Das "Ofenrohr"

Jürgen Pagel

Ein Ofenrohr an einer Kamera?

Ja, das gibt's. Wie man auf dem Bild oben (an einer X-T4) sieht. Dabei handelt es sich um das legendäre 70-210mm f/4.0 - eines der meist produziertesten Teleobjektive in den frühen 80ziger Jahren.
Reviews sind ja nicht so mein Ding, aber dieses Objektiv hat es mir angetan. "Haben will" - war mein erster Gedanke, als ich es vor ein paar Wochen entdeckte. Als Minolta-Fan - ich habe fast alle Objektive der manuellen Baureihe in nahezu allen Lichtstärken, die ich immer wieder gerne an meinen Fujifilm-Kameras zum Einsatz bringe - musste das "Ofenrohr" unbedingt die Sammlung vervollständigen.

Das Minolta 70-210mm f/4.0 bringt rund 400 Gramm auf die Waage, zusammen mit der X-T4 ergibt sich ein Gesamtgewicht von 1,35 Kilogramm - ein ordentlicher Brummer, der hoffentlich nicht den ganzen Tag getragen werden will. Sonst gibt es einen langen Arm - dafür kräftige Schultern.

Die Gesamtlänge inklusive anklippbarer Gegenlichtblende beträgt stolze 21 cm (ohne MD-FX Adapter). Der Vergleich mit einem Ofenrohr ist also zulässig.

Die Lichtstärke ist ok. Es gibt deutlich schlechtere Röhren. Der Preis überraschend niedrig. Ich habe es - wie übrigens fast alle Minolta-Objektive - bei Grainlab in Essen bestellt. Dort war es mit 169 Euro kein Schnäppchen, dank einer vorhandenen Gutschrift "nur" 48 Euro, dafür neuwertig und Top in Schuss. Ein Grund mehr, bei einem Fachhändler zu kaufen - man weiß, was man bekommt. Und Herr Knak ist auch ausgesprochen nett und definitiv der Händler meines Vertrauens, wenn es um Altglas und alte SLR's geht.

Was ich persönlich absolut bestechend finde, ist der Makrobereich von 1:3.9 (was m.E. vollkommen zur Genüge gereicht) und das sowohl die Fokussierung wie auch der Zoom durch Drehen und Schieben des Tubus in einem "Rutsch" funktioniert und zwar einwandfrei. So wird das Teil nicht noch länger und die 12 Linsen in 9 Gruppen verrichten tadellos ihre Aufgabe.

Die Abbildungsleistung ist für ein Objektiv dieser Alters erstaunlich gut. Bei "Offenblende 4.0" zeigen sich - wie allerdings bei fast allen Objektiven - leichte Schwächen hinsichtlich chromatischer Aberrationen und der Schärfe. Die sind allerdings ab f/ 5.6 deutlich weniger und bei f/8.0 verschwunden. Auch in den Randbereichen zeigen sich keine Abdunklungen. Vignettierung kommt also praktisch nicht vor. Insgesamt also nichts, was sich nicht in Lightroom spielerisch beseitigen ließe.

Ich habe zum Test eine Blendenreihe gemacht, bei der ich die Brennweite auf 70mm belassen und die ISO im ersten Durchgang bei 160 habe stehen lassen. Der Kamera habe ich die Zeiteinstellung überlassen. Bis auf die bereits oben beschriebenen Tatsachen, war das Ergebnis wirklich gut. Natürlich geht das immer noch einen Tick schärfer (bei 200% betrachtet), aber im "Normalmodus" fallen die kleinen Schwächen bis f/5.6 nicht auf. Ich persönlich bin kein "Pixel-Peeper", der krampfhaft nach Schwächen eines Objektivs sucht. Im Praxisalltag, und praktisch war der Test bei Regen und Sturmböen auf jeden Fall, ist alles super.

Auf Grund des starken Windes habe ich dann die Verschlusszeiten reduziert, in dem ich die ISO bis auf 6.400 erhöht habe. Bis 3.200 ist alles im Rahmen. Dann setzt das Rauschen massiv ein, was allerdings der Kamera und nicht dem Objektiv geschuldet ist.

Alle Beispielbilder sind selbstverständlich unbearbeitet und kamen RAW direkt aus der Kamera.

Der Fokus lag jeweils oben rechts auf dem Lüftungskasten (auf die Darstellung der f/32 habe ich verzichtet, da kein Unterschied zur f/22)

Der Fokus lag erneut oben rechts auf dem Lüftungskasten (auf die Darstellung der f/32 habe ich verzichtet, da kein Unterschied zur f/22).

Fazit
Wie die Beispielbilder zeigen, ist die Abbildungsleistung wirklich sehr gut. Bedenken sollte man jedoch, dass es sich um ein rein manuelles Objektiv handelt, dass aus der freien Hand gehalten auf Grund des relativ hohen Gewichts zur Verwackelung und damit zur Bewegungsunschärfe tendiert. Selbst mit einer X-T4 mit einem 5-Achsen-IBIS wird das bei Blende 11 oder 16 bei schlechten Lichtverhältnissen ein Glücksspiel. Aber auf einem Stativ oder bis f/8 frei Hand ist das ein Objektiv, bei dem sich der Geldbeutel freut und sich die Ergebnisse durchaus sehen lassen können.


© Jürgen Pagel 2022 LICHTWERK.DESIGN

Neunzehn58

von Jürgen Pagel 06 Mai, 2024
Jeder Fotograf kennt Phasen, in denen man seine Kamera am liebsten in irgendeiner verstauben lassen möchte. Frust baut sich auf, die Motivation ist auf dem Tiefpunkt angelangt.
05 Mai, 2024
Warum ein Wasserzeichen bzw. eine Signatur? Grundsätzlich ist jede Fotografie urheberrechtlich geschützt. Daran ändert auch ein Verkauf des Bildes nichts. Das Urheberrecht verbleibt beim Eigentümer, dem Ersteller der Fotografie. Wird das Bild gegen den Willen (außerhalb eines Vertragswerkes) des Eigentümers verwendet, stellt dies einen Verstoß gegen das Urheberrecht dar. Der Rechteinhaber ist somit berechtigt, einen Schadensersatz geltend zu machen. Die Spanne liegt nach geltender Rechtsprechung zwischen 50-375 Euro pro Bild - je nachdem, ob das Bild gewerblich genutzt wurde oder lediglich der Urheber nicht genannt worden ist. Allerdings handelt es sich in der Rechtsprechung jeweils um Einzelfälle. Eine anwaltliche Beratung ist in jedem Fall vorzuziehen. Dabei spielt es keine Rolle, ob das Bild durch eine Signatur geschützt wurde oder nicht, denn dieser Umstand ändert nichts am Urheberrecht.
von Jürgen Pagel 29 Apr., 2024
Folgende beiden Aussagen finden sich im Netz und hört man in diversen Workshops immer wieder mit der sicherlich guten Absicht, einem Anfänger den Spaß an der Fotografie nicht zu vermiesen. Aber stimmt das wirklich oder ist nur die halbe Wahrheit. Wie so oft lautet die Antwort des vielzitierten Radio Eriwan*): „Im Prinzip ja. Aber es kommt darauf an …“. Auf was es ankommt und unter welchen Voraussetzungen diese „Weisheiten“ eine unbefriedigende Antwort darstellen, möchte ich dem nachfolgenden Beitrag erläutern.
von Jürgen Pagel 23 Apr., 2024
Die Darstellung des Hintergrundes wird maßgeblich durch die Brennweite beeinflusst. Bei gleicher Blende (hier f/2.8), die für Schärfentiefe verantwortlich ist, verändert sich die Bildwirkung bei verschiedenen Brennweiten maßgeblich.
von Jürgen Pagel 22 Apr., 2024
Ich bin mir bewusst, dass dies ein langer Text ist und viele das nicht gerne lesen. Aber keiner kann sagen „Das habe ich nicht gewusst“. Ich bin auch kein Freund von Aussagen wie „dieses Objektiv musst Du haben“ oder „das ist das Beste“ oder „kaufe diese Kamera oder keine“. Das ist alles sehr vielschichtiger, als es auf den ersten Blick den Anschein hat, und bedarf sorgfältiger Überlegungen, um nicht in die Kostenfalle zu tappen oder dem G.A.S. (Gear Acquisition Syndrome) zu verfallen.
von Jürgen Pagel 21 Apr., 2024
Food-Fotografie ist kein Hexenwerk. Jedem können großartige Food-Fotos gelingen. Statt mehrere Flat-Lays zu kaufen – diese sind im Verbund teuer (ca. 400 Euro für 5-8 Stück), reicht auch eine Tischlerplatte, die entsprechend lackiert werden kann. Anleitungen dazu finden sich im Internet. Abschatter und Reflektoren gehören zur Ausrüstung eines jeden Fotografen. Und wer sich an das Blitzen nicht herantraut, fotografiert mit Tageslicht. Der Einstieg ist einfach. Mit der nötigen Übung und immer besser werdenden Ergebnissen kommt die Professionalität.
von Jürgen Pagel 17 Apr., 2024
Im Prinzip gilt ein allgemeines Betretungsrecht der freien Landschaft. Doch das bedeutet nicht, man darf überall und jederzeit herumspazieren. So sind Naturschutzgebiete ebenso tabu wie dauerhaft genutzte Flächen, etwa Weinberge oder Obstkulturen. Das heißt, sie dürfen nur auf Wegen betreten werden. Felder, Wiesen und Weiden sind tabu, wenn sie in einer Nutzung sind. Das heißt, zwischen Aussaat und Ernte beziehungsweise bis zur Mahd hat außer dem Landwirt niemand etwas auf den Flächen zu suchen. Das gilt auch, wenn kein Zaun und kein Schild extra darauf hinweisen. Auch gilt – das ist in den Landesverordnungen geregelt – in der Brut- und Setzzeit eine Leinenpflicht für Hunde.
von Jürgen Pagel 11 Apr., 2024
Spontan ist prima. Spontan ist spannend. Aber selbst spontane Fotos bedürfen in der Kamera einer gewissen Grundeinstellung, damit es schnell geht, wenn es darauf ankommt.
von Jürgen Pagel 09 Apr., 2024
Aus "Lichtwerk.Design" wird Neunzehn58. Dieser ungewöhnliche Name hat mein Geburtsjahr als Hintergrund und findet im Internet in diesem Zusammenhang keine Verwendung - außer als Domain für den Relaunch. Das ist gut so. Nicht so gut waren häufige Verwechslungen mit dem Namen Lichtwerk.Design, den sich offensichtlich viele zu eigen gemacht haben. Meine Homepage ist (aus technischen Gründen) weiterhin auch unter https://lichtwerk.design erreichbar. Neunzehn58 wird auf diese Page weitergeleitet, so dass Sie mit beiden Webadressen zum gleichen Ziel kommen.
von Jürgen Pagel 09 Apr., 2024
… so ein paar Dinge, die müssen einfach raus. Ihr kennt das, oder? Was mir in der letzten Zeit in der Fotografieszene echt auf den Zeiger geht (inspiriert von Cliff Kapatais).
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