Vom Pre-Shooting bis zur Nachbearbeitung (1)

Jürgen Pagel

Teil 1: Das Pre-Shooting/ die Vorbereitung

So ein Shooting im Rahmen der Auftragsfotografie gliedert sich in drei Teile. In welche, beschreibe ich in diesem Blogartikel. ICH mache das so. Das ist selbstverständlich nicht 1:1 auf jeden Fotografen übertragbar. Hole dir einfach das davon heraus, was auf dich am Besten passt.

Man mag entgegnen "da geht mir Kreativität verloren". Dem ist nicht so. Im Gegenteil. Je besser du und dein Kunde vorbereitet sind, desto gelassener kannst du die Sache angehen und umso mehr Freiraum für Kreativität bleibt dir. Probiere es aus. Spontanität soll und muss sein. Diese bleibt aber keineswegs auf der Strecke, sondern kann sich aus der geplanten Situation heraus ergeben. Umso besser, wenn du dann wieder schnell in deinen Plan zurückfindest.

Fotografiere nur das, was du magst, was dir gefällt und wo du dich “zu Hause” fühlst, wo du Lust darauf hast und wo du Spaß empfindest. Selbstverständlich kann man experimentell auch mal Shootings machen, um etwas Neues auszuprobieren. Aber schlussendlich musst du damit glücklich werden - und dein Kunde.

Du und dein Kunde müssen sich wohl fühlen. Du hast nicht nur erfahrene Menschen im Shooting. Jemand, der noch nie vor einer Kamera gestanden ist, bewegt sich kaum natürlich und ungezwungen. Sympathien spielen eine ebenso große Rolle, wie Professionalität. Wenn du unsicher bist, wird es dein Kunde oder deine Kundin auch sein. Also tue wirklich alles, damit eine angenehme, lockere Atmosphäre entsteht. Und wenn es nicht passt, wenn man nicht „warm“ miteinander wird und sich das auch in absehbarer Zeit durch ein Vorgespräch oder ein Pre-Shooting nicht ändern wird, dann sage einfach Nein. Was nicht zusammengehört, muss auch nicht zusammenkommen.

Sei schnell in deiner Kommunikation. Reagiere auf Anfragen mindestens innerhalb der nächsten 24 Stunden. Einmal am Tag die Mails checken sollte kein Problem sein. Einmal am Tag 30 Minuten für Telefonate reservieren kostet nicht die Welt. „Der frühe Vogel fängt den Wurm“, „wer zuerst kommt, mahlt zuerst“ sagt der Müller. Es gibt in Deutschland mindestens 35.000 Fotografen, von denen die meisten um Aufträge buhlen. Sei vorne mit dabei. Erreicht dich just in diesem Moment eine Anfrage per Mail, greife zum Telefon und rufe an. Denn wer gerade eine Mail gesendet hat, „sitzt“ sowieso am Schreibtisch oder am Handy. Am Telefon lassen sich viele Fragen schnell klären - ohne langes Mail- oder WhatsApp-Pingpong.


Kläre möglichst viel in der ersten Besprechung. Gebe deinem Kunden Sicherheit und das Gefühl, das er/ sie es mit jemandem zu tun hat, der weiß, wie es geht.

Wie ist der Ablauf?

Welche Uhrzeit?

Welche Location?

Welche Bekleidung?

Welche Posinganweisungen können Menschen, die noch nie vor einer Kamera gestanden sind, erwarten?

Was kostet das?

Kläre bei TFP-Verträgen, wie viele Bilder du zur Verfügung stellst, was damit gemacht werden darf und wann du sie lieferst.

Erstelle gegebenenfalls ein beispielhaftes Moodboard und versende es per Mail.

Kurz, beschreibe was du tust und wie du es tust. Das gibt sehr viel Sicherheit für beide Seiten und jeder weiß, worauf er/ sie sich einlässt. Hilfreich kann auch das eigene Portfolio sein. Es reichen zwei bis drei PDF-Seiten mit den vorgenannten Punkten, die du deinem künftigen Kunden per Mail sendest.


Anmerkung

Ich persönlich bin kein großer Freund von vielseitigen Vertragswerken - obwohl ich weiß, das es sein muss. Nachdem du jedoch alles, was ich zuvor beschrieben habe, zu "Papier" gebracht hast, ist es nur noch ein kleiner Schritt, daraus einen Vertrag zu machen und diesen ebenfalls per Mail zu versenden. Gegenwehr ist in aller Regel nicht zu erwarten.

Hast du keine Standardlocation, in oder an der du blind fotografieren kannst, wo du die Lichtsetzung bereits kennst und genau weißt, bei welchem Tageslicht welche Stimmung erzielt werden kann, besuche den Ort vor dem Shooting. Applications zum Sonnenstand sind dabei ebenso hilfreich, wie die Suche auf Google Earth. Schau dir die Bilder an, die vielleicht schon mal jemand an diesem Ort gemacht hat. So bekommst du einen ungefähren Eindruck von dem, was dich erwartet.


Mache konkrete Vorschläge, wie du die betreffende Person oder das Produkt in Szene setzen willst, wie du das Automobil fotografierst usw., damit der Kunde schon vorab eine Vorstellung bekommt, was ihn erwartet.

Ich vereinbare gerne ein sogenanntes Pre-Shooting. Neben dem persönlichem Kennenlernen stehen ein paar Aufnahmen mit meiner Fujifilm X100F mit 23mm Festbrennweite an. So sehe ich gleich, welche Brennweite sehr wahrscheinlich in Frage kommt, was für Licht mich erwartet, welche zusätzlichen Lichtquellen ich mitnehmen muss und wie die farbliche Abstimmung zu erfolgen hat. Das erspart zum Shootingtermin Stress und Zeit. Und vor allem Gepäck. Jeder Gegenstand, den ich mit mir herumschleppen und den ich aufbauen muss, lenkt mich von der eigentlichen Aufgabe ab.

Erstelle dir im Vorfeld eine Liste mit Equipment, dass du unbedingt brauchst. Dazu gehören Verlängerungskabel, Akku‘s, bei stundenlangen Shootings auch Ladegeräte oder Powerbanks. Wähle zwei, drei Objektive aus. Brauchst du Filter? Dann müssen die auf die Liste. Vergesse die Backup-Kamera für Notfälle nicht, checke deine Speicherkarten und formatiere sie gleich in den entsprechenden Kameras. Benötigst du einen Blitz? Dann vergesse den Bowens-Adapter nicht und nimm ausreichend AA-Batterien mit, sofern du diese für den Blitz benötigst. Stative, Blitzschirme - alles auf die Liste.

Packst du dann deine (hoffentlich nur) sieben Sachen zusammen, brauchst du das nur abzuhaken. Ja, das bedingt ein wenig Vorarbeit. Aber das ist allemal besser, als noch einmal 40 km nach Hause und wieder 40 km zur Location zu fahren, weil du etwas vergessen hast. Das nervt alle Beteiligten extrem und du kannst dir sicher sein, dass dies dein letzter Auftrag von diesem Kunden war. Und das nur, weil du keinen Bock hattest, die Vorbereitung akribisch anzugehen.


Ausblick

Im zweiten Teil werde ich dir Hinweise zur Durchführung geben.

Im letzten und dritten Teil geht es dann um das Wichtigste - die Nachbearbeitung.


©Jürgen Pagel 2021 LICHTWERK.DESIGN

Neunzehn58

von Jürgen Pagel 06 Mai, 2024
Jeder Fotograf kennt Phasen, in denen man seine Kamera am liebsten in irgendeiner verstauben lassen möchte. Frust baut sich auf, die Motivation ist auf dem Tiefpunkt angelangt.
05 Mai, 2024
Warum ein Wasserzeichen bzw. eine Signatur? Grundsätzlich ist jede Fotografie urheberrechtlich geschützt. Daran ändert auch ein Verkauf des Bildes nichts. Das Urheberrecht verbleibt beim Eigentümer, dem Ersteller der Fotografie. Wird das Bild gegen den Willen (außerhalb eines Vertragswerkes) des Eigentümers verwendet, stellt dies einen Verstoß gegen das Urheberrecht dar. Der Rechteinhaber ist somit berechtigt, einen Schadensersatz geltend zu machen. Die Spanne liegt nach geltender Rechtsprechung zwischen 50-375 Euro pro Bild - je nachdem, ob das Bild gewerblich genutzt wurde oder lediglich der Urheber nicht genannt worden ist. Allerdings handelt es sich in der Rechtsprechung jeweils um Einzelfälle. Eine anwaltliche Beratung ist in jedem Fall vorzuziehen. Dabei spielt es keine Rolle, ob das Bild durch eine Signatur geschützt wurde oder nicht, denn dieser Umstand ändert nichts am Urheberrecht.
von Jürgen Pagel 29 Apr., 2024
Folgende beiden Aussagen finden sich im Netz und hört man in diversen Workshops immer wieder mit der sicherlich guten Absicht, einem Anfänger den Spaß an der Fotografie nicht zu vermiesen. Aber stimmt das wirklich oder ist nur die halbe Wahrheit. Wie so oft lautet die Antwort des vielzitierten Radio Eriwan*): „Im Prinzip ja. Aber es kommt darauf an …“. Auf was es ankommt und unter welchen Voraussetzungen diese „Weisheiten“ eine unbefriedigende Antwort darstellen, möchte ich dem nachfolgenden Beitrag erläutern.
von Jürgen Pagel 23 Apr., 2024
Die Darstellung des Hintergrundes wird maßgeblich durch die Brennweite beeinflusst. Bei gleicher Blende (hier f/2.8), die für Schärfentiefe verantwortlich ist, verändert sich die Bildwirkung bei verschiedenen Brennweiten maßgeblich.
von Jürgen Pagel 22 Apr., 2024
Ich bin mir bewusst, dass dies ein langer Text ist und viele das nicht gerne lesen. Aber keiner kann sagen „Das habe ich nicht gewusst“. Ich bin auch kein Freund von Aussagen wie „dieses Objektiv musst Du haben“ oder „das ist das Beste“ oder „kaufe diese Kamera oder keine“. Das ist alles sehr vielschichtiger, als es auf den ersten Blick den Anschein hat, und bedarf sorgfältiger Überlegungen, um nicht in die Kostenfalle zu tappen oder dem G.A.S. (Gear Acquisition Syndrome) zu verfallen.
von Jürgen Pagel 21 Apr., 2024
Food-Fotografie ist kein Hexenwerk. Jedem können großartige Food-Fotos gelingen. Statt mehrere Flat-Lays zu kaufen – diese sind im Verbund teuer (ca. 400 Euro für 5-8 Stück), reicht auch eine Tischlerplatte, die entsprechend lackiert werden kann. Anleitungen dazu finden sich im Internet. Abschatter und Reflektoren gehören zur Ausrüstung eines jeden Fotografen. Und wer sich an das Blitzen nicht herantraut, fotografiert mit Tageslicht. Der Einstieg ist einfach. Mit der nötigen Übung und immer besser werdenden Ergebnissen kommt die Professionalität.
von Jürgen Pagel 17 Apr., 2024
Im Prinzip gilt ein allgemeines Betretungsrecht der freien Landschaft. Doch das bedeutet nicht, man darf überall und jederzeit herumspazieren. So sind Naturschutzgebiete ebenso tabu wie dauerhaft genutzte Flächen, etwa Weinberge oder Obstkulturen. Das heißt, sie dürfen nur auf Wegen betreten werden. Felder, Wiesen und Weiden sind tabu, wenn sie in einer Nutzung sind. Das heißt, zwischen Aussaat und Ernte beziehungsweise bis zur Mahd hat außer dem Landwirt niemand etwas auf den Flächen zu suchen. Das gilt auch, wenn kein Zaun und kein Schild extra darauf hinweisen. Auch gilt – das ist in den Landesverordnungen geregelt – in der Brut- und Setzzeit eine Leinenpflicht für Hunde.
von Jürgen Pagel 11 Apr., 2024
Spontan ist prima. Spontan ist spannend. Aber selbst spontane Fotos bedürfen in der Kamera einer gewissen Grundeinstellung, damit es schnell geht, wenn es darauf ankommt.
von Jürgen Pagel 09 Apr., 2024
Aus "Lichtwerk.Design" wird Neunzehn58. Dieser ungewöhnliche Name hat mein Geburtsjahr als Hintergrund und findet im Internet in diesem Zusammenhang keine Verwendung - außer als Domain für den Relaunch. Das ist gut so. Nicht so gut waren häufige Verwechslungen mit dem Namen Lichtwerk.Design, den sich offensichtlich viele zu eigen gemacht haben. Meine Homepage ist (aus technischen Gründen) weiterhin auch unter https://lichtwerk.design erreichbar. Neunzehn58 wird auf diese Page weitergeleitet, so dass Sie mit beiden Webadressen zum gleichen Ziel kommen.
von Jürgen Pagel 09 Apr., 2024
… so ein paar Dinge, die müssen einfach raus. Ihr kennt das, oder? Was mir in der letzten Zeit in der Fotografieszene echt auf den Zeiger geht (inspiriert von Cliff Kapatais).
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