Die Macht des Bildes

Jürgen Pagel

Die Macht des Bildes

Momentaufnahmen gehen um die Welt und prägen die Erinnerungen ganzer Nationen. 
Wer erinnert sich nicht an das Bild des „Napalm-Mädchens“ aus dem Jahre 1972?

„Was ist fragiler als ein kleines, nacktes, neunjähriges Mädchen mitten in einem völlig absurden Kontext - nämlich auf offener Straße umgeben von Militärpersonal“.
Michael Ebert, Experte für Fotografiegeschichte

Es sei die perfekte Millisekunde gewesen, in der der junge, aber erfahrene Reporter Nick Ut mit seiner Leica M2 abgedrückt habe. 
Eigentlich zeigt Ut‘s Aufnahme einen größeren Ausschnitt der Szene. Das ursprüngliche Kleinbildformat des Fotos mit der Nummer 7A wird aber bereits im AP-Büro in Saigon passend für das Zeitungsformat beschnitten: Kim Phuc rückt dabei in die Mitte - und gibt der Aufnahme die bis heute gelobte Energie.
Ich verzichte an dieser Stelle aus urheberrechtlichen Gründen auf die Veröffentlichung des zugehörigen Bildes.

Fotos können so viele unterschiedliche Emotionen in Menschen auslösen, dass die Wirkungskraft dahinter, wie eine Welle über den Globus rollt.

Der Ukraine-Krieg wäre mit all seinem Leid, den er über die Menschen bringt, bei weitem nicht so eindrucksvoll. Bilder zerstörter Häuser und Landschaften hinterlassen Erinnerungen.
In Menschen, die schon mal einen Krieg erlebt haben, werden Erinnerungen an diese schreckliche Zeit geweckt – durch Bilder deutlich intensiver als durch Erzählungen.


Warum haben Bilder eine Macht?

Warum üben Bilder eine derartige Wirkung aus? Da spielt zum einen die bloße Visualität eine Rolle. Auch wenn Worte ihre Wirkung nicht verfehlen, haben Bilder einen Vorteil. Sie wirken unmittelbar auf das Bewusstsein. Eine Verarbeitung beim Prozess der Kognition ist bei ihnen nicht notwendig. 


Erinnerungen und berühmte Fotografien

Fotos der feiernden Menschen auf der bröckelnden Berliner Mauer, der schwebende Astronaut als erster Mensch auf dem Mond oder die Frau, die bei einer Anti-Kriegs-Demonstration Blumen in die Gewehrläufe der Soldaten steckte. Diese Fotos kommen uns unmittelbar ins Gedächtnis, wenn wir an die dazugehörigen Ereignisse denken.

Symbolträchtige Fotos gibt es zu jeder Begebenheit von weltgeschichtlicher Relevanz. Bemerkenswert ist daran aber auch, dass diese Bilder unsere Erinnerung wesentlich stärker prägen als die komplexen Zusammenhänge des Ereignisses selbst.


Der Einfluss von Bildern

Anders als Sprache oder Schrift, beides konstruierte Kommunikationsformen, können wir Bilder unmittelbar und intuitiv wahrnehmen. Der grundlegende Inhalt eines Bildes wird in nur 01,1 Sekunden erfasst. Gleichzeitig können wir größere Mengen an Bildern „speichern“. Wir erinnern uns an bildhafte Informationen auch nach Tagen noch wesentlich besser als an geschriebenen Text.

Visuelle Reize spielen bei der Abspeicherung von Erfahrungen, Erinnerungen und Informationen eine zentrale Rolle. Ein Bild nehmen wir individuell und subjektiv wahr. Dabei gibt es bestimmte Merkmale und Kriterien, welche den Gesamtkontext des Ereignisses beeinflussen.



Wahrnehmung von Bildern im Kontext der Psychologie

Es gibt mehrere Gründe, weshalb manche Bilder in unserem Gedächtnis haften und andere wiederum wenig Einfluss haben. Das wichtige Element – von Fotografen gezielt eingesetzt – ist Farbe.

Verschiedene Farbtöne werden unterschiedlich interpretiert. Ein Schwarz-Weiß-Bild erzeugt eine gewisse Dramatik. Bilder in warmen Tönen vermitteln Wärme und Geborgenheit. Kalte Farben unterstreichen die neutrale Wirkung eines Bildes. Dabei nutzt nicht nur die Pressefotografie farbenpsychologische Effekte, sondern vor allem die Werbebranche. Anzeigen sollen schnell und unvermittelt das Unterbewusstsein erreichen und potenzielle Käuferinnen und Käufer animieren, zu kaufen.

Die Botschaften, die dabei mittels Fotografien transportiert werden sollen, sind dabei sehr unterschiedlich. Das geht von Sachlichkeit, Seriosität und Business bis hin zur Unterstützung emotionaler Kaufentscheidungen.


Jeder professionelle Fotograf kennt die Wirkung von Farbe in seinen Bildern und setzt diese der beabsichtigten Wirkung entsprechend ein.


Möglichkeiten der Bildgestaltung

Um die Wirkung eines Bildes zu beeinflussen, bedienen wir uns nicht nur der Farbe, sondern wenden auch andere Kriterien an, um die Bildwirkung zu unterstützen.
Dazu gehören die Perspektive (Frosch-, Normal- oder Vogelperspektive), der Bildausschnitt (gerichtete Aufmerksamkeit), der Kontextbezug (Assoziation sich verbindender Bildelemente), das Licht (wahrscheinlich der wesentlichste Faktor in der Fotografie – gezielter Lichteinsatz, um bestimmte Elemente des Bildes hervorzuheben sowie die Gesamtlichtwirkung) sowie die überaus wichtige Bildbearbeitung mittels (beispielsweise) Photoshop, Lightroom, Topaz AI (inklusive dem Einsatz von Filtern).


Produktfotografie

In der Produktfotografie gilt es, den zu fotografierenden (oder zu filmenden) Gegenstand so zu präsentieren, dass der potenzielle Kunde sofort und unvermittelt eine Kaufentscheidung trifft. Hier gelten andere Regeln, als in der „normalen“ Fotografie – durch die richtige Inszenierung hat das Bild in der Regel kaum noch etwas mit der Wirklichkeit zu tun. Dennoch soll das Foto realistisch und natürlich wirken. 

Dabei ist die Produktfotografie ebenso manipulativ wie die Fashionfotografie, bei der Kleidung und Accessoire kaufanimierend zur Schau gestellt wird. 

Professionelle Fotografen wissen, welche Methoden der Bildmanipulation dem Absatz zuträglich sind. Die spätestens seit Anfang 2023 vieldiskutierte KI (Künstliche Intelligenz) ist hierbei ein Hilfsmittel, das den Fotografen keinesfalls ersetzt, jedoch seine Arbeitsweise, seinen Workflow wesentlich beeinflusst.


Schein und Wirklichkeit

Uns allen muss bewusst sein, dass der Einfluss von Bildern erheblich ist. Allzu leicht lassen wir uns von Bildern beeindrucken und beeinflussen – positiv wie negativ. Ein Produktkatalog – egal ob dieser in Papierform oder Online zum Einsatz kommt – ist ohne Bilder dieser Produkte nicht vorstellbar.
Geschichtliche Ereignisse sind auch noch Jahren in unserer Erinnerung – in Form von Bildern, denn den Text dazu haben wir längst vergessen.

Eine Homepage ohne markante und die CI (Corporate Identity) bestimmende Bilder, findet weder beim Leser/ Betrachter noch in Suchmaschinen Beachtung. Die sogenannten sozialen Medien hätten ohne Bilder nicht die Bedeutung erlangt, die ihnen heutzutage zugesprochen wird. Diese Bilder haben Macht – auch wenn die durchschnittliche Betrachtungsdauer nur 0,5 Sekunden beträgt.


Fazit

Was Fotos zeigen, ist nicht immer die Wahrheit. Gleichzeitig lassen sich gezielt eingesetzte Bilder nutzen, um Emotionen zu erzeugen, zu beeindrucken und uns wesentlich zu beeinflussen. Es wäre falsch, diese Chance nicht zu nutzen, bedingt jedoch stets die kritische Auseinandersetzung mit dem Bildmaterial, dessen Herkunft und dessen Macht.


©2023 Jürgen Pagel | Lichtwerk.Design

Neunzehn58 Photographie

Frau auf E-Scooter
von Jürgen Pagel 7. Juni 2025
Nur zwei Wochen mit dem E-Scooter (Segway Ninebot Max G3) zeigen mir als Radfahrer wichtige Unterschiede hinsichtlich Agilität, Lenk- und Bremsverhalten auf, die VOR der ersten Fahrt oder dem ersten Bodenkontakt wichtig wären zu wissen.
Ski fahrende Kinder
von Jürgen Pagel 2. Juni 2025
Anfänger erhalten viele Empfehlungen, die nur schwer umzusetzen sind, weil sie ein Mindestmaß an technischem Verständnis voraussetzen. Ok, das Belichtungsdreieck sollte tatsächlich verinnerlicht sein. Aber vieles andere überfordert. Die Folge ist häufig misslungene Bilder, die trotzdem den Weg in die sozialen Medien finden – mit der Konsequenz teils harscher Kritik, welche nicht gerade dazu motiviert, weiter zu fotografieren. Deswegen habe ich fünf Tipps für Dich als Einsteiger und Anfänger in der Fotografie, die Dir helfen werden, Dich mehr mit Deinen Bildern und Deiner Kamera auseinanderzusetzen und die dazu geeignet sind, Deine Bilder mit der Kamera besser zu machen, die Du gerade zur Hand hast.
E-Scooter in Reih und Glied
von Jürgen Pagel 2. Juni 2025
Ein kurzes Resümee nach hundert Kilometern. Ich habe mir den E-Scooter von Segway nicht gekauft, um umweltschonend unterwegs zu sein. Denn der muss mit Strom geladen werden, der zwar aus meiner Öko-Steckdose kommt, aber ich habe weder eine Solaranlage auf dem Dach, noch erzeuge ich den Strom dafür durch Treten auf dem Fahrrad-Hometrainer. Und hergestellt werden musste er ja auch - mit Aluminium, seltenen Erden und anderem mehr.
Fantasy Göttin
von Jürgen Pagel 1. Juni 2025
Diesmal geht es um die Aussagen, die häufig als Lösung für das „richtige“ Fotografieren oder für Krisensituationen verkauft werden. Eine kritische Betrachtung tut Not und jeder, der sich in einer fotografischen Krise befindet, sollte sich bewusst sein, dass Phrasen schnell gedroschen sind und meist dazu dienen, schnelle, universelle und dennoch selten funktionierende Lösungen zu verkaufen. Deswegen beachtet bitte, dass ich keine Tipps geben möchte, was richtig oder falsch ist. Es ist stets eine individuelle Betrachtung erforderlich, um Ratschläge zu geben und die eigenen Erfahrungen müssen nicht zu dem passen, was Du im Besonderen erwartest.
Frau auf E-Scooter
von Jürgen Pagel 21. Mai 2025
Als Fotograf mobil unterwegs: Warum ein E-Scooter wie der Segway Max G3 D ein echter Vorteil im Fotoalltag ist. Flexibler arbeiten, neue Locations erreichen und Gelenke schonen – erfahre, wie moderne Mobilität die Fotografie verändert.
Drachen Mythos
von Jürgen Pagel 18. Mai 2025
Mythen sind traditionelle Erzählungen, die sich Menschen seit Jahrhunderten erzählen, um die Welt, das Leben oder bestimmte Phänomene zu erklären. Sie stammen oft aus frühen Kulturen und Religionen und haben meist einen symbolischen, belehrenden oder erklärenden Charakter. In der Fotografie halten sich viele Mythen hartnäckig. Sie stammen überwiegend aus einer Zeit, in der die Kamera- und die Technik des Fotografierens in den Kinderschuhen steckte, wie beispielsweise „Wenn die Sonne lacht, nimm‘ Blende 8“.
Jubelndes Publikum im gleißenden Scheinwerferlicht
von Jürgen Pagel 5. Mai 2025
Eine Sigma BF ist kein Gamechanger. Wenn ein Hersteller die Einstellungsmöglichkeiten seiner Kamera deutlich reduziert und dieses als wichtige Essenz der Fotografie verkauft, wird das angesichts des Preises von 2.400 Euro zum Marketing-Gag. Die Specs sind bescheiden und jede Einsteigerkamera für unter 1.500 Euro verfügt über die Leistung, die eine Sigma BF erbringt. Das diese aus einem Aluminiumblock gearbeitet, gefräst und geschliffen wurde, mag beeindruckend sein, aber einen Nutzen hat davon kein Fotograf. Eine Fujifilm GFX100RF begeistert mich tatsächlich auf Grund der Bildqualität und über 5.000 Euro sind für eine Mittelformat-Kamera schon fast ein Schnäppchen. Dennoch ist sie kein Gamechanger, weil sie die Motivsuche, die Bildkomposition und das Können des Fotografen zwar im positiven Sinn unterstützt, aber eben nicht ersetzen kann. Man muss sehr gut fotografieren können, um mit einer Kamera aus dieser Klasse (ohne IBIS), großartige Bilder zu erzeugen.
Fujifilm GFX100RF
von Jürgen Pagel 3. Mai 2025
Eine der meines Erachtens besten Neuerscheinungen im Jahr 2025 ist die Fujifilm GFX100RF, eine kompakte Mittelformatkamera mit einem festverbauten Objektiv.
Sony Vollformatkamera
von Jürgen Pagel 30. April 2025
Die kurze Antwort: Nicht immer. Ob ein Vollformatsensor tatsächlich einem APS-C-Sensor überlegen ist, hängt stark vom Anwendungsfall ab. Es gibt objektive Unterschiede zwischen den Sensorformaten, aber „besser“ ist nicht automatisch gleich „Vollformat“.
Computer mit Schreibkraft
von Jürgen Pagel 29. April 2025
Der Erfahrungsschatz langjähriger Fotografen gehört zu den kostbarsten und wichtigsten Ressourcen. Es muss also jedem, der an der Fotografie wirklich interessiert ist, sein eigenes Business betreibt oder betreiben möchte, in den Anfängen steht oder nach Jahren der Selbstständigkeit in alten Mustern festgefahren ist, Erfahrung und Kenntnisse von Experten möglichst ohne Umwege anzunehmen. Mithilfe von Mentoring sollen Ihre eigenen, wertvolle Erfahrungen bewahrt und erweitert werden.
Weitere Beiträge