klare Vorstellung, wie das fertige Bild aussehen soll.
  • Die Art und Weise Deiner Bildbearbeitung hat sich verbessert. Sie geht schneller von der Hand, Du übertreibst es nicht mehr mit den Farben. Du bearbeitest weniger und dezenter. Du arbeitest mit Masken, setzt Highlights, führst das Auge des Betrachters dahin, wo Du das willst. Und Du weißt, wie man das macht. In Lightroom und Photoshop gleichermaßen. Du beginnst, wählerischer zu werden und entwickelst spezifische Ansprüche an Dein Bild.
  • Du fotografierst weniger. Nicht wegen der Übersättigung und auch nicht wegen einem Kreativloch, sondern weniger, weil Du wählerischer geworden bist, weil Du eben nicht mehr jeden Scheiß fotografierst, sondern vielmehr an einen Punkt kommst, an dem Du Dir sagst: „Das lohnt nicht, das haben andere schon 100.000 mal fotografiert und das wird durch mich nicht besser.“
  • Du reduzierst Deine Ausrüstung. Zu Beginn Deiner Fotografie hast Du einen Rucksack mit allen möglichen und unmöglichen Brennweiten mit Dir herumgeschleppt. 12 Kilogramm waren für Dich eine Herausforderung – je schwerer, desto besser. Mindestens zwei Kameras waren Pflicht (es könnte ja mal eine versagen). 5 Ersatzakkus (die hätten für drei Tage gereicht), einige Putztücher, Sensorcleaner, sich weit überschneidende Brennweiten. Lichtstarke, schwere Objektive mussten mit, obwohl vorher schon auf Grund der Location klar war, dass f/4.0 vollkommen ausreichend ist. Das alles gehört der Vergangenheit an. Heute ziehst Du mit einer Kamera und maximal zwei Objektiven los. Und außer einem Ersatzakku (für alle Fälle) hast Du noch ein Putztuch dabei. Das war’s und das reicht auch in 99% der Fälle.
  • Das Wichtigste zum Schluss: Du hast erkannt, dass Dich eine neue Kameraausrüstung nicht zu einem besseren Fotografen macht. Das viele noch nicht so weit sind, freut die Kameraindustrie. Aber Du wirfst ihnen kein Geld mehr in den Rachen, denn Du hast Deine Ausrüstung gefunden. Tatsächlich kenne ich einige Fotografen, die mit einer alten Fujifilm X-T1, einer X100F oder einer Nikon D850, die ja auch schon immerhin 7 Jahre alt ist, herausragende Bilder machen.
„Du kannst Dir eine bessere Bildqualität kaufen, aber keine bessere Qualität Deiner Bilder.“

Findest Du Dich in fünf oder mehr Punkten wieder? Dann bist Du ein besserer Fotograf geworden. Das ist nicht schlimm. Es tut nicht weh und es führt keineswegs unmittelbar zum Tode. Es ist auch keine Krankheit, sondern ein Umstand, über den Du Dich freuen solltest und der Dir neue Motivation verleiht, genauso weiterzumachen, wie bisher.

©2024 Jürgen Pagel | Neunzehn58.com

Neunzehn58

von Jürgen Pagel 15 Mai, 2024
Die Frage lässt sich m.E. nicht mit „besser“ oder „schlechter“ beantworten. Beide Objektiv-Varianten haben ihre Daseinsberechtigung sowie ihren Zweck. Und beide lassen sich natürlich auch kombinieren.
von Jürgen Pagel 13 Mai, 2024
Viele Wege führen bekanntlich nach Rom. So führen sicher auch mehr als sieben Regeln zu einer guten Bildgestaltung und bekanntermaßen sind Regeln dazu da, gebrochen zu werden – wenn man sie kennt. Nur dann! Aber bestimmt ist es Dir bei der Betrachtung von Bildern – ohne daran öffentlich Kritik zu üben – aufgefallen, dass manche Dich unmittelbar ansprechen und andere nicht. Schaut man in die einschlägigen Anfänger-Foren, findet man entweder (zu) stark bearbeitete oder gar nicht entwickelte Fotos. Selten sind welche dabei, bei denen man den Eindruck gewinnt, dass der- oder diejenige verstanden hat, um was es eigentlich bei einem Bild geht. Fotografieren ist lebenslanges Lernen, weil sich die Technik ändert und Anpassungen erfordert, weil man sich selbst als Mensch, als Person weiterentwickelt und somit auch einen starken Einfluss auf seine eigenen Bilder nimmt – letztendlich auch die Bilder anderer anders wahrnimmt. Als Anfänger tendiert man (komischerweise) fast immer zu einer zu starken Bearbeitung.
05 Mai, 2024
Warum ein Wasserzeichen bzw. eine Signatur? Grundsätzlich ist jede Fotografie urheberrechtlich geschützt. Daran ändert auch ein Verkauf des Bildes nichts. Das Urheberrecht verbleibt beim Eigentümer, dem Ersteller der Fotografie. Wird das Bild gegen den Willen (außerhalb eines Vertragswerkes) des Eigentümers verwendet, stellt dies einen Verstoß gegen das Urheberrecht dar. Der Rechteinhaber ist somit berechtigt, einen Schadensersatz geltend zu machen. Die Spanne liegt nach geltender Rechtsprechung zwischen 50-375 Euro pro Bild - je nachdem, ob das Bild gewerblich genutzt wurde oder lediglich der Urheber nicht genannt worden ist. Allerdings handelt es sich in der Rechtsprechung jeweils um Einzelfälle. Eine anwaltliche Beratung ist in jedem Fall vorzuziehen. Dabei spielt es keine Rolle, ob das Bild durch eine Signatur geschützt wurde oder nicht, denn dieser Umstand ändert nichts am Urheberrecht.
von Jürgen Pagel 29 Apr., 2024
Folgende beiden Aussagen finden sich im Netz und hört man in diversen Workshops immer wieder mit der sicherlich guten Absicht, einem Anfänger den Spaß an der Fotografie nicht zu vermiesen. Aber stimmt das wirklich oder ist nur die halbe Wahrheit. Wie so oft lautet die Antwort des vielzitierten Radio Eriwan*): „Im Prinzip ja. Aber es kommt darauf an …“. Auf was es ankommt und unter welchen Voraussetzungen diese „Weisheiten“ eine unbefriedigende Antwort darstellen, möchte ich dem nachfolgenden Beitrag erläutern.
von Jürgen Pagel 23 Apr., 2024
Die Darstellung des Hintergrundes wird maßgeblich durch die Brennweite beeinflusst. Bei gleicher Blende (hier f/2.8), die für Schärfentiefe verantwortlich ist, verändert sich die Bildwirkung bei verschiedenen Brennweiten maßgeblich.
von Jürgen Pagel 22 Apr., 2024
Ich bin mir bewusst, dass dies ein langer Text ist und viele das nicht gerne lesen. Aber keiner kann sagen „Das habe ich nicht gewusst“. Ich bin auch kein Freund von Aussagen wie „dieses Objektiv musst Du haben“ oder „das ist das Beste“ oder „kaufe diese Kamera oder keine“. Das ist alles sehr vielschichtiger, als es auf den ersten Blick den Anschein hat, und bedarf sorgfältiger Überlegungen, um nicht in die Kostenfalle zu tappen oder dem G.A.S. (Gear Acquisition Syndrome) zu verfallen.
von Jürgen Pagel 21 Apr., 2024
Food-Fotografie ist kein Hexenwerk. Jedem können großartige Food-Fotos gelingen. Statt mehrere Flat-Lays zu kaufen – diese sind im Verbund teuer (ca. 400 Euro für 5-8 Stück), reicht auch eine Tischlerplatte, die entsprechend lackiert werden kann. Anleitungen dazu finden sich im Internet. Abschatter und Reflektoren gehören zur Ausrüstung eines jeden Fotografen. Und wer sich an das Blitzen nicht herantraut, fotografiert mit Tageslicht. Der Einstieg ist einfach. Mit der nötigen Übung und immer besser werdenden Ergebnissen kommt die Professionalität.
von Jürgen Pagel 17 Apr., 2024
Im Prinzip gilt ein allgemeines Betretungsrecht der freien Landschaft. Doch das bedeutet nicht, man darf überall und jederzeit herumspazieren. So sind Naturschutzgebiete ebenso tabu wie dauerhaft genutzte Flächen, etwa Weinberge oder Obstkulturen. Das heißt, sie dürfen nur auf Wegen betreten werden. Felder, Wiesen und Weiden sind tabu, wenn sie in einer Nutzung sind. Das heißt, zwischen Aussaat und Ernte beziehungsweise bis zur Mahd hat außer dem Landwirt niemand etwas auf den Flächen zu suchen. Das gilt auch, wenn kein Zaun und kein Schild extra darauf hinweisen. Auch gilt – das ist in den Landesverordnungen geregelt – in der Brut- und Setzzeit eine Leinenpflicht für Hunde.
von Jürgen Pagel 11 Apr., 2024
Spontan ist prima. Spontan ist spannend. Aber selbst spontane Fotos bedürfen in der Kamera einer gewissen Grundeinstellung, damit es schnell geht, wenn es darauf ankommt.
von Jürgen Pagel 09 Apr., 2024
Aus "Lichtwerk.Design" wird Neunzehn58. Dieser ungewöhnliche Name hat mein Geburtsjahr als Hintergrund und findet im Internet in diesem Zusammenhang keine Verwendung - außer als Domain für den Relaunch. Das ist gut so. Nicht so gut waren häufige Verwechslungen mit dem Namen Lichtwerk.Design, den sich offensichtlich viele zu eigen gemacht haben. Meine Homepage ist (aus technischen Gründen) weiterhin auch unter https://lichtwerk.design erreichbar. Neunzehn58 wird auf diese Page weitergeleitet, so dass Sie mit beiden Webadressen zum gleichen Ziel kommen.
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