Praxistest Teil 2 - Kamerarucksack

Jürgen Pagel

Praxistest Teil 2 - Kamerarucksack

Heute geht es um einen Kamerarucksack von Tarion. Der Hersteller aus Ontario ist für seine gute Qualität und seine hohe Funktionalität durchaus seit Jahren bekannt.

Ich habe mich bewusst für dieses Modell entscheiden, weil vieles augenscheinlich für seine hohe Funktionalität spricht und mir mein bisheriger Rucksack von LowePro schlicht zu schwer war. Nicht, weil der Rucksack an sich so schwer ist, sondern weil man so unglaublich viel Platz darin hat und deswegen alles Mögliche und Unmögliche hineinpackt.
Und wieder ist das kein klassisches Review, sondern vielmehr ein Test aus der täglichen Praxis. Und selbstverständlich ist das keine Werbung. Ich habe mir den Kamerarucksack von meinem sauer verdienten Geld selber gekauft und bin der Marke Tarion keineswegs verpflichtet.

Das Teil ist mit ca.  3 Kilogramm Leergewicht relativ schwer. Das mag zum Einen an seiner Ausstattung liegen, zum Anderen an seinem gegen Spritzwasser geschütztem Gewebe. Mash-Gewebe ist zumindest Außen keines zu finden. Das am Ende trotzdem eine Gewichtsersparnis dabei heraus kommt, liegt einfach daran, dass nicht so viel hineinpasst, wie in meinen LowePro. Voll beladen, mit allem, was mein Fotografenherz benötigt (inkl. einer Nikon Z6II mit dem 85mm-Klopper von Viltrox und einer Fujifilm X-T4) beträgt das Gesamtgewicht genau 9,6 Kilogramm. Das ist im wahrsten Sinne des Wortes tragbar.


Von vorne ziemlich unspektakulär kommt er hinten mit eine ausgewogenen Polsterung daher. Der Beckengurt lässt sich abnehmen, was ich großartig finde. Denn das Ding ist sonst ständig im Weg. Im Beckengurt (ohne Abbildung) sind nochmals zwei kleine Täschchen enthalten, deren Zweck mir sich nicht eindeutig erschließt, denn wirklich etwas hineinpassen (super einem Papiertaschentuch) tut eigentlich nix. Zumindest kein Handy der handelsüblichen Größe. Aber egal. Ich nutze ihn selbst beim Radfahren nicht.

Die Einteilung ist ziemlich cool. In dem Case befinden sich nämlich noch einmal zwei Cases. Das obere (das wo Tarion darauf steht) beinhaltet noch einmal eine Kamera und Objektive. Dazu später mehr. Es wird einfach hineingelegt und hält hervorragend - so genau ist die Passform.
In dem unteren Case oder besser der Box befindet sich eine trickreiche Einteilung für Kamera und Objektive, die letztendlich auch den seitlichen Zugriff erlaubt. Aber auch von oben ist das System zugänglich, was vor allem für ein Objektiv, welches irgendwie ganz nach hinten unten muss, prima ist. Ansonsten verbiegt man sich beim Herausholen von der Seite echt die Finger.

Was ich richtig klasse finde, ist die weite vordere Öffnung und die Tatsache, das der Rucksack einfach stehenbleibt, wenn man ihn senkrecht hinstellt. So entfällt in aller Regel das in den Schmutz legen entweder des Rückenteils oder der Front, wie das bei anderen Rucksäcken unabdingbar ist.

Neben drei Behältnissen (mit dem orangefarbenen Oberteil), gibt es noch drei kleine Elemente, welche beispielsweise die Ersatzakkus aufnehmen. Alle Teile sind mit Klettvorrichtungen versehen, die eine beliebige Anordnung oder auch Entfernung erlauben. Auch in der Frontklappe befinden sich noch einmal zwei Reißverschlusstaschen, die sich beliebig mit kKleinkram wie Filter, Kabel und dem Cardcase füllen lassen. Trotzdem, dass diese bei mir prall gefüllt sind, geht der Rucksack problemlos ohne drücken und klemmen zu.

Entnimmt man das zweite Bag, ist der Zugriff in die untere Box mit ihren Einteilungen frei zu öffnen. Rechtsseitig schaut das auf der Kamera befindliche Objektiv heraus, links befinden sich noch einmal zwei weitere Objektive. Der dicke 85mm-Brummer von Viltrox passt gerade so ein. Und auch das 18-70mm von Nikon hat noch Platz. Beide Objektive tragen durch ihre riesigen Gegenlichtblenden massiv auf. Und fast hätte ich es vergessen - der Blitz für die Nikon inkl. Funksender ist auch noch drin ;-). Wer etwas Größeres wie beispielsweise ein 400er Tele mitnehmen will, muss sich natürlich entscheiden, was er zu Hause lässt. Reduce to the max.

Wer übrigens nicht ständig zwei Kameras mit sich herumtragen will, kann den freien Raum für ein paar Klamotten oder ein Vesper nutzen. Und wer mal schnell um die Ecke auf Tour geht, kann das große Besteck zu Hause lassen und nimmt das Kleine mit.

In der kleinen Umhängetasche passen dann noch einmal eine Kamera mit Objektiv und bis zu zwei weitere Objektive.


Somit kann man also - wenn man will - bis zu zwei vollwertige Kameras und insgesamt sechs Objektive inkl. eines Blitzsystems mitnehmen. Wenn das für Fototouren nicht reicht, dann weiß ich auch nicht. Ich habe mittlerweile nur noch diesen Rucksack für meine Auftragsfotografie dabei. Eine Kamera im Backup (in der Regel ist das die Fujifilm X-T4 APS-C inkl. drei Objektiven) und drei Objektive für das Vollformat der Nikon Z6II.

Der seitliche Zugang zur Kamera ist sehr sympathisch, erlaubt er doch den schnellen Zugriff auf das Equipment, ohne den Rucksack abnehmen oder komplett öffnen zu müssen. Manche bemängeln, dass der Zugriff auf der (in Blickrichtung auf dem Rücken tragend) rechten Seite ist. Ich finde das nicht problematisch. Wenn ich den linken Arm aus dem Tragegurt löse, habe die Öffnung vor mir und die dann nach vorne ragende Verschlussklappe verhindert ein herausfallen der Objektive. Ich find's tatsächlich perfekt so.
Der Zugriff auf die Kamera ist frei und an ein weiteres Objektiv (hier das 28mm f/2.8 von Nikon) kommt man auch noch problemlos heran. Alles andere ist nur mit dem Herausnehmen der Trennwände, was problemlos geht, zu erreichen. Da kann dann allerdings mal leicht etwas herausfallen, weswegen ich empfehlen würde, den Rucksack tatsächlich irgendwo abzustellen oder zu legen.

Noch ein paar Worte zum Einteilungssystem der großen Box. Das ist echt ein Nervenspiel. Liest sich total leicht, macht auch absolut Sinn, aber die Einteilung so vorzunehmen, dass es dann auch wirklich für den Anwender passt, dauert schon mal ein Stündchen. Da muss man sich echt Zeit nehmen und ein wenig Herumprobieren. Aber letztendlich war und ist es ok. Die Innenseiten sowie die farblich markierten Zwischenteile sind super gepolstert und ich kann mir keinen sichereren Platz für mein Equipment vorstellen, als in diesem Rucksack.

Selbst ein Stativ lässt sich unterbringen. An einer Seite hat es einen großen Zugriff und mit den beiden mitgelieferten, mit magnetischen Klipps versehenen Bändern, lässt sich das Stativ sicher verstauen. Ok, es schaut ziemlich weit über den Rucksack hinaus. Aber das finde ich allemal besser, als diese Lasche an der Unterseite anderer Rucksäcke, die dann das Abstellen verunmöglicht.


Auch eine 0,5 Liter Getränkeflasche ist seitlich problemlos unterzubringen. Ein weiterer Reißverschluss an der Seite gibt es Blick auf ein kleines Fach frei, in das allerdings maximal ein Imbiss-Schlüssel oder ein Kugelschreiber passt. Ein Lens-Pen geht übrigens auch hinein - dann aber ohne Imbiss und Kugelschreiber ;-). Übrigens befinden sich an der unteren Vorderseite noch zwei schmale Fächer, die zwei Gurtsysteme beherbergen. Diese lassen sich dann über Kreuz auf der Vorderseite oder Unterseite verschnallen, um einen Fahrradhelm, einen kleinen Reflektor oder einen Schlafsack zu befestigen. Auch sehr gut durchdacht.


Fazit

Alles in allem eine lohnende Investition und mit knapp 140 Euro im Rahmen eines kleinen bis mittleren Budgets. Und endlich mal ein Kamerarucksack, der mir gefällt. Optisch wie nützlich. Im Gegensatz zu den anderen vier Stück, die ich mir im Laufe der Zeit zugelegt habe. Die waren zusammen um einiges teurer. Wieder einmal zeigt sich, wer vermeintlich billig kauft, kauft mindestens zweimal.


Ich würde den Rucksack von Tarion unbedingt empfehlen wollen. Tolle, erstklassige solide Verarbeitung mit extrem hoher Funktionalität zu einem fairen Preis.


© 2022 Jürgen Pagel

Neunzehn58

von Jürgen Pagel 06 Mai, 2024
Jeder Fotograf kennt Phasen, in denen man seine Kamera am liebsten in irgendeiner verstauben lassen möchte. Frust baut sich auf, die Motivation ist auf dem Tiefpunkt angelangt.
05 Mai, 2024
Warum ein Wasserzeichen bzw. eine Signatur? Grundsätzlich ist jede Fotografie urheberrechtlich geschützt. Daran ändert auch ein Verkauf des Bildes nichts. Das Urheberrecht verbleibt beim Eigentümer, dem Ersteller der Fotografie. Wird das Bild gegen den Willen (außerhalb eines Vertragswerkes) des Eigentümers verwendet, stellt dies einen Verstoß gegen das Urheberrecht dar. Der Rechteinhaber ist somit berechtigt, einen Schadensersatz geltend zu machen. Die Spanne liegt nach geltender Rechtsprechung zwischen 50-375 Euro pro Bild - je nachdem, ob das Bild gewerblich genutzt wurde oder lediglich der Urheber nicht genannt worden ist. Allerdings handelt es sich in der Rechtsprechung jeweils um Einzelfälle. Eine anwaltliche Beratung ist in jedem Fall vorzuziehen. Dabei spielt es keine Rolle, ob das Bild durch eine Signatur geschützt wurde oder nicht, denn dieser Umstand ändert nichts am Urheberrecht.
von Jürgen Pagel 29 Apr., 2024
Folgende beiden Aussagen finden sich im Netz und hört man in diversen Workshops immer wieder mit der sicherlich guten Absicht, einem Anfänger den Spaß an der Fotografie nicht zu vermiesen. Aber stimmt das wirklich oder ist nur die halbe Wahrheit. Wie so oft lautet die Antwort des vielzitierten Radio Eriwan*): „Im Prinzip ja. Aber es kommt darauf an …“. Auf was es ankommt und unter welchen Voraussetzungen diese „Weisheiten“ eine unbefriedigende Antwort darstellen, möchte ich dem nachfolgenden Beitrag erläutern.
von Jürgen Pagel 23 Apr., 2024
Die Darstellung des Hintergrundes wird maßgeblich durch die Brennweite beeinflusst. Bei gleicher Blende (hier f/2.8), die für Schärfentiefe verantwortlich ist, verändert sich die Bildwirkung bei verschiedenen Brennweiten maßgeblich.
von Jürgen Pagel 22 Apr., 2024
Ich bin mir bewusst, dass dies ein langer Text ist und viele das nicht gerne lesen. Aber keiner kann sagen „Das habe ich nicht gewusst“. Ich bin auch kein Freund von Aussagen wie „dieses Objektiv musst Du haben“ oder „das ist das Beste“ oder „kaufe diese Kamera oder keine“. Das ist alles sehr vielschichtiger, als es auf den ersten Blick den Anschein hat, und bedarf sorgfältiger Überlegungen, um nicht in die Kostenfalle zu tappen oder dem G.A.S. (Gear Acquisition Syndrome) zu verfallen.
von Jürgen Pagel 21 Apr., 2024
Food-Fotografie ist kein Hexenwerk. Jedem können großartige Food-Fotos gelingen. Statt mehrere Flat-Lays zu kaufen – diese sind im Verbund teuer (ca. 400 Euro für 5-8 Stück), reicht auch eine Tischlerplatte, die entsprechend lackiert werden kann. Anleitungen dazu finden sich im Internet. Abschatter und Reflektoren gehören zur Ausrüstung eines jeden Fotografen. Und wer sich an das Blitzen nicht herantraut, fotografiert mit Tageslicht. Der Einstieg ist einfach. Mit der nötigen Übung und immer besser werdenden Ergebnissen kommt die Professionalität.
von Jürgen Pagel 17 Apr., 2024
Im Prinzip gilt ein allgemeines Betretungsrecht der freien Landschaft. Doch das bedeutet nicht, man darf überall und jederzeit herumspazieren. So sind Naturschutzgebiete ebenso tabu wie dauerhaft genutzte Flächen, etwa Weinberge oder Obstkulturen. Das heißt, sie dürfen nur auf Wegen betreten werden. Felder, Wiesen und Weiden sind tabu, wenn sie in einer Nutzung sind. Das heißt, zwischen Aussaat und Ernte beziehungsweise bis zur Mahd hat außer dem Landwirt niemand etwas auf den Flächen zu suchen. Das gilt auch, wenn kein Zaun und kein Schild extra darauf hinweisen. Auch gilt – das ist in den Landesverordnungen geregelt – in der Brut- und Setzzeit eine Leinenpflicht für Hunde.
von Jürgen Pagel 11 Apr., 2024
Spontan ist prima. Spontan ist spannend. Aber selbst spontane Fotos bedürfen in der Kamera einer gewissen Grundeinstellung, damit es schnell geht, wenn es darauf ankommt.
von Jürgen Pagel 09 Apr., 2024
Aus "Lichtwerk.Design" wird Neunzehn58. Dieser ungewöhnliche Name hat mein Geburtsjahr als Hintergrund und findet im Internet in diesem Zusammenhang keine Verwendung - außer als Domain für den Relaunch. Das ist gut so. Nicht so gut waren häufige Verwechslungen mit dem Namen Lichtwerk.Design, den sich offensichtlich viele zu eigen gemacht haben. Meine Homepage ist (aus technischen Gründen) weiterhin auch unter https://lichtwerk.design erreichbar. Neunzehn58 wird auf diese Page weitergeleitet, so dass Sie mit beiden Webadressen zum gleichen Ziel kommen.
von Jürgen Pagel 09 Apr., 2024
… so ein paar Dinge, die müssen einfach raus. Ihr kennt das, oder? Was mir in der letzten Zeit in der Fotografieszene echt auf den Zeiger geht (inspiriert von Cliff Kapatais).
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