I shoot (no) JPEG?

Jürgen Pagel

Hashtag #ishootjpeg - kennen Sie?

Sicher haben Sie das schon mal irgendwo gelesen oder gesehen - vornehmlich auf Instagram.
Was hat es damit auf sich und ist das nicht Bearbeiten von Fotografien ein Trend, die wahre Fotografie oder was?

Ich möchte an dieser Stelle nicht so sehr in die Tiefe gehen. Wer es genau wissen will, schlägt einfach in Wikipedia nach. Dort ist das sehr detailliert erklärt. Hier nur soviel:
JPEG steht für Joint Photographic Experts Group. Dieses Gremium entwickelte 1992 dieses Kompressionsformat für Bilddateien. Sie sind also gut geeignet, um schnell Bilddateien zu versenden. Während eine sogenannte RAW-Bilddatei (ein gängiges Format, über das jede digitale Kamera verfügt) bei 24 MP schnell mal 25-35 MB groß werden kann, beträgt die Dateigröße auf Grund des Kompressionsverfahrens bei JPEG nur wenige hundert KB. Allerdings ist dieses Kompressionsverfahren verlustbehaftet, so das wertvolle Bildinformationen verloren gehen. Die Bearbeitung von JPEG-Dateien erlaubt nur wenige Bearbeitungsschritte wie Bilddrehungen um 90, 180 und 270 Grad. Ebenfalls sind horizontale und vertikale Spiegelungen möglich. Ohne weitere Bearbeitungsverluste geht auch das Beschneiden von Rändern, allerdings mit einigen Einschränkungen.

Hierbei sollte man wissen, dass jeder Bearbeitungsschritt mit einer JPEG-Datei sowie mehrfaches Speichern stets mit zusätzlichen Verlusten behaftet ist. Sechs mal gedreht und Sie erkennen nicht mehr, was da fotografiert wurde. Das klingt also nicht wirklich spannend und der geneigte Leser wird sich die Frage stellen, warum man dann überhaupt in JPEG fotografiert, wenn sich die Bilder anschließend nur mit Verlusten behaftet verarbeiten lassen.

Einen durchaus wichtigen Grund dafür liefern Reporter, die Geschehnisse irgendwo auf der Welt  fotografisch erfassen. Es bleibt in aller Regel weder die Zeit, noch gibt es überall beste Datennetze, um RAW-Dateien zu verarbeiten und zu übertragen. Hohe Auflösungen, wie sie die RAW-Dateien liefern, sind weder beim Zeitungsdruck noch für Online-Zeitungen erforderlich. Geht es doch ausschließlich darum, Informationen so schnell wie möglich an den Mann bzw. die Frau zu bringen. Und genau dafür ist das JPEG-Format perfekt.

Eine Renaissance in der Fotografie hat das JPEG-Format durch die Fujifilm-Kameras erfahren. Diese verfügen wie keine andere Marke über die Möglichkeit, bis zu sieben verschiedene "Rezepte", also Voreinstellungen, zu speichern. Damit lassen sich "alte" Filme wie Porta 400, Ilford Plus 400 oder Kodachrome 64 simulieren, weswegen diese Rezepte auch Filmsimulationen genannt werden. Eine tolle Sache. Thomas B. Jones hat dazu ein wirklich tolles Buch geschrieben. Ein Kauf lohnt sich unbedingt. Allerdings nur, wenn Sie im Besitz einer Fujifilm-Kamera sind. Bei anderen Marken kennen Sie das eher unter dem Begriff "Kreativprogramme". Diese sind allerdings meistens so schlecht, dass man deren Nutzung nicht wirklich empfehlen kann.

Sind nun JPEG-Bilder genauso gut, wie Bilder im RAW-Format?
Das kommt darauf an. Die aus der Kamera kommenden JPEG's sind keine Rohdateien. Sie sind bearbeitet - wie übrigens jedes Bild aus Ihrer Kamera. Digitale Kameras nehmen bereits - bevor Sie die Bilder auf dem Monitor betrachten können - signifikante Veränderungen vor. So auch bei den mit Filmsimulationen erstellten JPEG's. Sie haben also keineswegs ein Bild "in der Hand", dass noch viele Bearbeitungsschritte benötigt, weil diese ja bereits in der Kamera - bedingt durch Ihre persönlichen Voreinstellungen - erfolgt sind. Sie müssen maximal noch beschneiden, ein anderes Format wählen (wobei Sie auch das natürlich in Ihrer Kamera voreinstellen können) oder einen misslungenen Weißabgleich angleichen, was allerdings bei JPEG's gegenüber dem RAW-Format nur in geringem Umfang möglich ist.

Während Sie also beim RAW-Format alle Möglichkeiten der Welt haben (inkl. der korrekten Belichtung bei vollkommener Unterbelichtung oder das komplette Spektrum des Weißabgleichs), sind Ihnen bei den JPEG-Format gewissermaßen die Hände gebunden. Aber eigentlich macht das nichts, weil Sie ja sowieso mit Simulationen arbeiten und demzufolge einen bestimmten Look erzielen wollen.

Um sicher zu sein, dass Sie sowohl die JPEG-Simulationen wie auch die RAW-Dateien Ihr eigen nennen können, sondern Sie zeitgleich in beiden Formaten fotografieren. Sie können sich dann später entscheiden, ob Sie das RAW nachbearbeiten oder mit dem JPEG zufrieden sind. Auch lassen sich die JPEG's schnell auf's Handy oder das Tablet laden, um einem Kunden schon mal vorab zu zeigen, wie die Bilder von ihm aussehen könnten - ohne umfangreiche Nachbearbeitung.

Fazit
Wie immer mein Fazit und diesmal als meine ureigenste, persönliche Meinung, die Niemand geteilt haben muss.
JPEG-Rezepte selber zu entwickeln ist eine hohe Kunst. Und es macht sehr viel Spaß. Es gibt von den Herstellern alter Rollfilme zwischenzeitlich exakte Charts, welche Einstellungen erforderlich sind, um Filme zu simulieren. Wer sich da ran wagt, weiß spätestens nach der ersten Simulation, wieviel Arbeit dahinter steckt.
Und die Ergebnisse können sich ohne jeden Zweifel sehen lassen. 
Das ist nicht Gotteswerk, sondern digitale Rechnerei. JPEG's haben absolut ihre Berechtigung und auch ich nutze sie tatsächlich immer wieder.
Trotzdem ist Nachbearbeitung Pflicht. Da kommen Sie nicht dran vorbei. Wer professionelle Bilder verkaufen will, wer Auftragsfotografie betreibt oder Shootings für Produkte oder Portraits plant muss sich mit der Bildbearbeitung auseinandersetzen. Und in RAW fotografieren. Ob er will oder nicht. Vor allem dann, wenn Sie das Ihnen zur Verfügung stehende Tageslicht nutzen. Das ist nun mal nicht genormt. Ein bisschen mehr oder weniger Sonne, etwas mehr Lichteinfall von Rechts oder Links lassen ein Bild anders wirken. Das bekommen Sie höchstens in einem abgedunkelten Raum mit Ihrem persönlichem Kunstlicht in den Griff - wenn Sie gleichzeitig auch der Meister des Lichts sind. Alles andere ist illusorisch. Und wenn Sie für einen Kunden fotografieren (gerne auch mal 300 Fotos für einen Onlinekatalog), können und dürfen Sie nicht mit 300 verschiedenen Weißabgleiche um die Ecke kommen. Hierbei sind also JPEG's ungeeignet. Gleiches gilt beispielsweise für eine Hochzeit. Im Moment der Fotografie ist es extrem schwer auf dem Monitor oder durch den Sucher zu beurteilen, wie das "fertige" Produkt am Ende aussehen wird. Bestenfalls erleichtern Sie sich die Nacharbeit, in dem Sie ein Preset verwenden. Das jedoch wiederum setzt einen zumindest ähnlichen Weißabgleich bei allen Bildern voraus. Sonst wird auch das nix. 
Deswegen gehört die Korrektur des Weißabgleich bei meinem Workflow zu den ersten Maßnahmen, bevor ich das Bild gerade rücke oder andere Bearbeitungsschritte einleite.

JPEG fotografieren ist keine Hexerei und manchem Bild, dass man auf Instagram oder Facebook zu sehen bekommt und sich mit dem Hashtag #ishootjpeg schmückt, hätte eine Bildbearbeitung gut getan. Aber was soll's.
Man darf also nicht besonders stolz sein, JPEG zu fotografieren. Hinter einem entwickelten RAW-Format steckt jede Menge Kreativität und Feinarbeit. Deswegen muss das nicht unbedingt das bessere Foto sein.

Es kommt also ganz und gar auf den Verwendungszweck an. Besser oder schlechter ist weder das Eine noch das Andere.

©Jürgen Pagel 2022 LICHTWERK.DESIGN

Neunzehn58

von Jürgen Pagel 06 Mai, 2024
Jeder Fotograf kennt Phasen, in denen man seine Kamera am liebsten in irgendeiner verstauben lassen möchte. Frust baut sich auf, die Motivation ist auf dem Tiefpunkt angelangt.
05 Mai, 2024
Warum ein Wasserzeichen bzw. eine Signatur? Grundsätzlich ist jede Fotografie urheberrechtlich geschützt. Daran ändert auch ein Verkauf des Bildes nichts. Das Urheberrecht verbleibt beim Eigentümer, dem Ersteller der Fotografie. Wird das Bild gegen den Willen (außerhalb eines Vertragswerkes) des Eigentümers verwendet, stellt dies einen Verstoß gegen das Urheberrecht dar. Der Rechteinhaber ist somit berechtigt, einen Schadensersatz geltend zu machen. Die Spanne liegt nach geltender Rechtsprechung zwischen 50-375 Euro pro Bild - je nachdem, ob das Bild gewerblich genutzt wurde oder lediglich der Urheber nicht genannt worden ist. Allerdings handelt es sich in der Rechtsprechung jeweils um Einzelfälle. Eine anwaltliche Beratung ist in jedem Fall vorzuziehen. Dabei spielt es keine Rolle, ob das Bild durch eine Signatur geschützt wurde oder nicht, denn dieser Umstand ändert nichts am Urheberrecht.
von Jürgen Pagel 29 Apr., 2024
Folgende beiden Aussagen finden sich im Netz und hört man in diversen Workshops immer wieder mit der sicherlich guten Absicht, einem Anfänger den Spaß an der Fotografie nicht zu vermiesen. Aber stimmt das wirklich oder ist nur die halbe Wahrheit. Wie so oft lautet die Antwort des vielzitierten Radio Eriwan*): „Im Prinzip ja. Aber es kommt darauf an …“. Auf was es ankommt und unter welchen Voraussetzungen diese „Weisheiten“ eine unbefriedigende Antwort darstellen, möchte ich dem nachfolgenden Beitrag erläutern.
von Jürgen Pagel 23 Apr., 2024
Die Darstellung des Hintergrundes wird maßgeblich durch die Brennweite beeinflusst. Bei gleicher Blende (hier f/2.8), die für Schärfentiefe verantwortlich ist, verändert sich die Bildwirkung bei verschiedenen Brennweiten maßgeblich.
von Jürgen Pagel 22 Apr., 2024
Ich bin mir bewusst, dass dies ein langer Text ist und viele das nicht gerne lesen. Aber keiner kann sagen „Das habe ich nicht gewusst“. Ich bin auch kein Freund von Aussagen wie „dieses Objektiv musst Du haben“ oder „das ist das Beste“ oder „kaufe diese Kamera oder keine“. Das ist alles sehr vielschichtiger, als es auf den ersten Blick den Anschein hat, und bedarf sorgfältiger Überlegungen, um nicht in die Kostenfalle zu tappen oder dem G.A.S. (Gear Acquisition Syndrome) zu verfallen.
von Jürgen Pagel 21 Apr., 2024
Food-Fotografie ist kein Hexenwerk. Jedem können großartige Food-Fotos gelingen. Statt mehrere Flat-Lays zu kaufen – diese sind im Verbund teuer (ca. 400 Euro für 5-8 Stück), reicht auch eine Tischlerplatte, die entsprechend lackiert werden kann. Anleitungen dazu finden sich im Internet. Abschatter und Reflektoren gehören zur Ausrüstung eines jeden Fotografen. Und wer sich an das Blitzen nicht herantraut, fotografiert mit Tageslicht. Der Einstieg ist einfach. Mit der nötigen Übung und immer besser werdenden Ergebnissen kommt die Professionalität.
von Jürgen Pagel 17 Apr., 2024
Im Prinzip gilt ein allgemeines Betretungsrecht der freien Landschaft. Doch das bedeutet nicht, man darf überall und jederzeit herumspazieren. So sind Naturschutzgebiete ebenso tabu wie dauerhaft genutzte Flächen, etwa Weinberge oder Obstkulturen. Das heißt, sie dürfen nur auf Wegen betreten werden. Felder, Wiesen und Weiden sind tabu, wenn sie in einer Nutzung sind. Das heißt, zwischen Aussaat und Ernte beziehungsweise bis zur Mahd hat außer dem Landwirt niemand etwas auf den Flächen zu suchen. Das gilt auch, wenn kein Zaun und kein Schild extra darauf hinweisen. Auch gilt – das ist in den Landesverordnungen geregelt – in der Brut- und Setzzeit eine Leinenpflicht für Hunde.
von Jürgen Pagel 11 Apr., 2024
Spontan ist prima. Spontan ist spannend. Aber selbst spontane Fotos bedürfen in der Kamera einer gewissen Grundeinstellung, damit es schnell geht, wenn es darauf ankommt.
von Jürgen Pagel 09 Apr., 2024
Aus "Lichtwerk.Design" wird Neunzehn58. Dieser ungewöhnliche Name hat mein Geburtsjahr als Hintergrund und findet im Internet in diesem Zusammenhang keine Verwendung - außer als Domain für den Relaunch. Das ist gut so. Nicht so gut waren häufige Verwechslungen mit dem Namen Lichtwerk.Design, den sich offensichtlich viele zu eigen gemacht haben. Meine Homepage ist (aus technischen Gründen) weiterhin auch unter https://lichtwerk.design erreichbar. Neunzehn58 wird auf diese Page weitergeleitet, so dass Sie mit beiden Webadressen zum gleichen Ziel kommen.
von Jürgen Pagel 09 Apr., 2024
… so ein paar Dinge, die müssen einfach raus. Ihr kennt das, oder? Was mir in der letzten Zeit in der Fotografieszene echt auf den Zeiger geht (inspiriert von Cliff Kapatais).
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