Warum will ich Fotograf werden?

Jürgen Pagel

 Warum will ich Fotograf werden (oder warum bin ich Fotograf geworden)?

Das ist definitiv kein Thema, welches man in 3 Minuten abhandelt und anschließend ist man deutlich schlauer, als zuvor.

Die Antwort ist nämlich mindestens genauso komplex, wie die Frage einfach. Auf der Suche nach der Erklärung bin ich auf ein Video mit Vincent Peters gestoßen. Dieses wurde 2017 aufgenommen, beschreibt dennoch oder gerade deswegen sehr gut, um was es eigentlich geht. Hier der Link dazu. Und hier geht es zur Homepage von Vincent Peters.

Achtung. Das Folgende ist durchaus als Textlastig zu beschreiben. Wer also keine oder wenig Zeit hat, überspringt diesen Artikel am besten gleich und verbringt seine Zeit mit schöneren Dingen, als sich mit der Frage auseinanderzusetzen, warum man Fotograf werden will oder einer geworden ist.
Bis hierhin und nicht weiter. Alles Gute und noch einen schönen Tag.

Also, worum geht es? Bemühen wir doch einmal Wikipedia, um eine allgemeinverbindliche Definition des Begriffs "Fotograf/in" zu erhalten: 
[...] Fotograf oder Photograph (auch veraltet Lichtbildner) ist ein staatlich anerkannter Ausbildungsberuf. Fotografen gestalten statische oder bewegte Bilder für verschiedene Zwecke. Der Oberbegriff umfasst beispielsweise Berufszweige wie Architekturfotografie, Eventfotografie, Industriefotografie, Landschaftsfotografie, Laufbildfotografie, Luftbildfotografie, Modefotografie, Porträtfotografie, Produktfotografie, Fotojournalismus, Standbildfotografie, Unterwasserfotografie, Werbefotografie, wissenschaftliche Fotografie, Künstlerische Fotografie etc.[...].
Zunächst, hier irrt Wikipedia (bzw. derjenige, der diesen Eintrag verfasst bzw. nicht aktualisiert hat. Fotograf ist mittlerweile kein staatlich anerkannter Ausbildungsberuf mehr, denn das würde implizieren, dass es eine Ausbildungsordnung, eine Berufsordnung und eine Prüfungsordnung gibt. Gibt es aber nicht mehr. Fotograf kann und darf sich jeder nennen. Dazu muss er noch nicht einmal im Besitz einer funktionsfähigen Kamera sein. Auch weitere Ausführungen hinsichtlich der Tätigkeitsfelder sind wenig hilfreich.
So kommen wir also nicht weiter.

Was also ist ein "Fotograf"?
Ich persönlich (und es ist wirklich ausschließlich meine persönliche Meinung, die man nicht teilen muss) würde den Beruf des Fotografen folgendermaßen beschreiben. Fangen wir mit dem an, was ein "Fotograf" nicht ist.

Ein Fotograf ist kein Knipser. Nicht, dass man mit einem Smartphone nicht tolle Urlaubsbilder machen könnte, sensationelle Augenblicke erfasst und damit Dinge anstellen kann, die mit einer "normalen" Kamera nur schwer machbar sind.

Ein Fotograf ist kein Hobbyfilmer. Schnell mal eine SONY ZV-1 oder eine SONY ZE-10 (das neueste, aber keineswegs bessere Modell) gekauft, raus auf die Straße und Filmchen gedreht. Das ist noch nicht einmal ein Filmer.
Ein Fotograf ist niemand, der Bilder macht, Leute fotografiert, Landschaften oder Architektur - ziemlich egal, wie das Out-of-cam ausschaut, weil sich in der Bildbearbeitung via Lightroom, Photoshop, Capture One oder wie sie auch immer heißen mögen, alles irgendwie bearbeiten lässt. Vom Austauschen des Himmels bis hin zu einer vollkommen anderen Beleuchtungssituation; vom unsauberen und unschönem Hautbild zur Beauty-Queen. Richtig ist, dass ein schlechtes Bild in manchen Situationen besser ist. Aber eben nur in Ausnahmen und sehr seltenen Situationen und sicher nicht zum Vorzeigen.

Ein Fotograf ist kein ausschließlich "Bildbearbeiter". Selbstverständlich gehört die Bildbearbeitung oder besser Entwicklung eines digitalen Bildes zum Handwerkszeug. Schließlich bedarf auch die analoge Fotografie einiges an Entwicklungsarbeit, bis ein perfektes Bild dabei heraus kommt. Aber er ist es eben nicht ausschließlich. Je mehr Bilder nachbearbeitet werden müssen, umso schlechter war die Ausgangssituation. Heißt, der Fotograf (an dieser Stelle der Hinweis, dass ich nicht wirklich gerne gendere - ich meine das aber keineswegs persönlich) verwendet sehr viel Zeit am Computer, statt sich über die Bildkomposition, die Belichtung, den Schärfepunkt oder andere elementare Dinge der Fotografie, Gedanken zu machen.

Ein Fotograf ist keiner, der jeden Tag ohne schöpferische Pausen, ein Bildnis nach dem anderen veröffentlicht. Wer das macht, ist wild auf Likes und die Fotografie auf die Anzahl der Likes zu beschränken, ist sowieso vollkommener Unsinn. Denn Fotografie ist und bleibt Geschmacksache. Dem einen gefällt's, der andere findet es abscheulich. Auf diese Likes kann man nicht zählen. Sie sind nichts wert. Kaum jemand betrachtet im World Wide Web ein Bild und macht sich darüber Gedanken, was der Fotograf sich dabei gedacht hat. Die durchschnittliche Verweildauer bei der Betrachtung eines Bildes in Instagram oder Facebook liegt unter 2 Sekunden - einen Like bekommt es trotzdem oder eben auch nicht.

Ja, wenn das alles kein Fotograf ist, was ist er dann?
Kommen wir zur Kreativität. Der Begriff "Lichtbildner" war seinerzeit gar nicht so verkehrt. Vielleicht ist auch "Lichtkünstler" noch besser. Denn ohne dieses Licht, ist die Fotografie nichts. Nichts. Nur ein dunkles Etwas. Das kann auch mal ganz nett sein. Aber dafür bedarf es keiner Kamera.
Licht erfassen, Licht verstehen, sich mit dem Licht befassen. Die unterschiedliche Wirkung unterschiedlicher Lichtquellen erfassen und kennen. Damit arbeiten. Jemanden - und da ist es wieder, die "alte" Metapher - in's rechte Licht rücken. Darf man "Rechts" eigentlich noch schreiben, ohne gleich der "rechten Szene" anzugehören? Egal. Ich schreib's einfach.

Mit Licht zu "arbeiten", den Einfluss durch die Wahl der Blende, des ISO-Wertes (das Kürzel „ISO“ steht übrigens für „International Organization for Standardization„. Vor dem ISO-Wert gab es zwei andere Normen: ASA und DIN. Im Jahr 1974 wurden diese dann zur ISO-Norm zusammengeführt. Obwohl die ISO-Norm ursprünglich nur die Filmempfindlichkeit definierte, wurde sie später von Herstellern von Digitalkameras mit dem Ziel übernommen, ähnliche Helligkeitsstufen wie bei den Filmen beizubehalten) und der Belichtungszeit zu verstehen und dem Objekt der Begierde angepasst einzusetzen - das ist Fotografie. Jemand, der dies beherrscht und professionell umsetzt, ist folglich ein Fotograf. Da diese Prozesse bei Handycameras - auf Grund ihrer neunmal kleinerer Sensoren als bei einer Kompaktkameras - automatisch ablaufen (müssen), sind die Bilder einer solchen Kamera eben auch so, wie sie sind. Für Instagram und Facebook vollkommen ausreichend, aber für mehr auch eher selten (deswegen auch die durchschnittliche Betrachtungsdauer von 2 Sekunden). Und so sehen eben viele Bilder heutzutage auch aus. Flach, unspektakulär, farblich aufgepeppt. Aber eben auch nur für diese besagten 2 Sekunden gemacht.

Das ist alles ok so. Es mag genügend Anlässe geben, wo das vollkommen ausreicht. Aber das Ergebnis als "Fotografie" zu bezeichnen und denjenigen, der das gemacht hat als Fotograf, trifft es dann doch nicht wirklich.

Ein "Fotograf" produziert genauso wenig Bilder am laufenden Band, wie ein Maler. Kreativität bedarf auch Pausen, Ideen wollen entworfen, Situationen nachgestellt werden. Mal passt die Tageszeit nicht optimal, mal ist die mögliche Perspektive ungünstig. Mal regnet es in Strömen, mal scheint die Sonne zu grell und die Technik gibt nicht die Möglichkeiten her, die man genau in diesem Moment braucht.
Ein Fotograf entwirft seine Bilder, er fotografiert Reihen, er setzt sich Ziele über das Jahr verteilt. Und am Ende des Jahres kommen vielleicht nur zehn wirklich gute Bilder dabei heraus. Er erhält Aufträge, die nicht seinem Genre entsprechen oder bei denen er sich "verstellen" muss. Oder solche, wo er seine Freiheit der Kreativität nicht entfalten kann, weil das, was am Ende dabei herauskommt, nicht seinem "Stil" entspricht - und lehnt solche Aufträge ab. Konsequent.

Warum also habe ICH mich der Fotografie gewidmet?
Weil all das oben beschrieben zutrifft, weil ich dafür brenne. Und wenn man für etwas brennt, kann man in anderen ein Feuer entfachen. Und weil ich der Meinung bin, dass man irgendwann im Leben (bei mir ist das jetzt so) das tun sollte, was einem wirklich Spaß macht. Egal, ob man damit viel oder wenig Geld verdient. Aber wenn sich die Lebensuhr dem Ende neigt, der Zenit sozusagen überschritten ist, dann ist das - denke ich - der richtige Zeitpunkt. Und wenn jemand mit 20 Jahren sich dem verschreibt, dann ist das auch vollkommen in Ordnung. Und dann sollte er das auch tun. Ohne wenn und aber. 

Den Jüngeren unter Euch rate ich allerdings dazu, sich nebenbei noch einen Job zu suchen, der sozusagen das Leben sichert. Denn um als Fotograf seinen Lebensunterhalt verdienen zu können, ist heutzutage ungleich schwerer, als von 10 oder 20 Jahren. Das Netz ist voll mit Bildern - Abertausende, Millionen - von Leuten, die sich als Fotograf bezeichnen. Nichts ist heutzutage einfacher, als eine Flut von Bildern zu veröffentlichen. Und sie werden genauso konsumiert, wie ein Döner oder ein Milchshake. Die Zeiten haben sich massiv verändert. Vielleicht kommt noch einmal so etwas wie die "gute, alte Zeit". Aber auch nur vielleicht. 

©Jürgen Pagel 2021 Lichtwerk.Design

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Neunzehn58 Photographie

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Anfänger erhalten viele Empfehlungen, die nur schwer umzusetzen sind, weil sie ein Mindestmaß an technischem Verständnis voraussetzen. Ok, das Belichtungsdreieck sollte tatsächlich verinnerlicht sein. Aber vieles andere überfordert. Die Folge ist häufig misslungene Bilder, die trotzdem den Weg in die sozialen Medien finden – mit der Konsequenz teils harscher Kritik, welche nicht gerade dazu motiviert, weiter zu fotografieren. Deswegen habe ich fünf Tipps für Dich als Einsteiger und Anfänger in der Fotografie, die Dir helfen werden, Dich mehr mit Deinen Bildern und Deiner Kamera auseinanderzusetzen und die dazu geeignet sind, Deine Bilder mit der Kamera besser zu machen, die Du gerade zur Hand hast.
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